Verjährung von Schadensersatz bei mehreren Anwaltsfehlern
In dem zugrundeliegenden Fall verlangten Eheleute Schadensersatz wegen anwaltlicher Schlechtberatung. Sie hatten im Jahr 2000 eine GmbH mit der Sanierung ihres Wohn- und Geschäftshauses beauftragt. Vereinbart waren ein Festpreis von rund 650.000 Euro und ein fester Fertigstellungstermin.
Haftung aus Vertragsstrafen-Regelung
Der Vertrag enthielt eine Vertragsstrafenregelung. Der Geschäftsführer der GmbH übernahm eine so bezeichnete Erfüllungsbürgschaft für die termingerechte Fertigstellung des Hauses. Die GmbH hielt den Termin nicht ein.
- Die Eheleute beauftragten zunächst Rechtsanwältin A. mit der Wahrnehmung ihrer Rechte. Diese kündigte 2001 den Werkvertrag.
- Die Eheleute wurden in der Folge von mehreren Anwälten vertreten, die mehrere Klagen gegen die GmbH und den Geschäftsführer auf Schadensersatz sowie Vertragsstrafen erfolglos führten.
- Auch eine neue Anwältin, die die Eheleute engagierten, konnte an diesem Ergebnis nichts ändern.
Ihr warfen die Eheleute vor, erstens einen aussichtslosen Prozess gegen den Geschäftsführer angestrengt zu haben. Und zweitens habe sie es versäumt, gegen die zunächst beauftragte Anwältin vorzugehen.
Berufungsgericht prüft Verjährungseintritt zu ungenau
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Anspruch insgesamt verjährt. Die Verjährung richte sich nach § 51b BRAO a.F., weil der durch die aussichtslose Klage entstandene Kostenschaden am 14. Dezember 2004 entstanden sei.
Deshalb seien die Ansprüche insgesamt am 15. Dezember 2007 verjährt.
Der Bundesgerichtshof hält dieses Ergebnis für falsch und wirft dem Berufungsgericht vor, dass die Verjährung aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht ermittelt werden könne. Deshalb hoben die Karlsruher Richter das Urteil auf.
Verjährungsrecht hatte sich geändert
Zum Hintergrund:
- Nach § 51b BRAO alte Fassung verjährten Schadensersatzansprüche wegen Anwaltsfehlern nach drei Jahren – und zwar unabhängig von der Kenntnis des Mandanten.
- Diese Vorschrift wurde aber im Zusammenhang mit der Schuldrechtsreform mit Wirkung zum 15.12.2004 aufgehoben. Seither verjähren auch Haftungsansprüche gegen Anwälte erst ab Kenntnis des Mandanten.
Entsprechend stellte der Bundesgerichtshof zunächst klar, dass nur Ansprüche, die vor dem 15.12.2004 entstanden sind, gemäß § 51b BRAO automatisch nach drei Jahren verjähren.
Das Berufungsgericht habe vorliegend aber nicht berücksichtigt, dass die Eheleute zwei unterschiedliche Ansprüche geltend gemacht haben, die unabhängig voneinander verjähren könnten.
Grundsatz der Schadenseinheit gilt nur für einen Fehler
Der Grundsatz der Schadenseinheit, auf welchen das Berufungsgericht sich bezogen hat, besage nur, dass derjenige Schaden, der aus einem bestimmten Ereignis erwachsen ist, als einheitliches Ganzes aufzufassen ist.
- Es gebe dann nur einen Anspruch auf Ersatz dieses Schadens und nur eine Verjährungsfrist.
- Im Bereich der Anwaltshaftung gelte dieser Grundsatz für alle Schäden, die aus einem bestimmten Beratungsfehler erwachsen.
- Liege die Pflichtverletzung des Anwalts in der Erhebung einer aussichtslosen Klage, laufe für den Anspruch auf Ersatz des hieraus folgenden Kostenschadens einschließlich aller weiterer adäquat verursachter, zurechenbarer und voraussehbarer Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist.
Gericht lässt mögliche zweite Pflichtverletzung links liegen
- Die Eheleute haben der beklagten Anwältin jedoch nicht nur die Klage gegen den Geschäftsführer vorgeworfen, die von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt und zu dem geltend gemachten Kostenschaden geführt habe.
- Sie haben außerdem Ersatz desjenigen Schadens verlangt, der dadurch entstanden sei, dass die beklagte Anwältin Schadensersatzansprüche gegen die zunächst beauftragte Rechtsanwältin A. habe verjähren lassen.
Hierbei handelt es sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs um eine eigenständige Pflichtverletzung, die zu einem anderen Schaden – nämlich der Verjährung des Schadensersatzanspruchs - geführt haben soll als die Erhebung der Klage gegen den Geschäftsführer. Damit liegen laut der Karlsruher Richter zwei materiell-rechtliche Ansprüche vor, die gesondert hätten geprüft werden müssen. Das sei zu Unrecht unterblieben.
(BGH, Urteil v. 2.2.2017, IX ZR 91/15).
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