Sind alle Regelungen zur Corona-Abwehr noch mit dem GG vereinbar?

Corona brachte nie dagewesene Grundrechtseinschränkungen: Grundlage dieser Eingriffe ist u. a. die Ausrufung einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Trotz zurückgehender Inzidenzwerte will das Kabinett nun - nicht unumstritten - die Ausrufung der epidemischen Lage, die noch bis Ende Juni gilt, um drei Monate verlängern lassen. Das soll die Voraussetzung schaffen, weiterhin mit Rechtsverordnungen Corona-Grundrechtseinschränkungen zu erlauben.

In ihrem bereits formulierten Antrag an den Bundestag begründet die Koalition ihr Vorhaben mit der fortbestehenden Gefahr einer Wiederausbreitung des Cov-19-Virus infolge neuartiger Virusmutationen. Der Direktor der WHO, Dr. Hans Henri Kluge, bezeichnete die in vielen Industrienationen erreichten Fortschritte bei der Pandemiebekämpfung noch als „fragil“. Es sei mit dem Auftauchen weiterer Virusmutationen zu rechnen.

RKI stuft Gefährdungslage herunter

Ähnlich wie die WHO sieht es das RKI, das die Gefährdung der Bevölkerung durch das Coronavirus von „sehr hoch“ auf „hoch!“ heruntergestuft hat. Das immer noch bestehende hohe Risiko erfordert nach Auffassung des Kabinetts eine Verlängerung der Ausrufung der epidemischen Lage.

Voraussetzungen für Ausrufung einer epidemischen Lage

Geregelt ist die Ausrufung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in § 5 IfSG. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 6 IfSG setzt die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite voraus, dass

  • eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht,
  • weil die WHO eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen hat oder
  • eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht oder stattfindet.

Geltungsdauer maximal drei Monate

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 IfSG gilt die Ausrufung einer epidemischen Lage für maximal drei Monate. Danach gilt sie als aufgehoben, wenn der Deutsche Bundestag nicht das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite feststellt. Die Feststellung ist wie ein Gesetz im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen.

Die rechtlichen Folgen einer epidemischen Lage

Ruft der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite aus, so ist gemäß § 5 Abs. 2 IfSG das BMG u.a. ermächtigt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates

  • Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln einschließlich Impfstoffen und Betäubungsmitteln sowie anderen Stoffen zu treffen,
  • Maßnahmen zum Bezug, zur Beschaffung, zur Bevorratung und Verteilung solcher Produkte zu ergreifen,
  • Maßnahmen zur Aufrechterhaltung, Umstellung, Eröffnung oder Schließung von Produktionsstätten solcher Produkte einzuleiten,
  • Abweichungen von gesetzlichen Regelungen im medizinischen Bereich wie dem Arzneimittelgesetz vorzusehen,
  • Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zu treffen.

Im Zuge dieser Maßnahmen darf auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 GG gegebenenfalls eingeschränkt werden.

Verfassungsrechtler bezweifeln Zulässigkeit der Verlängerung

Einige Verfassungsrechtler kritisieren die Verlängerung der epidemischen Lage als verfassungsrechtlich problematisch, da trotz einer inzwischen deutlich gesenkten Risikolage der Regierung damit präventiv die Möglichkeit zu erneuten harten Grundrechtseingriffen eingeräumt werde. Eine solche vorausgreifende, präventive Ausrufung einer epidemischen Lage, die gegenwärtig tatsächlich nicht mehr gegeben sei, sei nach dem Gesetz nicht zulässig.

Keine Verlängerung der Bundes-Notbremse

Die mit dem neuen § 28 b im IfSG im am 30.4.2021 in Kraft getretene Bundes-Notbremse soll nach dem Willen des Kabinetts demgegenüber nicht mehr verlängert werden und mit dem 30.6.2021 enden. Damit wären dann die bundeseinheitlichen Corona-Schutzmaßnahmen ab Überschreiten eines 7-Tage-Inzidenzwertes von 100 vom Tisch bzw. nur noch in der jeweils länderspezifischen Form regional wirksam.

Entfallen würden damit insbesondere die durch die Notbremse verschärften bundesweiten Kontaktbeschränkungen, die Ausgangsbeschränkungen, die strengen Regeln für den Einzelhandel, für körpernahen Dienstleistungen, die eingeschränkten Freizeit- und Sportmöglichkeiten, die Beschränkungen des Kulturbetriebes, die Beschränkungen der Gastronomie und auch die strengen Vorschriften zum Home-Office.

