Prozesskostenhilfe-Rückforderung nach vorübergehend verbesserter Finanzlage
Die Gerichts- und Anwaltskosten mittelloser Menschen werden in Deutschland, wenn Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung besteht, vom Staat getragen. Sinn der PKH ist es, allen den Zugang zu staatlichen Gerichten zu eröffnen. Kann eine Partei die Gerichts- und Anwaltskosten nicht selber tragen, springt der Staat deshalb im Rahmen der Daseinsfürsorge ein. Doch dieser Geldfluss ist nicht immer eine Einbahnstraße.
Erbschaft nach Prozessende schlägt auf PKH durch
Wenn sich nach dem Prozess die finanziellen Verhältnisse zum Beispiel durch eine Erbschaft oder eine neue Arbeitsstelle wieder bessern, soll der Staat das vorgeschossene Geld zurückverlangen. Darauf sollte sich der PKH-Empfänger auch einstellen, denn die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger an den Gerichten führen hierzu, insbesondere seit der PKH-Reform 2013, regelmäßige Überprüfungsverfahren durch.
In diesem Kontext hat jetzt das Oberlandesgerichts Oldenburg recht grimmig eine Entscheidung des Amtsgerichts Westerstede bestätigt, nach der ein Mann, dem Prozesskostenhilfe gewährt worden war, diese zurückerstatten muss.
PKH-Empfänger kaufte sich zu großes Auto
Der PKH-Empfänger war nach Abschluss des Prozesses zu Geld gekommen. Der Rechtpfleger forderte daraufhin die Prozesskostenhilfe in Höhe von 2.300 Euro zurück.
- Doch der Mann machte geltend, er habe das Geld bereits wieder verbraucht.
- Er habe, obwohl er wusste, dass der Staat ihm Geld vorgeschossen habe,
- ein neues Auto für rund 25.000 Euro angeschafft und dies damit begründet, er brauche das Auto, um die Umgangskontakte mit seinen in Belgien lebenden Kindern wahrzunehmen.
Kein Leben auf großem Fuß, nach PKH-Bezug
Dies sei nicht akzeptabel, so das Gericht. Der Mann wäre verpflichtet gewesen, sich mit einem günstigeren Modell zu begnügen. Dann wäre auch Geld für die Rückzahlung der Prozesskostenhilfe vorhanden gewesen.
(OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.07.2017, 4 WF 101/17).
Vgl. zu dem Thema auch:
Unterbliebene Mitteilung der neuen Adresse führt nicht automatisch zum PKH-Stopp
Keine Prozesskostenhilfe, wenn die Ehefrau leistungsfähig ist
Hintergrund:
Verbessern sich innerhalb von 4 Jahren nach der PKH-Entscheidung die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich, muss sie dies gem. § 120 Abs. 4 ZPO unaufgefordert dem Gericht mitteilen. Der Begriff der Wesentlichkeit ist für die Einkünfte aus laufenden monatlichen Einkommen definiert. Eine Einkommensverbesserung ist nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt. Auch der Wegfall bislang berücksichtigter Belastungen muss unaufgefordert mitgeteilt werden.
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.943
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
2.041
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.654
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.5782
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
1.381
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.380
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.340
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
1.333
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.169
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.110
-
Fehler des Zustellers geht nicht zulasten einer Prozesspartei
20.11.2024
-
Bundestag beschließt neues Leitentscheidungsverfahren beim BGH
14.10.2024
-
Fristverlängerungsanträge widerlegen die Dringlichkeit
07.10.2024
-
Gesetzentwurf zum zivilgerichtlichen Onlineverfahren
10.09.2024
-
Zurückweisung der Berufung nicht vor Eingang der Berufungsbegründung
22.08.2024
-
Kanzleischlüssel vergessen, Berufungsfrist versäumt
15.08.2024
-
Abschlussbericht zum Projekt „Digitales Basisdokument“
14.08.2024
-
Nach Anwaltsfehler muss Ex-Ehemann Unterhalt zahlen
01.07.2024
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
25.06.2024
-
Kabinett beschließt Anhebung der Streitwertgrenze für Amtsgerichte
14.06.2024