Die sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung muss dem Finanzamt spätestens zum 31. Mai des Folgejahres mitgeteilt werden.

Hintergrund

Das Urteil betrifft einen Altfall aus der "Seeling"-Problematik. Nach dem Kläger Seeling wird die Rechtsprechung bezeichnet, nach der bei einem gemischt-genutzten und vollständig dem Unternehmensvermögen zugeordneten Grundstück die private Nutzung eines Teils des Grundstücks als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist und als Folge davon auch die mit diesem Gebäudeteil im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge - und damit die gesamte das Grundstück betreffende Vorsteuer - abgezogen werden können. Zu entscheiden war die bisher offene Streitfrage, bis wann der Unternehmer sein Zuordnungswahlrecht ausgeübt haben muss: Zuordnung in vollem Umfang oder nur im Umfang der unternehmerischen Verwendung zum Unternehmen oder Belassung in vollem Umfang im Privatvermögen.

Der Ehemann M, ein Schornsteinfegermeister, und seine Ehefrau errichteten 2003 ein Gebäude auf einem ihnen hälftig gehörenden Grundstück. Davon entfielen 41,50 qm auf das Büro des M und der Rest auf die wohnliche Nutzung. Streitig war der Vorsteuerabzug für im Jahr 2004 angefallene - das Gesamtgebäude betreffende - weitere Herstellungskosten. Erstmals in der im Oktober 2005 eingereichten USt-Erklärung 2004 machte M - unter Berufung auf die Seeling-Rechtsprechung - diese Vorsteuern seinem Hälfteanteil entsprechend geltend. Das Finanzamt und auch das FG versagten den Vorsteuerabzug, da M die Zuordnungsentscheidung zu seinem Unternehmen nicht zeitnah dokumentiert habe, nämlich nicht bereits in den USt-Voranmeldungen, in deren Zeiträumen er die Eingangsleistungen bezogen habe.

Entscheidung

Nach der vom BFH nun getroffenen Grundsatzentscheidung muss die Zuordnungsentscheidung nicht, wie das FG meinte, schon mit der Abgabe der USt-Voranmeldungen erfolgen, sondern kann auch noch in der Jahreserklärung geschehen. Die Zuordnungsentscheidung muss jedoch spätestens bis zum 31. Mai des Folgejahres dem Finanzamt gegenüber dokumentiert werden. Eine spätere Dokumentation ist ausgeschlossen und führt zur Versagung des Vorsteuerabzugs. Die Revision wurde daher zurückgewiesen, da M die Jahreserklärung 2004 erst nach dem 31. Mai 2005 eingereicht hatte.

Es handelt sich um eine Parallelentscheidung zu dem Urteil gleichen Datums V R 41/09. Geklagt hatte in diesem Fall die Ehefrau.  

Hinweis

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde das Seeling-Modell zum 1.1.2011 abgeschafft. Der Vorsteuerabzug für gemischt-genutzte Grundstücke ist jetzt ausgeschlossen, soweit die Steuer nicht auf die Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke entfällt (Einfügung des Abs. 1b in § 15 UStG).

Urteil v. 7.7.2011, V R 42/09, veröffentlicht am 12.10.2011