Grundrechtsbeschränkungen bestimm(t)en das Leben in Deutschland

Auch außerhalb der Bundes-Notbremse hat der Staat zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in kürzester Zeit eine ungeheure Zahl von Beschränkungen der Freiheitsrechte der Bürger verfügt. Verstöße wurden und werden mit zum Teil harten Bußgeldern oder sogar als Straftat geahndet. Darf bzw. durfte der Staat das alles oder hat er die Grenze des rechtlich Zulässigen und Zumutbaren überschritten? 

Most tests for the new strain of coronavirus involve taking a swab sample for analysis

Bürger, Betriebsinhaber und Politiker wehren sich vor dem BVerfG 

Nicht jeder, der von den staatlichen Beschränkungen betroffen war, war bereit, diese klaglos hinzunehmen. Inzwischen sind in Karlsruhe deutlich über 400 Verfassungsbeschwerden anhängig gemacht worden. Eines dieser Verfahren wird von mehr als 7.000 Beschwerdeführern betrieben. Die Klagewelle wurde insbesondere durch die Notbrems-Regelung ausgelöst. Die mit Spannung erwarteten Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts zu den diversen Anträgen gegen die Bundes-Notbremse haben allerdings nicht zu einer schnellen Antwort auf die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen geführt.

Das BVerfG hat den Staat bisher nicht gebremst

Das BVerfG hat bisher keine der staatlichen Corona-Regelungen außer Kraft gesetzt. Keines der eingeleiteten Eilverfahren ist bisher zugunsten der Beschwerdeführer ausgegangen. In vielen der ablehnenden Entscheidungen, hat das Gericht allerdings entscheidenden Rechtsfragen offengelassen.

Außervollzugsetzung der Ausgangsbeschränkungen abgelehnt

So hat das BVerfG die Eilanträge auf Außervollzugsetzung der in der Notbrems-Regelung enthaltenen Ausgangsbeschränkungen als erstes sämtlich zurückgewiesen. Die Anträge waren darauf gerichtet, die in § 28 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IfSG geregelte nächtliche Ausgangsbeschränkung, die bei einer Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 100 automatisch in Kraft tritt, vorläufig außer Vollzug zu setzen. Dies hat das Gericht abgelehnt mit der Begründung, eine abschließende Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen sei in einem Eilverfahren, das lediglich eine grobe rechtliche Prüfung erlaubt, nicht möglich.

Begrenzte Rechtsprüfung im Eilverfahren

Im Rahmen der Eilverfahren hat das Gericht lediglich prüfen können, ob die Verfassungsbeschwerden im Hauptverfahren unzulässig oder offensichtlich unbegründet oder offensichtlich begründet sind. Die Antworten auf sämtliche Fragen lauteten: Nein, weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet noch offensichtlich begründet.

Ausgangsbeschränkungen nicht unplausibel

Mit den Ausgangsbeschränkungen verfolgt der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats den Zweck, Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sicherzustellen. Die im Zusammenhang mit den Ausgangsbeschränkungen bestehende Erwartung, hierdurch würden private Zusammenkünfte in privaten Haushalten reduziert, sei zwar fachwissenschaftlich umstritten, aber nicht offensichtlich unplausibel. Die vom Gesetzgeber getroffenen Regeln basierten auf wissenschaftlichen Untersuchungen, die einen Zusammenhang von Ausgangsbeschränkung und Infektionsreduzierung nahelegten, auch wenn andere Untersuchungen zu einem anderen Ergebnis kämen.

Folgenabwägung stand im Mittelpunkt der BVerfG-Entscheidungen

Das BVerfG sah sich daher lediglich zu einer Eilentscheidung im Wege einer Folgenabwägung in der Lage. Im Rahmen dieser Folgenabwägung prüften die Richter, ob bei einer stattgebenden Entscheidung schwerwiegendere und gravierendere negative Folgen für die Bevölkerung zu erwarten wären als bei einer abweisenden Entscheidung. Dabei berücksichtigte das Gericht, dass für die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes besonders hohe Hürden gelten, weil dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstelle.

Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers

Daneben betonte der Senat die dem staatlichen Gesetzgeber zustehende Einschätzungsprärogative, die sich sowohl auf

  • die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse erstrecke
  • als auch auf die Prognose und die Wahl der Mittel zur Zielerreichung.

