Aufteilung von Hotelumsätzen für die Bewertung des Frühstücks
Werden Übernachtungsleistungen ausschließlich zusammen mit Frühstücksleistungen angeboten, kann der Einzelverkaufspreis für die Übernachtungsleistung dagegen nicht im Wege der Subtraktion des Einzelverkaufspreises für ein Frühstück (an Nicht-Übernachtungsgäste) vom Gesamtpreis für die jeweilige Übernachtung mit Frühstück ermittelt werden.
Umsatzsteuerliche Behandlung des Hotelfrühstücks
Das klagende 4-Sterne-Hotel stellte für 2011 und 2012 bei einem Pauschalpreis von 65,00 EUR pro Übernachtung mit Frühstück für das in Buffetform angebotene Frühstück seinen Übernachtungsgästen mit (brutto) 5,00 EUR (4,20 EUR zzgl. 0,80 EUR Umsatzsteuer zu 19 %) gesondert in Rechnung.
Das Finanzamt setzte den Frühstückspreis zuerst mit 8,00 EUR an, da dieser in 2010 auf der Internetseite des Hotels mit 10,00 EUR angegeben wurde. Durch Einspruchsentscheidung erhöhte das Finanzamt später den dem Regelsteuersatz unterliegenden Frühstücksanteil, indem es diesen mit 20 % des Gesamtpauschalpreises von 65,00 EUR berechnete.
Aufteilungsgebot nach § 12 UStG
Im Rahmen der Klage machte die Klägerin auf das zwischen zeitlich ergangene EuGH-Urteil v. 18.1.2018 ( C-463/16 – Stadion Amsterdam, Haufe Index 11440872) und die sich daraus ergebenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Aufteilungsgebots in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG aufmerksam.
Nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg sind bei einem Hotelbetrieb die Frühstücksleistungen keine selbstständigen Leistungen, sondern Nebenleistungen zu den an dieselben Kunden erbrachten Beherbergungsleistungen.
Keine Auswirkungen durch das EuGH-Urteil v. 18.1.2018
Ob an dem Aufteilungsgebot auch bei Einordnung der Frühstücksleistungen als Nebenleistungen zu den Übernachtungsleistungen nach Ergehen des EuGH-Urteils v. 18.1.2018 (C-463/16 – Stadion Amsterdam) festzuhalten ist, steht nicht außer Zweifel. Der BFH hat dies zuletzt in seinem Urteil v. 13.6.2018 (XI R 2/16, zu Dinnershows) mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offengelassen.
Nach Auffassung des FG ist jedoch das Aufteilungsgebot nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar. Denn Art. 98 MwStSystRL normiert ein Wahlrecht, aber keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes. Laut Rn. 34f. des Urteils Stadion Amsterdam wollte der EuGH dort ausdrücklich nicht von seinem Urteil in Sachen Kommission/Frankreich (Urteil v. 6.5.2010, C-94/09, Haufe Index 2337401) abweichen. Dort hatte er eine selektive Anwendung eines ermäßigten Satzes nicht ausgeschlossen, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht – was hier nicht gegeben sei.
Keine Aufteilung nach den Einzelverkaufspreisen
Vorliegend ist nicht feststellbar, dass es eine vorherige Preisvereinbarung mit den Übernachtungsgästen dahingehend gab, dass sie den später auf der Rechnung ausgewiesenen Frühstückspreis gerade für das Frühstück und den ausgewiesenen Übernachtungspreis gerade für die Übernachtung zahlen wollten. Angesichts der fehlenden Wahlmöglichkeit ist vielmehr davon auszugehen, dass die Kunden den Gesamtrechnungsbetrag wirtschaftlich als einheitliches Entgelt für die Übernachtung und das Frühstücksbuffet wahrgenommen haben.
Auch bestand im Urteilsfall nicht die Möglichkeit, das Frühstück (mit entsprechender Preisminderung) "abzuwählen". Somit ist der Streitfall nicht mit dem Fall des FG Schleswig-Holstein (Urteil v. 21.9.2016, 4 K 59/14) vergleichbar. Wenn dort ein Gast nach einer Übernachtung ein Frühstück nicht einnehmen wollte, so konnte er – wenn er bereits die volle Summe entrichtet hatte – den Betrag von 5,00 EUR erstattet bekommen bzw. konnte von vornherein ein Zimmer ohne Frühstück buchen (ggf. wurden 5,00 EUR weniger berechnet). Die gewählte Preisgestaltung nutzte der Kläger des vom FG Schleswig-Holstein entschiedenen Falls bereits seit Jahren bewusst, da seine Zielgruppe insbesondere Geschäftsreisende waren (z.B. Elektriker und Techniker), welche von ihrem Arbeitgeber diesen Betrag in der Regel als Verpflegungsgeld erstattet bekamen.
Vielmehr ähnelt die vorliegende Konstellation dem BFH-Beschluss v. 3.4.2013 (V B 125/12, Haufe Index 3721619) zu zu einem Pauschalpreis gelieferten Kombi-Sparmenüs mit regelbesteuerten Getränken und ermäßigt besteuerten Speisen. Dort hat der BFH als einfachstmögliche Aufteilungsmethode die vom Finanzamt angewendete Aufteilung nach den Einzelverkaufspreisen der Menükomponenten gebilligt (nicht aber die Aufteilung nach den Kosten der einzelnen Lieferungen). Allerdings erscheint eine Aufteilung nach den Einzelverkaufspreisen hier nicht möglich, weil es solche Einzelverkaufspreise der Klägerin zwar für die Frühstücksleistungen (für Nicht-Übernachtungsgäste) gab (in den Streitjahren 10,00 EUR pro Frühstück), nicht aber für die Übernachtungsleistungen, welche ausschließlich zusammen mit den Frühstücksleistungen angeboten worden sind.
