Häusliches Arbeitszimmer bei privatem Veräußerungsgeschäft
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind seit Jahren nur noch in Ausnahmefällen in voller Höhe bei der Steuererklärung abzugsfähig, wenn der Mittelpunkt der Tätigkeit dort liegt. Auch wenn in Corona-Zeiten vermehr im Home-Office gearbeitet wird, ist diese Voraussetzung regelmäßig nicht erfüllt. Liegt der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, steht jedoch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 EUR im Jahr abgezogen werden. Zu dieser Fallgruppe gehören u.a. Lehrkräfte, die in der Schule keinen adäquaten Arbeitsplatz haben.
Spekulationsfrist und Arbeitszimmer
Die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für das Arbeitszimmer kann aber auch nachteilige Folgen haben, wie eine aktuell beim Bundesfinanzhof anhängige Rechtsfrage zeigt. Für Grundstücke gilt nämlich eine sog. Spekulationsfrist. Werden sie innerhalb von zehn Jahren gekauft und wieder verkauft, ist ein evtl. Gewinn steuerpflichtig. Das gilt jedoch nicht für selbstgenutztes Wohneigentum (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Was ist aber mit dem Arbeitszimmer?
Veräußerung einer Eigentumswohnung
Die Klägerin im Urteilsfall war Lehrerin. Sie machte wie in den Vorjahren Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend, welche mit dem Höchstbetrag von 1.250 EUR anerkannt wurden. Das Arbeitszimmer machte ca. 10 % der Wohnfläche aus. Die Klägerin hatte die Eigentumswohnung im Jahr 2012 erworben und veräußerte sie im Streitjahr 2017. Das Finanzamt berücksichtigte den anteiligen Erlös für das Arbeitszimmer als steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Anteilig steuerpflichtige Einkünfte für das Arbeitszimmer?
Das FG Baden-Württemberg (Urteil v. 23.7.2019, 5 K 338/19) gab der Klägerin recht. Das Finanzamt hat nach dem Urteil den anteiligen Veräußerungsgewinn zu Unrecht als steuerpflichtige Einkünfte erfasst. Zwar ist die Veräußerung der Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgt, allerdings greift hier die Ausnahme, weil die Klägerin die Wohnung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Daran ändert nach Auffassung des FG auch das häusliche Arbeitszimmer nichts.
Finanzverwaltung vertritt andere Auffassung als die Rechtsprechung
Diese Entscheidung widerspricht der Verwaltungsauffassung (BMF, Schreiben v. 5.10.2000, IV C 4 - S 2282 - 119/00, Rz. 21). Danach dient ein häusliches Arbeitszimmer nicht Wohnzwecken und fällt daher nicht unter die Ausnahmeregelung von der Spekulationsgewinnbesteuerung. Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt (Az. beim BFH: IX R 27/19). In einschlägigen Fällen empfiehlt es sich, Einspruch unter Berufung auf das Verfahren einzulegen. Die Rechtsbehelfe werden vom Finanzamt bis zum Ergehen des Urteils ruhend gestellt (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).
Hinweis: Ähnlich wie das FG Baden-Württemberg hat in einer früheren Entscheidung das FG Köln entschieden (Urteil v. 20.3.2018, 8 K 1160/15, vgl. News). Die Nutzung eines untergeordneten Teils der Wohnung für berufliche Zwecke steht der steuerfreien Veräußerung nicht entgegen. Die "ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" meint nur "zeitlich ausschließlich" und nicht räumlich. Die gegen das Urteil des FG Köln ebenfalls zunächst eingelegte Revision wurde durch die Finanzverwaltung zurückgenommen.
Tipp: Von der Besteuerung des Veräußerungsgewinns sind Immobilien ausgenommen, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Nach neuerer Rechtsprechung ist es für die Ausnahme von der Spekulationsbesteuerung unschädlich, wenn die Immobilie im Anschluss an die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung vermietet wird (BFH, Urteil v. 3.9.2019, IX R 10/19). Die Verwaltung hat insoweit ihre Sichtweise gelockert (BMF, Schreiben v. 17.6.2020 - IV C 1 - S 2256/08/10006 :006). Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken muss aber über einen zusammenhängenden Zeitraum vorliegen, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt. Es genügt hierbei, dass der Eigentümer das Wirtschaftsgut im Jahr der Veräußerung zumindest am 1. Januar, im Vorjahr der Veräußerung durchgehend sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung mindestens am 31. Dezember zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024