Vor diesem Hintergrund seien die vom Gesetzgeber verfügten Ausgangsbeschränkungen nicht offensichtlich unangemessen, ihre fehlende Eignung sei nicht evident. Dies gelte auch für den vom Gesetzgeber gewählten Indikator der auf Landkreise und kreisfreie Städte bezogenen 7-Tage-Inzidenz, der nach den Erfahrungen in den früheren Phasen der Pandemie eine nachvollziehbare Aussagekraft besitze.

Außervollzugsetzung wäre das höhere Risiko

Im übrigen kam das BVerfG in seiner Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Nachteile der Ausgangsbeschränkungen die möglichen Nachteile einer Außervollzugsetzung nicht eindeutig überwiegen. Zwar könnten die mit dem Gesetz verbundenen Einschränkungen der Freiheit und die damit verbundenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen später nicht wieder zurückgenommen werden, dies sei im Hinblick auf die möglicherweise eintretende gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung bei Außervollzugsetzung der Ausgangsbeschränkungen aber hinzunehmen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Wirkungen der Ausgangsbeschränkungen durch Ausnahmetatbestände, wie nächtliches Spazierengehen und Joggen bis 24 Uhr, abgemildert habe.

Hauptsacheentscheidung wohl erst nach der Corona-Krise

Damit bleibt die eigentliche Entscheidung über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Ausgangsbeschränkungen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. In diesem wird eine Entscheidung aber wohl erst dann ergehen, wenn die bis zum 30. Juni befristete Notbremsregelung nicht mehr gültig ist.

(BVerfG, Beschlüsse v. 5.5.2021, 1 BvR 781/21, 1 BvR 889/21, 1 BvR 854/21, 1 BvR 820/21, 1 BvR 805/21).

Auch andere Eilanträge erfolglos

Auch die Anträge auf Außervollzugsetzung der im Rahmen der Notbrems-Regelung verschärften Kontaktbeschränkungen, der Begrenzungen des Amateursports, der Schulschließungen, den Verboten im Freizeit- und Kulturbereich sowie den Beschränkungen bei körpernahen Dienstleistungen hat das Verfassungsgericht in ähnlicher Weise im Rahmen einer Rechtsfolgenabwägung zurückgewiesen (BVerfG, Beschlüsse v. 20.5.2021, 1 BvR 900/21; 1 BvR 928/21; 1 BvR 968/21 u.a.).

Einige Verfassungsbeschwerden wurden nicht angenommen

Eine Verfassungsbeschwerde von Mitgliedern der AfD-Fraktion des Deutschen Bundestages, die sich gegen die Schließung von Einzelhandelsgeschäften und Museen, gegen die Ausgangssperre sowie gegen Kontaktbeschränkungen richtete, hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen. Das BVerfG vermisste hier eine substantiierte Begründung der gestellten Anträge (BVerfG, Beschluss v. 20.5.2021, 1 BvR 927/21).

BayVerfGH erklärte Ausgangssperren bereits für verfassungsgemäß

Bereits im vergangenen Jahr hatte der BayVerfGH mit einer ähnlichen Argumentation entschieden, dass die bayerische nächtliche Ausgangssperre den Anforderungen der bayerischen Verfassung standhält:

Eine nächtliche Ausgangssperre greife zwar erheblich in den Schutzbereich der Freiheitsgrundrechte, so in das Grundrecht auf Freiheit der Person gemäß Art. 102 Abs. 1 Verfassung des Freistaates Bayern (BV) sowie das Grundrecht auf Freizügigkeit gemäß Art. 109 Abs. 1 BV ein,

im Rahmen einer Folgenabwägung seien die damit verbundenen Einschränkungen jedoch wegen des überragenden Schutzzwecks der Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Gesamtbevölkerung hinzunehmen.

Eine vorläufige Außerkraftsetzung einzelner Verordnungsbestimmungen würde darüber hinaus die praktische Wirksamkeit des vom Verordnungsgeber verfolgten Gesamtkonzepts beeinträchtigen (BayVerfGH, Beschluss v. 17.12.2020, Vf. 110-VII-20; ähnlich: VerfGH Brandenburg, Beschluss v. 18.12.2020, VfG Bbg 23/20 EA; VG Koblenz, Beschluss v. 12.4.2021, 3 L 313/21.KO).

