Crash in geöffnete Fahrertür – wer haftet?
Das Landgericht Frankfurt am Main sah das alleinige Verschulden beim Taxifahrer, der in die geöffnete Fahrertür des parkenden Autos gefahren war. Der klagende Taxifahrer habe nicht beweisen können, dass die Beklagte gegen die Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen nach § 14 StVO verstoßen habe.
Höchste Vorsicht bei Ein- und Aussteigen in Auto geboten
Dem schloss sich das OLG Frankfurt so aber nicht an. Es sah eine Haftungsverteilung von 50: 50 als angemessen an. § 14 Abs. 1 StVO verlange ein höchstes Maß an Vorsicht für das Ein- und Aussteigen, so das Gericht. Der Vorgang des Einsteigens sei erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür und dem Verlassen der Fahrbahn beendet.
Das Landgericht habe verkannt, dass der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht des Ein- oder Aussteigenden spreche, wenn beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt werde.
Geöffnete Tür ragte mehr als einen halben Meter in die Fahrbahn
Zwar habe die Beklagte behauptet, die Tür habe nur einen kleinen Spalt offen gestanden. Doch beweisen konnte sie diese Behauptung nicht. Als Ergebnis der Beweisaufnahme stand für das Gericht vielmehr fest, dass die Fahrertür voll geöffnet war und damit 55 cm in die Fahrbahn hineinragte.
Gegen die Beklagten spricht zudem: Sie konnten nicht beweisen, dass sie sich im rechten Zeitpunkt vergewissert hatten, dass sich kein rückwärtiger Verkehr näherte. Das Gericht kam zudem zu der Einschätzung, dass die Beklagte den nahenden Taxifahrer, der mit einer recht niedrigen Geschwindigkeit (zwischen 23 und 27 km/h) unterwegs war, hätte sehen müssen. Schlussfolgerung: Bei zügigem Einsteigen hätte der Unfall vermieden werden können, wenn die Beklagte die Tür rechtzeitig geschlossen hätte.
Zu geringer Sicherheitsabstand des Taxifahrers
Beim Taxifahrer sah das Gericht einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO, da er den nötigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe. Das Taxi war zum Unfallzeitpunkt nur 45 bis 50 cm von der Bordsteinkante entfernt, die Einbahnstraße aber sechs Meter breit. Der Taxifahrer hätte den Unfall vermeiden können, wenn er mehr mittig gefahren wäre, so das Gericht.
(OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 25.10.2016, 16 U 167/15)
Weitere News zum Thema:
Haftung bei einem Unfall beim Auffahren auf die Autobahn
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Unbemerkt 1,32 Promille durch Schnapspralinen?
15.11.2024
-
Keine Auferlegung der Anwaltskosten ohne Begründung
14.11.2024
-
Bei herbstlichem Laub muss man mit Glätte rechnen
08.11.2024
-
Anspruch auf Verdienstausfall bei unrichtiger AU
07.11.2024
-
Verkehrsunfall – Unfallopfer müssen Versicherung Vorschäden anzeigen
05.11.2024
-
Erleichterte Darlegungslast beim Schadenersatz
28.10.2024
-
Mietwagen ohne Übergabeprotokoll – muss der Mieter für angebliche Schäden haften?
14.10.2024
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
01.10.2024
-
Nicht angeschnallte Mitfahrer können für Drittschäden haften
16.09.2024
-
Kollision auf Autozug – muss die Haftpflichtversicherung zahlen?
02.09.2024