Kein automatischer PKH-Stopp bei Nichtmitteilung Adressänderung

Teilt die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, dem Gericht entgegen § 120 a Absatz 2 Satz 1 ZPO eine Änderung ihrer Anschrift nicht unverzüglich mit, darf die Bewilligung nicht gleich aufgehoben werden, entschied das OLG Zweibrücken.

Es lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Schriftsatz vom 10.4.2014 hatte die Ehefrau die Scheidung der Ehe beantragt. Ihr Mann hat durch Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 14.7.2014 der Scheidung zugestimmt und gleichzeitig unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses vom selben Tag, in welcher ausdrücklich auf die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung einer Änderung der Anschrift sowie die Möglichkeit der Aufhebung der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe im Fall eines Verstoßes hingewiesen worden war, Verfahrenskostenhilfe beantragt. In der Hauptsache wurde Termin auf den 14.8.2014 anberaumt. Dort wurde dem Ehemann Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die Hauptsache wurde durch rechtskräftige Ehescheidung endgültig beendet. Am 15.9.2014 zog der Mann um, ohne dies dem Gericht mitzuteilen. Ende 2015 wollte das Gericht wissen, ob sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Mannes etwas geändert habe. Nachdem keine Reaktion erfolgt war, wurde durch eine Einwohnermeldeamts dem Gericht die neue Anschrift des Mannes bekannt. Die Rechtspflegerin hob daraufhin die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nach § 124 Absatz 1 Nummer 4 wieder auf.

Gericht muss Absicht oder grobe Nachlässigkeit feststellen

Diese Entscheidung hielt das OLG Zweibrücken allerdings für zu hart. Nach § 124 Absatz 1 Nr.4 ZPO soll das Gericht zwar die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit dem Gericht eine Änderung der Anschrift unrichtig oder nicht unverzüglich mitteilt. Allerdings legen die Zweibrücker Richter die Vorschrift einschränkend aus. Danach liegt eine grobe Nachlässigkeit im Sinne der Vorschrift nicht bereits dann vor, wenn eine Partei trotz entsprechender Belehrung im PKH-Formular die Mitteilung schlicht vergessen hat. Zwar habe der Antragsgegner im vorliegenden Fall seine neue Adresse nicht unverzüglich dem Gericht mitgeteilt. Bereits der Zeitraum von mehr als einem Jahr zwischen dem Umzug und der Kenntnis des Gerichts von der neuen Adresse lasse darauf schließen, dass ein schuldhaftes Zögern des Antragsgegner vorgelegen hat. Allerdings habe der Antragsteller die erforderliche Mitteilung nicht absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unterlassen.

Keine Verschleierungsabsicht der Einkommenssituation erkennbar

Überdies sei das vermeintlich grobe Fehlverhalten der Partei nachzuweisen. Die Umstände, aus denen Vorsatz oder grobe Nachlässigkeit abgeleitet werden können, sind laut Richterspruch vom Gericht festzustellen. Konsequenz der Entscheidung: Zweifel stehen der Aufhebung entgegen und gehen nicht zu Lasten der Partei. Dass im Fall eines Umzugs die eine oder andere Stelle bei der Mitteilung der Anschriftenänderung übersehen wird, sei ein weit verbreitetes Phänomen. Nur wer sich dem Überprüfungsverfahren absichtlich entziehen will oder seine Sorgfaltspflichten in besonders grobem Maße verletzt, verdient nach Ansicht der Zweibrücker Richter die vorgesehene scharfe Sanktion. Im vorliegenden Fall hat der Mann in der Beschwerdebegründung mitgeteilt, dass er aufgrund besonderer Umstände nicht in der Lage gewesen sei, die neue Anschrift mitzuteilen. Er bezog sich dabei insbesondere auf die schwere Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin, den Sorgerechtsstreit mit seiner Frau, den Umzug selbst, Streitigkeiten mit dem neuen Vermieter und seine Saisonarbeitslosigkeit; diese Umstände hätten ihn die Mitteilung der Adressänderung vergessen lassen. Darüber hinaus habe er sich ordnungsgemäß beim Einwohnermeldeamt umgemeldet, weshalb eine entsprechende Anfrage unproblematisch zur Ermittlung der aktuellen Adresse geführt habe. Eine Verschleierungsabsicht ist laut Richterspruch deshalb nicht feststellbar, zumal sich aus den vorgelegten Belegen derzeit keine Verbesserung seiner Einkommenssituation ableiten lässt.

 

(OLG Zweibrücken, Beschluss v. 7.4.2016, 6 WF 39/16)

 

Anders entschied das OLG Hamm in einem Fall: hier wurde wegen Täuschung nachträglich die Prozesskostenhilfe widerrufen.


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