Prozess im Bundesverfassunggericht

BVerfG stärkte auch der Exekutive bisher den Rücken

Bereits in der Vergangenheit war das BVerfG mit der Außervollzugsetzung auch landesrechtlich von der Exekutive verfügter Coronaverordnungen sehr zurückhaltend. Wegen offener Erfolgsaussichten stützen die Verfassungsrichter ihre Entscheidungen in diesen Fällen -  wie bei den jetzt getroffenen Beschlüssen - häufig auf eine Folgenabwägung. Dabei räumten die Verfassungsrichter bereits in der Vergangenheit regelmäßig dem Schutz der Bevölkerung vor einer schwer kontrollierbaren Weiterverbreitung des Coronavirus das höhere Gewicht ein.

Quarantäne für Reiserückkehrer wahrscheinlich verhältnismäßig

Unter Verfolgung dieser Linie hat das BVerfG einen Antrag auf Außervollzugsetzung der in Hamburg verfügten Verpflichtung zu einer infektionsschutzrechtlichen Quarantäne für Ein- und Rückreisende aus Risikogebieten zurückgewiesen mit dem Argument, dass eine Klärung der damit verbundenen Rechtsfragen in einem Eilverfahren nicht angemessen möglich sei und die Gefahren für eine Verstärkung der Pandemie-Entwicklung im Falle einer Außervollzugsetzung höher einzuschätzen seien als die von den Beschwerdeführern in Kauf zu nehmenden Beschränkungen ihrer Freiheitsrechte bei Befolgung der Verordnung (BVerfG, Beschluss v. 18.6.2020, 1 BvQ 69/20).

BVerfG nahm Eilantrag gegen IfSG-Reform nicht zur Entscheidung an

Eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen die im vergangenen Jahr neu eingeführte Ermächtigungsgrundlage des § 28 a Ab. 1 Nr. 13 u. 14 IfSG, wonach durch Rechtsverordnung der Betrieb von gastronomischen Einrichtungen sowie von Einzel- und Großhandel untersagt oder beschränkt werden kann, hat das BVerfG wegen Mängeln in der Begründung nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss v. 30.11.2020, 1 BvR 2647/20).  

Freiheitsbeschränkungen ohne breite parlamentarische Debatte

Nach über einem Jahr Pandemie sahen viele Abgeordnete, insbesondere aus den Oppositionsparteien, aber auch Verfassungsrechtler die Demokratie in Deutschland in Gefahr und beklagen eine "Verselbstständigung der Exekutive" (Linke).

Diese Kritik ist nicht ganz unbegründet, verfügte doch die Exekutive seit Beginn der Corona-Pandemie die gravierendsten Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger seit Bestehen des Grundgesetzes mithilfe von Verfügungen und Verordnungen und ohne breite parlamentarische Debatte. Die Kritik hat sich durch die vom Bundestag beschlossenen Änderungen des IfSG nur teilweise relativiert, denn wesentliche Regelungsbefugnisse - zumindest bis zu einer Inzidenz von 100 - bleiben weiterhin der Exekutive der Bundesländer vorbehalten.

Die Kritik erfasst auch die Verordnung des Bundesgesundheitsministers zur Impfreihenfolge, die elementare Grundrechte wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zum Regelungsgegenstand hat. 

Bundestag hat Exekutive zum Handeln beauftragt

In einem in der Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ veröffentlichten Interview des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio hat dieser gemahnt, dass die flächendeckende Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürger durch die Exekutive nicht zum Normalzustand werden dürfe, da dies über längere Sicht die Demokratie beschädigen könne.

Andererseits wies der Verfassungsrechtler in einem Gespräch mit der Internetplattform „evangelisch.de“ darauf hin, dass das Parlament durch die Ermächtigungsnorm der §§ 28, 28a IfSG der Exekutive den parlamentarischen Auftrag erteilt habe, alles Erforderliche zu tun, um die durch die Verbreitung des SARS-Covid-19-Virus entstehenden Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung so nachhaltig wie möglich abzuwehren. In diesem Sinne entsprechen die in den Beschlüssen der Ministerpräsidenten im Zusammenwirken mit der Kanzlerin sowie in den Coronaschutzverordnungen der Länder getroffenen Regelungen dem parlamentarischen Auftrag. Die coronabedingten Freiheitseinschränkungen der Bürger sind nach der Bewertung von Di Fabio damit letztlich vom Parlamentswillen gedeckt.

