Darlegungspflicht bei der isolierten Einholung von Drittauskünften
Wenn ein Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist, dann ist der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Gläubigers befugt, bei dritten Stellen Auskünfte über den Schuldner einzuholen.
Bei schlechten Aussichten des Gläubigers auf Befriedigung: Auskünfte über den Schuldner von dritter Stelle
So darf der Gerichtsvollzieher bei dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung den derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners in Erfahrung bringen. Ferner darf er beim Bundeszentralamt für Steuern Informationen zu vorhandenen Konten des Schuldners bei Kreditinstituten einholen oder sich beim Kraftfahrtbundesamt danach erkundigen, welche Fahrzeuge auf den Schuldner zugelassen sind.
Die Drittauskünfte sollen dem Gläubiger weitere Vollstreckungsmaßnahmen ermöglichen, die sich aufgrund lückenhafter oder fehlerhafter Angaben des Schuldners im Vermögensverzeichnis nicht ergeben haben.
Wann sind die Voraussetzungen für die Einholung von Drittauskünften erfüllt?
Für den Fall, dass der Gläubiger selbst die Abgabe der Vermögensauskunft beantragt und der Schuldner zum Termin nicht erscheint oder sich aus dem Vermögensverzeichnis keine Vollstreckungsmöglichkeiten ergeben, sind die Voraussetzungen für die Einholung von Drittauskünften automatisch erfüllt, ohne dass es weiterer Darlegungen des Gläubigers bedarf. Anders liegt der Fall, wenn der Gläubiger einen isolierten Antrag auf Einholung von Drittauskünften stellt. Dann obliegt es ihm, die Voraussetzungen des § 802l Abs. 1 ZPO darzulegen.
Voraussetzungen der isolierten Einholung von Drittauskünften gem. § 802l Abs. 1 ZPO
Dazu muss der Gläubiger zwar nicht im Einzelnen vortragen, aufgrund welcher Anhaltspunkte er eine abgegebene Vermögensauskunft für unvollständig oder unzutreffend hält. Er muss aber zumindest darlegen,
- ob sich die Berechtigung zur Einholung von Drittauskünften daraus ergibt, dass der Schuldner zu einem vorangegangenen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf Antrag eines anderen Gläubigers nicht erschienen ist
- oder ob die Angaben in einem etwaig abgegebenen Vermögensverzeichnis keine vollständige Befriedigung erwarten lassen.
Dabei kommt es auf den jeweiligen Gläubiger an, der die Zwangsvollstreckung beantragt, denn je nach Höhe der Forderung mögen die im Verzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände für den einen Gläubiger nicht zur Befriedigung ausreichen, für den anderen Gläubiger aber genügend sein. Daher wird einem Gläubiger, der die isolierte Einholung von Drittauskünften beantragt, zugemutet, ein bereits vom Schuldner abgegebenes Vermögensverzeichnis anzufordern und anhand der dort angegebenen Vermögensgegenstände zu prüfen, ob er eine Befriedigung erwarten kann.
Nicht ausreichend ist es, wenn der Gläubiger im Antrag lediglich allgemein vorträgt, dass Eintragungen im Schuldnerverzeichnis vorhanden seien. Dem Gerichtsvollzieher obliegt es nicht, selbst Nachforschungen anzustellen. Vielmehr ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast der Tatsachenstoff von den Parteien beizubringen und gegebenenfalls zu beweisen.
Vier nicht definierte Eintragungen im Vollstreckungsportal reichen als Begründung nicht
Aus den genannten Gründen hat der BGH der Rechtsbeschwerde eines Gläubigers nicht stattgegeben, der die isolierte Einholung von Drittauskünften beantragt und zur Begründung lediglich ausgeführt hat, dass bereits vier Eintragungen im Vollstreckungsportal vorhanden seien. Es fehlte jegliche Darlegung, um was für Eintragungen es sich handelte, ob also der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt ferngeblieben war oder inwieweit sich aus einem bereits abgegebenen Vermögensverzeichnis für den nun betroffenen Gläubiger keine erfolgversprechenden Vollstreckungsmaßnahmen ergeben.
Im letzteren Fall hätte der Gläubiger – so der BGH – auch das Vermögensverzeichnis vorlegen müssen, um dem Gerichtsvollzieher eine weitere Prüfung zu ermöglichen.
(BGH, Beschluss v. 16.05.2019, I ZB 79/18).
Anmerkung: 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV RVG
Der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 802l ZPO ist eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV RVG zusteht.
Die Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO ist keine durch den Antrag auf Vermögensauskunft gem. § 802a Abs. 2 Nr. 2, § 802c ZPO vorbereitete Vollstreckungshandlung wie etwa die Ladung des Schuldners, die Aufstellung des Vermögensverzeichnisses und dessen Übersendung an den Gläubiger gem. § 802f ZPO.
Die Vorschrift des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG ist auf Verfahren zur Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO nicht analog anwendbar (BGH, Beschluss v. 20.09.2018, I ZB 120/17).
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