Trotz Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen liegt eine tarifbegünstigte Entlassungsentschädigung vor, wenn im Vorjahr nur eine geringfügige Teilleistung ausgezahlt wurde.

Hintergrund:

Abfindungen, die in einem Veranlagungszeitraum zufließen, aber Ertrag mehrerer Jahre darstellen, sind als außerordentliche Einkünfte tarifbegünstigt, um die übermäßige Belastung aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs abzumildern. Eine begünstigte Abfindung (Entschädigung) liegt daher nur vor, wenn die Entschädigung in einem Veranlagungszeitraum zufließt, d.h. wenn die Zusammenballung der Einkünfte aufgrund der Progression zu einer erhöhten Belastung führt. Strittig war, ob dies auch dann gilt, wenn in den anderen Veranlagungszeitraum nur ein geringer Teilbetrag fällt. Im Streitfall wurden A für den Verlust des Arbeitsplatzes vom Arbeitgeber 77.800 EUR zugesagt. Davon wurden 10.000 in 2005 und der Rest in 2006 ausgezahlt. Da in 2005 der Teilbetrag von 7.200 EUR wegen vom Arbeitgeber veranlasster Kündigung steuerfrei verblieb, entfielen von der steuerpflichtigen Abfindung auf 2005 lediglich 2.800 EUR. Das FG sah diesen Betrag im Verhältnis zur Hauptleistung lediglich als geringfügig an und gewährte für den 2006 zugeflossenen Hauptbetrag (67.800 EUR) die Tarifermäßigung.  

Entscheidung:

Wie das FG hält auch der BFH trotz des Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen die Tarifermäßigung ausnahmsweise für anwendbar, wenn in dem anderen Veranlagungszeitraum lediglich eine geringfügige Teilleistung zugeflossen ist und die ganz überwiegende Hauptentschädigung in einem Betrag ausgezahlt wird. Die Tarifermäßigung soll als Billigkeitsregelung zusammengeballt zugeflossene Einnahmen - veranlagungszeitraumübergreifend betrachtet - begünstigen. Diesen Zweck der Progressionsabmilderung kann eine nur geringfügige Teilleistung im Vorjahr nicht in Frage stellen. Das FG sah hierfür eine Bagatellgrenze von 5 % als unerheblich an. Der BFH lehnt dagegen eine starre Prozentgrenze ab. Wann von einer unschädlichen Teilleistung auszugehen ist, bestimmt sich vielmehr im Einzelfall nach der Ausnahmesituation in der individuellen Belastung des Steuerpflichtigen.

Hinweis

Für die Praxis dürfte die 5-%-Grenze ein akzeptabler Maßstab sein.

Urteil v. 26.1.2011, IX R 20/10, veröffentlicht am 4.5.2011