→ BVerfG zum Lockdown Light

Gerichte billigen überwiegend die Corona-Schutzmaßnahmen

Nicht zuletzt angesichts der in den Wintermonaten teils exponentiell gestiegenen Ansteckungswerte und den mit den inzwischen entdeckten Virusmutationen verbundenen Gefahren ist bereits seit einiger Zeit eine Tendenz der Gerichte zu beobachten, die staatlich verordneten Einschränkungen im Zweifel auch verfassungsrechtlich zu billigen. Ein gutes Beispiel hierfür ist eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen, das noch im November 2020 wesentliche Teile der nordrhein-westfälischen Corona-Einreiseverordnung außer Vollzug gesetzt hat mit der Begründung, die Anordnung einer zehntägigen Quarantäne für Reiserückkehrer aus Gebieten, in denen die Inzidenzwerte nicht höher als im Rückkehrgebiet liegen, sei unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig (OVG Münster, Beschluss v. 20.11.2020, 13 B 1770/20.NE). Später ist das OVG deutlich zurückgerudert und hat die seit Anfang Januar 2021 geltende nordrhein-westfälische Corona-Einreiseverordnung für verfassungsgemäß erklärt, obwohl die dort geltenden Bestimmungen teilweise deutlich über die in der alten, außer Vollzug gesetzten Verordnung, getroffenen Einschränkungen hinausgehen.

Reise vom Risikogebiet ins Risikogebiet spricht nicht gegen Quarantäne

Darauf, dass im Rückkehrgebiet möglicherweise ein ähnlich hoher Inzidenzwert wie in dem ausländischen Risikogebiet besteht, kommt es nach der Entscheidung des OVG (in Abweichung von der Entscheidung aus dem vergangenen Jahr) nicht an. Allein die Einschätzung, dass eine Reise in der Regel mit mehr Kontakten und damit einer höheren Infektionsgefahr verbunden ist als der Verbleib im Bundesgebiet, reiche als sachlicher Grund für die in der Einreiseverordnung festgelegten Maßnahmen aus. Diese typisierende Betrachtung sei im Rahmen des Einschätzungsspielraums des Verordnungsgebers zulässig. Nur durch eine einfach zu kontrollierende Regel sei den stark belasteten Gesundheitsämtern eine einfache Durchsetzung und Überprüfung der Regelungen möglich (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 7.1.2021, 13 B 2046/20.NE).

Versammlungsrecht hoch im Kurs

Im vergangenen Jahr haben die Gerichte den Ländern die Grenzen zulässiger Eingriffe in das vom Grundgesetz geschützte Versammlungsrecht aufgezeigt. So durften in Hamburg statt der ursprünglich von den Behörden erlaubten 2.000 Teilnehmer 10.000 Teilnehmer an einer von „Fridays-for-Future“ Ende September veranstalteten Demonstration zum Klimaschutz teilnehmen (VG Hamburg, Beschluss v. 25.9.2020, 14 E 4035/20). Auch eine von einem NPD-Mitglied angemeldete Versammlung in Worms durfte wegen der überragenden Bedeutung der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit stattfinden (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 4.6.2020 20,7 B 10688/20).

Eilantrag der "Querdenker" vom BVerfG abgelehnt

Das BVerfG bewertet allerdings gelegentlich den Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren höher als die Versammlungsfreiheit. So hat das BVerfG im vergangenen Jahr eine Entscheidung des OVG Bremen bestätigt, in der dieses den Antrag einer Bremer Querdenkerorganisation gegen das Verbot einer Versammlung mit einer Teilnehmerzahl von erwarteten ca. 20.000 Personen ablehnte. Der durch das Verbot angestrebte Zweck, die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern und das Recht der Allgemeinheit auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG zu schützen, überwiege das grundsätzlich ebenfalls schützenswerte Interesse des Antragstellers auf Schutz der verfassungsrechtlich gewährten Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss v. 5.12.2020,1 BvQ 145/20; ähnlich: BVerfG, Beschluss v. 21.11.2020, 1 BvQ 135/20). Auch den Eilantrag gegen das Verbot eines Protestcamps in Berlin gegen staatliche Grundrechtsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie hat das BVerfG zurückgewiesen (BVerfG, Beschluss v. 30.8.2020, 1 BvQ 94/20).

Verfassungsgerichte der Länder stützen Auflagen für Gastwirte

Für die in einigen Bundesländern in Kürze bereits eingetretenen bzw. zu erwartenden Öffnungen u.a. der Gastronomie dürften einige Entscheidungen der Gerichte vom vergangenen Jahr wieder interessant werden, in denen es um die Auferlegung besonderer Pflichten gegenüber Gastwirten, Veranstalter und Gästen ging. Der BayVerfGH hat die bayerischen Vorschriften zum Schutz vor den mit der COV-19-Pandemie verbundenen Gesundheitsgefahren (7. BayIfSMV) - wiederholt - als verfassungsrechtlich zulässig bewertet. Ein Beschwerdeführer hatte in einem Eilverfahren Art. 4 der 7. BayIfSMV angegriffen. Diese Vorschrift regelt die Erfassung von Kontaktdaten (Name, Anschrift, Telefonnummer) bei Veranstaltungen, Tagungen, Kongressen sowie beim Besuch von Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben.

