Amtsgericht erklärt Corona-Verordnungen mangels Parlamentsbeteiligung für ungültig
Das ein stärkere parlamentarische Beteiligung bei der Corona-Bekämpfung wichtig ist, wird aktuell immer häufiger thematisiert und eine solche wird beim November-Lockdown auch eingeholt. Der Dortmunder Richter fand sie offensichtlich schon bei Beginn der Pandemie notwendig.
Am Souverän vorbei, Verletzung des Parlamentsvorbehalts: Rechtswidrig
Die drei hatten sich mit anderen im öffentlichen Raum getroffen, obwohl die Vorgaben lauteten " Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen sind untersagt“. Die Coronaschutz-Verordnung NRW wurde nach Ansicht des Richters allerdings ohne ausreichende rechtliche Grundlage erlassen. Das Infektionsschutzgesetz scheint ihm hierfür nicht ausreichend gewesen zu sein. Die Verordnung sei „vorbei am Souverän", ohne Einhaltung des Parlamentsvorbehalts erlassen worden.
Die Beteiligung des Parlaments sei aber von den Gründungsvätern der Republik für solche Fälle als "Lehre aus 1933" vorgesehen worden. Zwar sei die Corona-Situation nicht ansatzweise mit damals vergleichbar und das Ziel der Politiker sei gewesen, die Bevölkerung vor einer schweren Krankheit schützen, trotzdem sei der darauf gestützte Grundrechtseingriff rechtswidrig.
Mit der Coronaschutz-Verordnung vom 22.03.2020, auf die sich die Entscheidung bezieht, wurde der erste Lockdown begründet.
(AG Dortmund, Urteil v. 2.11.2020, 733 OWi-127, Js 75/20-64/20).
Anmerkung: Das Urteil liegt im Text noch nicht vor und ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft hat Beschwerde zum OLG Hamm eingereicht.
Die Corona-Schutzverordnungen des Landes Nordrhein-Westfahlen, auf die sich das Urteil des bezieht, trat am 22. März 2020 in Kraft. Sie verbietet u.a. „Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen“ und wurde mittlerweile vielfach verändert.
Hintergrund: Ermächtigungsgrundlage IfSG
Da viele Corona-Eingriffe schon vor Bundesgerichten anhängig waren, und Bestand hatten, wäre es eine Überraschung, wenn diese Rechtsansicht für einen Fall im März, am Beginn der Pandemie, Stand hielte. Fast alle landesrechtlichen Verordnungen im Rahmen der Pandemiebekämpfung wurden auf die Ermächtigungsgrundlage des § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG gestützt. Diese bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage wurde in verschiedenen Entscheidungen als als eine rechtlich zulässige, offene Generalklausel eingeordnet.
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Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht stehen unter dem Parlamentsvorbehalt (Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, StaatsR II – Grundrechte, 30. Aufl. 2014, Rn 407 ff.)
Bei Gefahr im Verzug ist die Bundesregierung ausnahmsweise berechtigt, vorläufig alleine zu beschließen. Sie muss jedoch zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Entscheidung des Bundestages herbeiführen (BVerfG, Urteil v. 23.9.2015, 2 BvE 6/11).
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