Keine Aufteilung anhand der Kalkulationsdaten
Auch eine Aufteilung anhand der Kalkulationsdaten, wie sie das Sächsische FG (Urteil v. 14.12.2010, 3 K 1116/10, Haufe Index 2688941) und der BFH (Urteil v. 24.4.2013, XI R 3/11, Haufe Index 5928619) jedenfalls nicht beanstandet haben, kommt hier nicht in Betracht, weil die Klägerin eine solche Kalkulation weder vorgelegt hat noch ersichtlich ist, dass sie eine solche (Vorab-)Kalkulation erstellt und der Berechnung ihrer Preise für die Übernachtungen mit Frühstück in den Streitjahren zugrunde gelegt hat. Eine im Rahmen des Gerichtsverfahrens durch die Klägerin erstellte Kalkulation (ex ante) ist unzulässig. Eine Aufteilung anhand der tatsächlich angefallenen Kosten würde im Übrigen umsatzsteuerlichen Grundsätzen nicht gerecht werden. Denn entscheidend für die Bemessungsgrundlage der auf eine Leistung entfallenden Umsatzsteuer nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 UStG ist, was der Leistungsempfänger für die Leistung aufwendet (ohne Umsatzsteuer). Welcher vom Leistungsempfänger zu zahlende Preis für eine Leistung gefordert und dementsprechend gezahlt wird, kann zwar (neben anderen Faktoren) auch von einer vorherigen Kostenkalkulation des Anbieters abhängen, wird aber in aller Regel von der Höhe der dann tatsächlich anfallenden Kosten, die regelmäßig erst nach der Preisvereinbarung feststehen, nicht mehr beeinflusst.
Schätzungsmethode ist zulässig
Da die o. g. präziseren Schätzungsmethoden (Verhältnis der Einzelverkaufspreise oder Verhältnis der vorab kalkulierten Kosten) hier nicht vorliegen, muss eine andere schlüssige, wirtschaftlich vernünftige und wahrscheinliche Schätzungsmethode zur Aufteilung gefunden werden. Nach diesen Maßstäben ist die Schätzung des Finanzamts mit 20 % Frühstücksanteil am Gesamtpreis grundsätzlich zulässig (vgl. hierzu Abschn. 12.16. Abs. 12 UStAE). Sie ist nur insoweit zu beanstanden, als das Finanzamt die Aufteilung nach der Nettomethode statt der Bruttomethode vorgenommen hat. Insoweit hat das FG die Umsatzsteuer 2011 um 2.353,00 EUR und die Umsatzsteuer 2012 um 2.807,00 EUR gemindert. Denn die Nettomethode führt dazu, dass letztlich die Summe der den einzelnen Steuersätzen zugeordneten Bruttoentgelte von dem insgesamt vom Steuerpflichtigen für die Übernachtungen mit Frühstück vereinnahmten Betrag abweicht.
Keine direkte EuGH-Vorlage vom FG
Aus Sicht der Praxis ist es schade, dass das FG Berlin-Brandenburg die Möglichkeit einer direkten EuGH-Vorlage nicht genutzt hat. Ob die Klägerin Revision beim BFH eingelegt hat, ist derzeit nicht bekannt.
Bei dem bei Übernachtungsunternehmen üblichen Geschäft mit Letztverbrauchern ist eine spätere Nachbelastung zu niedrig erhobener Umsatzsteuer nicht durchsetzbar. Deshalb ist derzeit zu empfehlen, weiter entsprechend der Verwaltungsmeinung nur die eigentliche Übernachtungsleistung ermäßigt und das Frühstück mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.
Sollte sich in naher Zukunft aufgrund eines höchstrichterlichen Urteils doch noch eine Besteuerung des Frühstücks mit 7 % ergeben, ist Folgendes zu bedenken: Bei Ausstellung von Belegen für das Frühstück mit Steuerausweis zu 19 % wird ggf. die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer von 12 % nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet. Eine spätere Zurückholung der Mehrsteuer von 12 % vom Finanzamt setzt jedoch nach dem BFH-Urteil v. 16.5.2018 (XI R 28/16, Haufe Index 11875993) grundsätzlich neben einer Rechnungsberichtigung auch eine Rückzahlung des Umsatzsteuerbetrages an den Leistungsempfänger voraus. Dies macht auch bei einem späteren Fallen des Aufteilungsgebots des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG eine Umsatzsteuerkorrektur zugunsten eines Hotelbetreibers faktisch unmöglich.
Hinweis: Zur Vermeidung der o.g. Umsatzsteuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG ist alternativ zu überlegen, in den Rechnungen für das Frühstück den gesondertem Umsatzsteuerausweis bzw. bei Kleinbetragsrechnungen bis zu 250,00 EUR brutto (§ 33 UStDV) den Ausweis des Steuersatzes von 19 % zu vermeiden. Ob die ggf. erforderliche unterschiedliche Rechnungstellung für unternehmerische und nichtunternehmerische Leistungsempfänger in der Praxis umsetzbar ist, muss jeder Unternehmer für sich entscheiden.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 28.11.2018, 7 K 7314/16, Haufe Index 12602491
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