Unfallflucht: Ab welcher Schadenshöhe darf die Fahrerlaubnis entzogen werden?
Der Beschuldigte hatte mit seinem VW Golf beim Abbiegen zwei geparkte Fahrzeuge beschädigt. Schadenhöhe: 1.387 Euro. Der Mann hatte sich vom Unfallort entfernt, ohne eine nach den Umständen angemessene Zeit darauf zu warten, ob ein sog. Feststellungsinteressent erscheine.
Vor Schreck weitergefahren
Zur Rechtfertigung sagte der Mann, er sei vor Schreck weitergefahren. Als er später zur Unfallstelle zurückgekehrt sei, wären die beschädigten Fahrzeuge nicht mehr da gewesen.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Antrag gestellt, dem Mann die Fahrerlaubnis zu entziehen. Knackpunkt bei der Beurteilung ist die Höhe des von dem Mann verursachten Schadens.
Die Frage nach dem „bedeutenden Schaden“
Nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist ein Kraftfahrer in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn er sich eines Vergehens des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig macht, obwohl er weiß, oder wissen kann, dass bei dem Unfall an fremden Sachen ein bedeutender Schaden entstanden ist.
In der Rechtsprechung wird seit dem Jahr 2002 ein bedeutender Schaden bereits ab einer Höhe von 1.300 Euro angenommen. Genau in diesem schon so lange geltenden Wert sahen die Richter des LG Braunschweig den Knackpunkt.
Preisentwicklung muss berücksichtigt werden
Bei der Interpretation ausfüllungsbedürftiger Tatbestandsmerkmale wie dem bedeutenden Schaden dürfe die allgemeine Geldentwicklung nicht außer Betracht bleiben. Der seit 14 Jahren geltende Wert muss nach Ansicht des Gerichts angepasst werden.
Berücksichtige man die durchschnittliche Preisentwicklung, gemessen an der Entwicklung des Verbraucherpreisindex, entspricht dem Wert von 1.300 Euro aus dem Jahr 2002 ein heutiger Wert von 1.568 Euro – da die Preise in dem betrachteten Zeitraum um gut 20 Prozent gestiegen sind.
Aus Sicht des Gerichts scheint es deshalb angemessen, den Wert für einen bedeutenden Schaden ab dem Jahr 2016 auf mindestens 1.500 Euro festzusetzen. Damit ist der entstandene Schaden nicht als bedeutend einzustufen, die Fahrerlaubnis wird dem Mann nicht entzogen.
(LG Braunschweig, Beschluss v. 3.6.2016, 8 Qs 113/16)
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Nach § 142 Abs. 1 StGB macht sich ein Unfallbeteiligter strafbar, wenn er sich sofort oder nach einer den Umständen angemessenen Wartezeit vom Unfallort entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.
Wurde eine Unfallflucht nach § 142 StGB begangen, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB) mit der Folge, dass ihm die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen ist (§ 111a Abs. 1 StPO).
Gem. § 142 Abs. 4 StGB kann das Gericht im Fall einer tätigen Reue in Form von Nachmeldung des Unfalls die Strafe mildern oder von ihr absehen ,wenn ein Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs einen nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat. Der Schaden lag vorliegend jedoch über der Unerheblichkeitsgrenze von 1.300 EUR.
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