Weder Gastwirte und Veranstalter noch Gäste würden hierdurch in unverhältnismäßiger Weise in ihren Freiheitsrechten beeinträchtigt. Insbesondere verletze die Regelung nicht in unverhältnismäßiger Weise das nach Art. 101, 100 der Bayerischen Verfassung geschützte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Der BayVerfGH bewertete die mit der Regelung verbundenen Beschränkungen im Hinblick auf die aktuelle expotentielle Verbreitung des COV-19-Virus und die damit wieder erheblich gestiegene Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung als zumutbar und angemessen (BayVerfGH, Beschluss v. 21.10.2020, Vf.-26-VII-20).

FFP2-Maske

Ist die - erweiterte - Maskenpflicht rechtlich zulässig?

Anfänglich stark umstritten ist die allgemeine Maskenpflicht inzwischen in der Bevölkerung weitgehend akzeptiert und wurde ausgewiesenen Risikogebieten auf Außenbereiche wie Fußgängerzonen und sonstige stark frequentierte öffentliche Flächen ausgeweitet. Die Maskenpflicht wird - wie auch die anderen Beschränkungen der Freiheitsrechte - auf die Generalermächtigung des §§ 28 Abs. 1, 28a IfSG gestützt. Zum Schutz des überragenden Gemeinschaftsguts der Gesundheit der Allgemeinheit sowie der Eindämmung der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Covid-19-Virus hat eine allgemeine Maskenpflicht für Geschäfte und den ÖPNV vor dem BVerfG und den bundesdeutschen Gerichten größtenteils Bestand (BVerfG, Beschluss v. 7.7.2020, 1 BvR 1187/20 für das Saarland; Gera, Beschluss v. 3.4.2020, 3 E 432/20 Ge; OVG Münster, Beschluss v. 6.4.2020, 13 B 398/20.NE; BVerfG, Beschluss v. 7.4.2020, 1 BvR 755/20).

Maskenpflicht auch an Schulen rechtmäßig

Einige Landesverfassungs- und Oberverwaltungsgerichte haben auch die Maskenpflicht an Schulen in diversen Eilverfahren nach summarischer Prüfung für „voraussichtlich rechtmäßig“ erklärt. Nach Auffassung der Gerichte kann die Maskenpflicht - auch im Unterricht - nach wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus an Schulen und damit auch in der Bevölkerung einzudämmen. Sie sichere damit den regulären Schulbetrieb im Präsenzunterricht und damit den Anspruch der Schüler auf schulische Bildung und Erziehung (VerfG Brandenburg, Beschluss v. 13.11.2020; VfGBbg 20/20; OVG Münster, Beschluss v. 20.8.2020, 13 B 1197/20; BayVGH, Beschluss v. 7.9.2020, 20 NE 20.1981; Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss v. 15.10.2020, 3 MR 43/20). Der Ausschluss von Schülern, die gegen die Maskenpflicht verstoßen, aus dem Unterricht, ist nach einer Entscheidung des VG Düsseldorf allerdings nicht zulässig (VG Düsseldorf, Beschluss v. 25.8.2020, 18 L 1608/20). Die Testpflicht an Schulen wird überwiegend als verfassungsrechtlich zulässig angesehen (VG Berlin, Beschluss v. 22.4.2021, 3 L 124/21)

Teilschließung von Schulen und Kitas ist schwerer Grundrechtseingriff

Auch das BVerfG hatte bereits im Sommer 2020 Einschränkungen des Schulbetriebs - beispielsweise durch Wechselunterricht - unter dem Gesichtspunkt der Folgenabwägung unter Berücksichtigung der sonst entstehenden Gefahren für Leib und Leben der Schüler sowie der Bevölkerung - jedenfalls für einen abgegrenzten Zeitraum - als verhältnismäßig qualifiziert (BVerfG, Beschluss v. 15.7.2020, 1 BvR 1630/20). In einem Eilverfahren über die Teilschließung von bayerischen Schulen und heilpädagogischen Tagesstätten im Mai/Juni 2020 kamen die Verfassungsrichter im Rahmen der Folgenabwägung zu dem Ergebnis, dass die Einschränkungen des Schulbetriebes und des Betreuungsangebots in Kindertageseinrichtungen grundsätzlich einen schwerwiegenden Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Betroffenen und für diese auch eine außergewöhnliche Belastung darstellen.

