Voraussetzungen für die Einholung von Drittauskünften


§ 802l ZPO: Einholung von Drittauskünften

Nur wenn offensichtlich ist, dass die Drittauskünfte nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen werden, ist von deren Einholung abzusehen. Eine erneute Einholung von Drittauskünften setzt eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners voraus.

Verweigert der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft oder kommt er seiner Pflicht zwar nach, aber ist bei einer Vollstreckung in die im Vermögensverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, dann ist der Gerichtsvollzieher gemäß § 802l ZPO befugt, auf Antrag des Gläubigers bei dritten Stellen weitere Informationen über den Schuldner einzuholen. So kann er

  • beim Bundeszentralamt für Steuern Informationen über Konten des Schuldners einholen,
  • beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Schuldners abfragen oder
  • beim Kraftfahrtbundesamt auf den Schuldner zugelassene Fahrzeuge erfragen.

Diese Drittauskünfte sollen dem Gläubiger weitere Vollstreckungsmöglichkeiten eröffnen. Zusätzliche Voraussetzung für deren Einholung ist nach dem Gesetzeswortlaut lediglich, dass die Hauptforderung mindestens 500,00 € beträgt.

Keine neuen Erkenntnisse zu erwarten?

In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte sich ein Gerichtsvollzieher allerdings geweigert, die beantragten Drittauskünfte einzuholen mit der Begründung, dass dadurch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien.

Der Schuldner hatte in der Vermögensauskunft angegeben, seinen Lebensunterhalt von Arbeitslosengeld II zu bestreiten, keine Fahrzeuge zu besitzen und kein Arbeitseinkommen zu erzielen. Seinen Kontostand gab er mit ca. 5,00 € an. Der Gerichtsvollzieher vertrat die Auffassung, dass der Schuldner dadurch alle erforderlichen Angaben gemacht habe.

Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Selbstauskunft nicht erforderlich

Dagegen setzte sich die Gläubigerin erfolgreich zur Wehr.

  • Der BGH stellte klar, dass die Einholung von Drittauskünften nicht voraussetzt, dass der Schuldner unzutreffende oder unvollständige Angaben gemacht hat und deshalb durch die Drittauskünfte neue Erkenntnisse zu erwarten sind.
  • Zweck der Vorschrift ist es, die Informationsbeschaffung für den Gläubiger zu erweitern.
  • Dieser Zweck wird durch eine restriktive Auslegung verfehlt.

Der Schuldner soll durch die Möglichkeit der Einholung von Fremdauskünften zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben im Vermögensverzeichnis angehalten werden. Dies kann nur dadurch erreicht werden, wenn der Schuldner damit rechnen muss, dass seine Angaben überprüft und Fehler gegebenenfalls aufgedeckt werden.

Kein Ermessensspielraum des Gerichtsvollziehers

Liegen die Voraussetzungen des § 802l ZPO vor, dann ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, die beantragten Drittauskünfte einzuholen. Ein Ermessensspielraum steht ihm nicht zu.

Nur ausnahmsweise von Drittauskunft abzusehen

In eng begrenzten Ausnahmefällen kann sich die Einholung von Fremdauskünften allerdings als nicht erforderlich erweisen. Es muss sich aus dem Vermögensverzeichnis selbst oder aus anderen Umständen offensichtlich ergeben, dass durch die Drittauskunft keine neuen Erkenntnisse erzielt werden können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Schuldner ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angegeben hat, das es schon aus zeitlichen Gründen ausschließt, dass er ein weiteres Beschäftigungsverhältnis ausübt. 

Anforderungen an die erneute Einholung von Drittauskünften

Sind die Drittauskünfte bereits eingeholt worden, dann kann der Gläubiger nicht ohne weiteres verlangen, dass sie erneut eingeholt werden. Vielmehr muss er – bevor nicht der Schuldner nach Ablauf von zwei Jahren gemäß § 802d ZPO zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet ist - glaubhaft machen, dass konkrete Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners bestehen.

(BGH, Beschluss vom 22.01.2015, I ZB 77/14).

Vgl. zu dem Thema auch:

Gerichtsvollzieher ist keine Auskunftei

Unterschrift des Gerichtsvollziehers nötig