Kostenerstattung für die Gegenseite bei Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen
Im vom BGH entschiedenen Fall stritten die Parteien über Nachlassansprüche des Rechtsnachfolgers eines verstorbenen Erben. Gegenstand des Streits war unter anderem die Wirksamkeit einer von der Erblasserin erteilten Veräußerungs- und Verfügungsvollmacht. In diesem Zusammenhang hatte das Gericht einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung beauftragt. Die Kläger lehnten den beauftragten Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Ablehnungsgesuch zurückgewiesen
Gegen den hierzu ergangenen Zurückweisungsbeschluss des LG legten die Kläger sofortige Beschwerde beim OLG ein. Dieses wies die Beschwerde zurück und legte den Klägern die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.
- Die Rechtsanwälte der Beklagten wurden in dem Beschwerdeverfahren nach außen hin nicht tätig.
- Gleichwohl machten sie Rechtsanwaltskosten für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 1.697,42 Euro und 2.325,02 Euro geltend,
- die das LG per Kostenbeschluss festsetzte.
Beschwerden auch gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse
Nach mehreren weiteren Beschwerden und Gegenbeschwerden landete die Sache schließlich beim BGH. Damit stand die bisher höchstrichterlich nicht entschiedene Frage im Raum, ob die außergerichtlichen Kosten der Gegenpartei des Beschwerdeführers im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtstreits i. S. v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V. m. § 97 Abs. 1 ZPO gehören.
BGH zeigt Meinungsspektrum zur Erstattungsproblematik auf
Der BGH ging in seinem Urteil ausführlich auf den Meinungsstand zu dieser Problematik ein:
- Teilweise wird in der Literatur die Erstattungspflicht grundsätzlich mit dem Argument verneint, dass es sich bei dem Verfahren um die Ablehnung eines Sachverständigen nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handle und das Beschwerdeverfahren nur zwischen dem Ablehnenden und dem Gericht stattfinde.
- Eine zweite Meinung differenziert danach, ob sich die nicht ablehnende Partei im Beschwerdeverfahren - beispielsweise durch schriftsätzliche Äußerungen - beteiligt hat oder ausdrücklich vom Gericht zu einer Stellungnahme aufgefordert worden ist (OLG Brandenburg, Beschluss v. 16.7.2008, 12 W 15/08)
- Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum hält die Kosten für grundsätzlich erstattungsfähig.
BGH zieht Parallele zur Richterablehnung
Im Falle der Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit hatte der BGH bereits entschieden, dass die den Richter nicht ablehnende Partei grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten hat (BGH, Beschluss v. 6.4.2005, V ZB 25/04). Der BGH stellte in seinem jetzigen Beschluss klar, dass die dort entwickelten Grundsätze auf das Verfahren im Falle der Ablehnung eines Sachverständigen anwendbar sind:
- So wie im Fall der Ablehnung eines Richters die Interessen der ablehnenden Partei auf Bereitstellung eines unparteiischen Richters berührt würden, so würde im Fall der Ablehnung eines Sachverständigen das Interesse der Parteien an einer unbefangenen Begutachtung berührt.
- In beiden Fällen habe auch der Gegner Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG.
- Daraus folge, dass der nicht ablehnenden Partei hinsichtlich ihrer Anwaltskosten ebenfalls die Stellung eines Verfahrensbeteiligten einzuräumen sei, da sie grundsätzlich ein Recht habe, vor einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde angehört zu werden.
- Demgemäß sei grundsätzlich davon auszugehen, dass der Anwalt der nicht ablehnenden Partei die Interessen seiner Mandantschaft auch im Beschwerdeverfahren prüfe,
- und zwar unabhängig von der Frage, ob das Gericht diesen zu einer Stellungnahme aufgefordert oder er eine Stellungnahme tatsächlich verfasst hat.
Hervorgehobene Bedeutung des Sachverständigen im Prozess
Hierbei berücksichtigte der BGH, dass der Person des Sachverständigen als neutralem Richtergehilfen im Verfahren eine wichtige Rolle zugewiesen sei und seine Auswahl daher die Rechte und Interessen beider Parteien berühre. Dies komme in § 404 ZPO mehrfach zum Ausdruck, indem das Gesetz u.a. die Möglichkeit eröffne, die Parteien zur Person des Sachverständigen zu hören.
Bei erfolgreicher Beschwerde sind die Gebühren Kosten der Hauptsache
An diesem Ergebnis ändert es nach Auffassung des BGH auch nichts, dass im Fall der Stattgabe eines Ablehnungsgesuchs gegen den Sachverständigen durch das Beschwerdegericht die nicht ablehnende Partei nicht verpflichtet ist, ihrerseits dem Gegner die entstandenen Kosten zu erstatten. Im Falle einer erfolgreichen Beschwerde seien die Kosten solche des Rechtsstreits gemäß § 91 ZPO und daher ohne weiteres von der in der Hauptsache unterliegenden Partei zu tragen.
Mandatierung in der Hauptsache umfasst i.d.R. das Beschwerdeverfahren
Schließlich ist nach Auffassung des BGH davon auszugehen, dass der Anwalt, der mit der Vertretung einer Partei im Hauptsacheverfahren beauftragt worden ist, grundsätzlich auch den Auftrag hat, seine Partei auch im Beschwerdeverfahren zu vertreten.
- Für eine auftragsgemäße Tätigkeit im Beschwerdeverfahren genüge bereits die Entgegennahme der vom Gericht mitgeteilten Beschwerdeschrift, die der Anwalt pflichtgemäß zu prüfen habe.
- Eine Ausnahme sei lediglich dann denkbar, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Prozessbevollmächtigte jeweils nur für das Ausgangsverfahren und nicht für das Beschwerdeverfahren betreffend die Sachverständigenablehnung beauftragt wurde.
- Solche konkreten Anhaltspunkte müsse die Gegenpartei dann aber dezidiert vortragen.
BGH bejaht Kostentragungspflicht
Da Ausnahmegründe im konkreten Fall nicht erkennbar waren, sondern die Prozessbevollmächtigten ausdrücklich erklärt hatten, auch im Beschwerdeverfahren beauftragt worden zu sein, sind die Kläger nach der Entscheidung des BGH zur Erstattung der festgesetzten Kosten verpflichtet.
(BGH, Beschluss v. 7.11.2018, IV ZB 13/18).
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Befangenheit eines Sachverständigen
BGH konkretisiert des Anspruch des Anwalts auf
Hintergrund:
Ein Sachverständiger kann gemäß § 406 Absatz I ZPO aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Daher ist die Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteilich gegenüber.
- Die Ablehnung des vom Gericht beauftragten Sachverständigen setzt nicht voraus, dass der Sachverständige tatsächlich parteilich ist oder dass das Gericht selbst Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat.
- Für eine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit genügt vielmehr der bei dem ablehnenden Prozessbeteiligten erweckte Anschein der Parteilichkeit.
- Maßgebend dafür ist aber die objektive Sicht einer vernünftigen Partei.
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