Einschränkungen des Schulbetriebs sind hinzunehmen

Dennoch wiegen nach Auffassung des BVerfG diese Einschränkungen nicht so schwer, wie die Gefahren, die ohne die durch die Beschränkungen erreichte Reduzierung sozialer Kontakte durch eine exponentielle Weiterverbreitung des Coronavirus entstünden. Der Staat habe eine schwierige Abwägung zwischen den Grundrechten der Betroffenen auf Bildung und Familie und dem Grundrecht der Allgemeinheit auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund beinhaltet die bayerische Verordnung nach Auffassung der Verfassungsrichter keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zumal die Beschränkungen ausweislich der bayerischen Verordnung jeweils auf wenige Wochen befristet seien und dann wieder überprüft würden (BVerfG, Beschluss v.  9.6.2020, 1 BvR 1230/20).

Kontaktdatenerfassung ist rechtmäßig

Nach einer Entscheidung des BayVerfGH ist auch die Kontaktdatenerfassung entsprechend der bayerischen Coronaschutzverordnung unter dem Gesichtspunkt des überragenden Gewichts des Gesundheitsschutzes trotz Eingriffes in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinzunehmen (BayVerfGH, Beschluss v. 21.10.2020. Vf. 26-VII-20).

Streit um Beherbergungsverbote

Besonders umstritten war zeitweise die Rechtmäßigkeit der Beherbergungsverbote. Während das OVG Schleswig-Holstein sowie das VG Hamburg die dort geltenden Beherbergungsverbote für rechtens erklärt haben (Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss v. 15.10.2020, 3 MR 45/20; VG Hamburg, Beschluss v. 16.10.2020, 6 E 4297/20), haben der VGH Baden-Württemberg, das OVG Berlin-Brandenburg sowie vom niedersächsischen OVG die Beherbergungsverbote als verfassungswidrig eingestuft und in den jeweiligen Bundesländern in gerichtlichen Eilverfahren außer Vollzug gesetzt. Die Gerichte monierten eine unverhältnismäßige Beschränkung des durch Art. 11 GG gewährleisteten Rechts der Freizügigkeit für alle Deutschen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 15.10.2020, 1 S 3156/20; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 16.10.2020, 11 S 87/20; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 15.10.2020, 13 MN 371/20). Später haben die Gerichte die Beherbergungsverbote dann häufig akzeptiert (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 8.1.2021, 1 S 156/20). Im Rahmen der zur Zeit noch bundesweit geltenden Corona-Notbremse wurde das Beherbergungsverbot gerichtlich noch nicht überprüft.

Spezialproblem: Triage-Regelung

In einigen Fällen lehnen Gerichte den Erlass von Entscheidungen im Eilverfahren auch aus grundsätzlichen Erwägungen ab. So hat das BVerfG den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem von teilweise schwer Vorerkrankten und mit Behinderungen versehenen Personen eingeleiteten Verfahren abgelehnt. Die Beschwerdeführer hatten die Befürchtung, im Fall einer Auslastung medizinischer Einrichtungen und Intensivstationen schlechte Karten für eine intensiv medizinische Behandlung zu haben, da im Zweifel ihre Überlebenschancen bei einer Coronaerkrankung schlechter seien als die von nicht vulnerablen Personen.

Sie forderten vom BVerfG, den Gesetzgeber zu verpflichten, eine gesetzliche Regelung für solche Fälle einzuführen. Das höchste deutsche Gericht bewertete das Begehren der Beschwerdeführer zwar als nicht von vornherein unbegründet, sah es wegen der besonderen Schwierigkeit der damit zusammenhängenden Rechtsfragen und gegeneinander abzuwägenden Rechtsgüter auch hier als unmöglich an, diese Fragen in einem Eilverfahren zu beantworten. Solch schwierige ethische Entscheidungen von erheblicher Tragweite könnten sinnvoll nur in einem ausführlichen Hauptverfahren getroffen werden (BVerfG, Beschluss v. 16.7.2020, 1 BvR 1541/20).

