Pauschalgebühr erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens fällig
Eine Anwältin, die als Nebenklägervertreterin beigeordnet worden war, hatte beantragt, ihr eine Pauschgebühr in Höhe von mindestens 970 EUR netto für bereits abgeschlossene Verfahrensabschnitte zu bewilligen.
- Die Pauschgebühr gem. § 51 Abs. 1 RVG steht dem gerichtlich beigeordneten und bestellten Rechtsanwalt zu,
- also dem Pflichtverteidiger oder dem einem Nebenkläger beigeordneten Rechtsanwalt.
Außerdem auch dem Rechtsanwalt, der nach § 68b StPO einem Zeugen bei der Vernehmung (Vernehmungsbeistand) beigeordnet wurde.
Sie soll bei einem besonders schwierigen oder besonders umfangreichen Verfahren der Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren ausgleichen.
Nach Vorschuss auch Pauschalgebühr vor Verfahrensende gefordert
Zuvor hatte die Anwältin bereits Vorschüsse über insgesamt rund 37.000 EUR erhalten. Dies wurden in in mehreren Tranchen in Höhe von 5.950,71 EUR, 4877,10 EUR, danach mit Beschluss vom 26.01.2016 in Höhe von 9.708,73 EUR und mit Beschluss vom 08.11.2016 in Höhe von 17.460,39 EUR als Vorschüsse auf die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen gezahlt.
Zur Pauschalgebühr befand die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Bamberg, dass die Bewilligung einer Pauschvergütung vor rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens grundsätzlich nicht veranlasst sei.
Pauschgebühr vor Verfahrensende noch nicht fällig
Das sah das Oberlandesgericht genauso: Der Antrag wurde abzulehnen, weil ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin auf Bewilligung einer Pauschgebühr gem. § 51 Abs. 1 RVG mangels rechtskräftigen Verfahrensabschlusses jedenfalls derzeit nicht fällig sei.
- Daran könne auch der Umstand nichts ändern, dass die Antragstellerin nur für einzelne bereits abgeschlossenen Verfahrensabschnitte eine Pauschgebühr begehre.
- Zwar siehe die Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ausdrücklich die Möglichkeit vor, eine Pauschgebühr nicht nur für das ganze Verfahren, sondern auch für einzelne Verfahrensabschnitte zu bewilligen.
- Davon zu trennen sei allerdings die Frage, wann der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr fällig wird.
Viel Arbeit kann sich im Laufe des Verfahrens ausgleichen
- Es besteht in der Rechtsprechung Einigkeit,
- dass der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr
- jedenfalls bei Fortbestand der Beiordnung
- erst nach endgültigem, mithin rechtskräftigem Abschluss des gesamten Verfahrens entsteht.
Begründung: Erst bei rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens könne im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ermittelt werden, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr gegeben sind und wenn ja, in welchem Umfang. Denn eine Gesamtbetrachtung aller Verfahrensabschnitte kann laut Richterspruch ergeben, dass eine überdurchschnittliche Beanspruchung in einem Verfahrensabschnitt durch eine weitere Tätigkeit im Verfahrensablauf mit geringerem Arbeits- und Zeitaufwand ausgeglichen wird, was selbst bei einer Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht der Fall sein kann.
Charakter der Pauschgebühr
Diese Betrachtung finde ihre Rechtfertigung in dem Charakter der Pauschgebühr als Vergütung für die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts, so dass, auch wenn das Verfahren verschiedene Instanzen durchläuft, die Fälligkeit des Pauschgebührenanspruchs erst mit Rechtskraft eintritt. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Antragsteller als Pflichtverteidiger oder als Nebenklägervertreter beigeordnet wurde.
(OLG Bamberg, Beschluss v. 7.6.2017, 10 AR 30/16).
Hintergrund:
Wichtig ist es allerdings, die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragen, in dem die durch das Gericht zu treffende Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann und nicht rechtskräftig.
Norm:
§ 51 RVG Festsetzung einer Pauschgebühr
(1) 1 In Straf- und Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind.
2 Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen.
3 Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen.
4 Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht.
5 Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.
(2) 1 Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss.
2 Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat.
3 In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören.
4 § 42 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) 1 Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. 2 Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.
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