Keine Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gegenüber Behörde

Ist bei einem Verkehrsunfall als Schädiger eine Behörde beteiligt, die die Unfallverursachung sofort einräumt, besteht für das Unfallopfer ein Kostenrisiko, wenn es trotzdem für das erste Anspruchsschreiben anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt: Da die Behörde gesetzmäßig handeln muss, war die Schadensersatzleistung äußerst wahrscheinlich.

In dem Fall, der vor dem Amtsgericht Aachen entschieden wurde, ging es um einen Verkehrsunfall, an welchem ein Fahrzeug einer öffentlichen Körperschaft und ein Fahrzeug einer Taxi-Zentrale beteiligt waren.

Unfallopfer klagte auf Erstattung von 147,56 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltskosten

Das klagende Taxiunternehmen, verlangte aufgrund des eingetretenen Schadensereignisses die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR. Die beklagte Behörde lehnte ab und die Klage blieb jedoch erfolglos. Grundsätzlich habe der Schädiger nach der Rechtsprechung des BGH nicht „schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten ... zu ersetzen, sondern nur solche, welche aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren“, so das Gericht in seiner Begründung. Hieran seien jedoch keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es komme vielmehr darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalles aus der Sicht des Geschädigten darstelle.

Behörde unterliegt dem gesetzmäßigen Handeln – Unfallregulierung wahrscheinlich

Ist die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vorneherein nach Grund und Höhe derart klar, dass aus Sicht des Geschädigten kein Zweifel bestehen kann, dass der Schädiger seiner Ersatzpflicht nachkommt, ist es grundsätzlich nicht erforderlich, schon für das erste Geltendmachen des Schadensersatzanspruchs einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze sei eine Erstattungspflicht aufgrund hier nicht gegeben, da es der Klägerin zunächst zumutbar gewesen sei, ein erstes Anspruchsschreiben an die Behörde zu versenden und zunächst eine Regulierung abzuwarten.

Erst bei Problemen mit der Durchsetzung, wäre Hinzuziehen eines Anwalts erforderlich gewesen

Erst später,  bei Problemen, den Anspruch zu realisieren, hätte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden können. Schließlich handelte es sich bei der Beklagten um eine öffentliche Körperschaft, welche die Verursachung des Verkehrsunfalls unmittelbar eingeräumt hatte.

Jedenfalls bei einer Behörde hätte sie darauf vertrauen können, dass der Unfallschaden reguliert werde würde. Dies auch vor dem Hintergrund der „Gesetzmäßigen Verwaltung“, welche die Behörde zu gesetzesmäßigem Handeln verpflichte, so das Gericht weiter.

Rechtsanwalt in der vorliegenden Konstellation nicht erforderlich

Dies gelte umso mehr, wenn wie vorliegend, die Behörde bereits zwei Tage nach dem Unfall und vor Beauftragung eines Rechtsanwaltes den Kontakt zwecks schnellstmöglicher Unfallabwicklung zur Klägerin suchte.

Zudem erhielt die Klägerin von der Beklagten selbst Auskünfte über ihre Rechte, wie die Möglichkeit einer fiktiven Geltendmachung und der Bezifferung des Schadens, beispielsweise durch die Einreichung eines Kostenvoranschlags.

Geschädigte durfte auf Zahlungsbereitschaft schließen

Hieraus konnte die Klägerin schließen, dass auf Seite der Beklagten Zahlungsbereitschaft bestand. Allein deshalb, weil Verkehrsunfallsachen im Zusammenhang mit der Schadensdurchsetzung gegenüber einer Versicherung grundsätzlich einer anwaltlichen Beratung bedürfen, könne in solch einfach gelagerten Fällen wie diesem, insbesondere gegenüber Behörden, noch kein Anwalt eingeschaltet und Erstattung beansprucht werden. Hinzu kam, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Privatperson, sondern um ein gewerbliches Taxi-Unternehmen handelte, welche im Hinblick auf die Abwicklung von Verkehrsunfällen eine gewisse Erfahrung mitbringt. 

(AG Aachen, Urteil v. 30.07.2019, 101 C 30/19).

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Hintergrund:

Notwendige Anwaltskosten

Der Schädiger bzw. dessen Versicherer haften für die im Zuge der Unfallregulierung entstandenen Anwaltskosten aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB), aus Gefährdungshaftung (§ 7 StVG, § 115 Abs. 1 VVG) oder aus vertraglicher Übernahme, beispielsweise im Rahmen einer Abfindungsvereinbarung.
 Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis verursachten Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 10.01.2006, VI ZR 43/05) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.


Schlagworte zum Thema:  Anwaltsgebühren, Verkehrsunfall