Methode „Achtsamkeit“: Was steckt dahinter und was soll es Unternehmen bringen?
Die Arbeitswelt befindet sich in einem fundamentalen Wandel, neue Formen von Arbeit und Beschäftigung entstehen. Alle diese Arbeitsformen kennzeichnet eine weitreichende Autonomie und Eigenverantwortung der Beschäftigten.
Achtsamkeit als Teil der Führungskultur
„Einfache“ Arbeitnehmer müssen zunehmend so viel Verantwortung übernehmen wie bislang nur Führungskräfte oder Selbständige. Das ist für viele Beschäftigte eine hohe psychische Belastung, die bei ihnen mittel- und langfristig zum „Burn-out“ führt.
Um die Widerstandskräfte ihrer Mitarbeitenden zu stärken, setzen daher immer mehr Unternehmen im Rahmen einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur auf die Methoden des psychotherapeutischen Konzepts der Achtsamkeit. International renommierte Unternehmen wie Google haben Achtsamkeitstrainings sogar bereits als zentrales Element bei der Weiterentwicklung ihrer Führungskultur fest etabliert.
Achtsamkeit: Wirksamkeit in Studien belegt
Grundlage der Achtsamkeit bilden die von dem amerikanischen Mediziner und Psychologen Jon Kabat-Zinn seit Anfang der siebziger Jahre entwickelten Methoden und Verfahren. Sein „Mindfulness-based-Stress-Reduction“-Programm zur Stressbewältigung (MBSR) hat seitdem weltweit Einzug in medizinische und therapeutische Einrichtungen gehalten.
Die Wirksamkeit von Achtsamkeitsübungen ist von zahlreichen medizinischen Studien mittlerweile bestätigt worden – allerdings nur für den Gesundheitssektor. Bislang gab es noch keine (Langzeit-)Studie, die den Erfolg von Achtsamkeitsmethoden in der Arbeits- und Berufswelt untersucht und bewiesen hätte. Aber zunächst: Was sind die Ziele der Achtsamkeitsmethode?
Achtsamkeit soll den Beschäftigten folgende Vorteile bieten:
- sie lernen mit sich selbst und anderen gegenüber wohlwollend und rücksichtsvoll umzugehen,
- sie finden innere Ruhe und lösen sich von Stress und Druck,
- sie stellen sich Herausforderungen mit Optimismus und wollen diese eigenverantwortlich angehen.
Achtsamkeitskultur – Einfluss auf das gesamte Unternehmen
Weiterhin soll Achtsamkeit Menschen zu gesundheitsbezogenen Verhaltensänderungen motivieren und sei daher ein ideales Instrument für die gesundheitliche Prävention. Durch die konsequente Etablierung einer Achtsamkeitskultur können sich darüber hinaus sogar eine vollkommen neue Arbeits- bzw. Unternehmenskultur in Unternehmen bilden. Um dies zu bewerkstelligen, müsse Achtsamkeit im Betrieb auf drei Ebenen umgesetzt werden: der individuellen Ebene der einzelnen Beschäftigten, der Ebene der Unternehmensführung (Mindful Leadership) sowie der Ebene des gesamten Unternehmens.
Win-win-Situation
Ergebnis der Etablierung einer Achtsamkeitskultur sei eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, weil durch sie die Steigerung der Lebensqualität aller Beschäftigten mit der Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Performance in Einklang gebracht wird. Fühlten sich Beschäftigte in ihren Unternehmen wohl und motiviert, ist die Wahrscheinlichkeit von Krankmeldungen und Kündigungen deutlich geringer, so die Überzeugung. Eine achtsame Unternehmenskultur stärke die Resilienz der einzelnen Beschäftigten sowie der Teams und Arbeitsgruppen des Unternehmens und macht es damit weniger anfällig für Krisen aller Art.
Achtsamkeit = Psychologisches Kapital
Achtsamkeit soll gemäß den Anhängern dieses Konzepts bei den einzelnen Beschäftigten also eine höhere Leistung sowie eine höhere Arbeitszufriedenheit bewirken. Achtsamkeit sei daher „psychologisches Kapital“. Dieses Kapital zahle sich vor allem dann aus, wenn Beschäftigte sich mit problematischen und herausfordernden Situationen am Arbeitsplatz auseinandersetzen müssen.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Während Menschen, die nicht „selbst-achtsam“ sind, eine neue und herausfordernde Situation, die auch mit neuen Konflikten am Arbeitsplatz verbunden sein kann, vorrangig als Bedrohung wahrnehmen, deuten resiliente Menschen diese Situation positiv um. Sie rechneten nicht mit einem persönlichen Scheitern an dieser Herausforderung, sondern sehen in erster Linie die Möglichkeiten und Chancen der neuen Situation – beispielsweise einen Karriereschub, mehr Verantwortung oder eine interessantere und abwechslungsreichere Arbeit.
Achtsamer Führungsstil
Achtsamkeit steht für eine Führung, die mittels Einfühlung, Großzügigkeit und Empowerment bei den Beschäftigten Wohlbefinden und Selbstwirksamkeit fördert. Eine achtsame Führungspersönlichkeit hilft ihren Mitarbeitenden vor allem darin, ihr Vertrauen in die Unternehmensführung und deren Handeln, in die Führungskraft als Person selbst sowie nicht zuletzt in deren Fähigkeiten und Kompetenzen zu stärken.
Dazu müssten Führungskräfte einen Führungsstil entwickeln, dessen Grundlage emotionale und soziale Kompetenz, Menschlichkeit, Authentizität und Offenheit bilden. Mit dieser Haltung unterstützt die Führungskraft nicht nur ihre Mitarbeiter, sondern fördert auch ihre eigene geistige, seelische und körperliche Gesundheit.
Resilienz: Erfolgsfaktor im Veränderungsmanagement
Resilienz in allen Unternehmensbereichen soll sich daher insbesondere in „unsicheren Zeiten“ wie in Phasen des Wandels bezahlt machen: Unternehmen, die durch eine Achtsamkeitskultur resilienter geworden sind, seien in der Lage, mit plötzlichen Veränderungen oder sogar kontinuierlichem Wandel besser und konstruktiver umzugehen als hierarchisch und autoritär geführte, in denen Achtsamkeit keine Rolle spielt.
Achtsame Führungskräfte stellen persönliche Interessen in den Hintergrund, während sie die objektiven Fakten und die gemeinsamen Interessen aller Beschäftigten in den Vordergrund rücken. Damit werden die wahren Probleme und Herausforderungen angegangen und bewältigt, die Arbeit leidet somit nicht an für den Unternehmenserfolg zumeist unproduktiven Macht- bzw. Rangordnungskämpfen der Führungskräfte untereinander.
Achtsamkeit auf allen Ebenen – individuell, in der Führung sowie als Leitbild des gesamten Unternehmens – sei daher ein wichtiger Faktor, so die Verfechter des Achtsamkeitskonzepts, um ein Unternehmen auch im Zuge herausfordernder Veränderungsprozesse widerstandsfähiger und wettbewerbsfähiger zu machen.
Achtsamkeit als Führungskompetenz
Achtsamkeit kann man trainieren
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