Corona-Stresstest für den Rechtsstaat

Die Regelungen zur Beschränkung der persönlichen Freiheitsrechte bedeuten insgesamt einen besonderen Stresstest für den Rechtsstaat. Im Gegensatz zu den Regeln anderer auch EU-Staaten - wie beispielsweise Ungarn - beinhalten die bundesdeutschen Regelungen keine Ausrufung des Notstandes. Aufgrund der Erfahrungen der Weimarer Republik ist die Möglichkeit der Ausrufung eines Notstandes erst in den 1960er Jahren sehr begrenzt für Fälle der Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie eines bewaffneten Angriffs eingeführt worden (Art. 91, 115a GG). Auf den Pandemiefall sind diese Bestimmungen nicht anwendbar. Gemäß Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3 GG kann die Bundesregierung zur Unterstützung der medizinischen Versorgung die Bundeswehr einsetzen. Auch kann sie im Fall einer Naturkatastrophe Landesregierungen anweisen, anderen Bundesländern Polizeikräfte zur Verfügung zu stellen. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit zur Abwehr von Gesundheitsgefahren bei den Ländern.

Geschäftsordnung des Bundestags wurde geändert

Zum Zwecke der schnelleren Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen wurden auch die Regeln zur Beschlussfähigkeit des Bundestags geändert. Die Mindestzahl der erforderlichen anwesenden Mitglieder des Bundestages wurde durch Einfügung eines neuen § 126 a GO-BT erheblich herabgesetzt, um im Bundestag die Abstandsregeln wahren zu können.

Sozialstaatsprinzip: Gesellschaftliche Randgruppen nicht vergessen

Auf dem Prüfstand stand und steht auch das Sozialstaatsprinzip, so beim Schutz von Obdachlosen (Ausgehbeschränkungen?) und bei den nicht nur durch das Abstandsgebot unendlich lang gewordenen  Schlangen vor den "Tafeln", die sich auch mit der Menschenwürde nur schwer vereinbaren lassen. 

Das gilt auch für den bis heute kaum noch vorhandenen Schutz von Flüchtlingen im Hinblick auf die Genfer Flüchtlingskonvention sowie das Asylrecht, der Gesundheitsschutz von Strafgefangenen sowie insgesamt der Schutz von gesellschaftlichen Randgruppen. 

So wird die pauschale Abweisung von Asylsuchenden an der EU-Außengrenze als rechtlich fragwürdig beurteilt. Selbst in Notstandsfällen ist gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK eine individuelle Prüfung der Einzelfälle nicht entbehrlich. Die EU-Kommission hat sich daher veranlasst gesehen, eine Empfehlung herauszugeben, wie Asylanträge auch in der Corona-Krise bearbeitet werden können, aber auch bearbeitet werden müssen. Unter anderem sieht die Empfehlung Gespräche mit Asylbewerbern per Videoschaltung vor.

Steuer- und Bilanzrecht

Verfassungsrechtlich bleibt einiges problematisch

Im Ergebnis dürfte auf das BVerfG in den kommenden Monaten und Jahren einiges an verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den ca. 400 noch anhängigen Verfahren zu entscheiden sein.

Selbst nach dem hoffentlich absehbaren Abklingen der Pandemie im Laufe dieses Jahres, dürften auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit und auch die ordentliche Gerichtsbarkeit mit den damit zusammenhängenden Rechtsfragen wahrscheinlich noch auf Jahre hinaus zu tun haben.

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Hintergrund: Epidemische Notlage als Grundlage für Eingriffe

Eine vom Bundestag zu beschließende Ausrufung einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite gibt der Bundesregierung die Möglichkeit, auf einen Anstieg der Infektionen mit Rechtsverordnungen kurzfristig zu reagieren.

Sie ist jeweils um 3 Monate verlängerbar und gilt aktuell zum 9. September. Nun will sie die Regierung am 25. August, angesichts steigender Infektionszahlen, erneut verlängern lassen.

Eine epidemische Lage von nationaler Tragweite liegt nach dem Infektionsschutzgesetz vor, wenn in der gesamten Bundesrepublik eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht.

Sie ist die Grundlage für die Regierung, um die diversen Corona-Verordnungen wie die zu Einreisevorgaben und Lockdowns zu erlassen. Auch die Notbrems-Regelung könnte auf diese Weise kurzfristig wieder reaktiviert werden. Der Bundestag soll von der Regierung gebeten werden, die epidemische Notlage von nationaler Tragweite zu verlängern, um für den Herbst die Eindämmung der erwarteten 4. Welle der Corona-Pandemie zu bewerkstelligen.