Nachhaltigkeit auf Baustellen: Chancen und Herausforderungen


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Nachhaltigkeit auf Baustellen: Chancen und Herausforderungen

Die Bauindustrie steht vor der Herausforderung, Abfall zu minimieren und gleichzeitig Sicherheit und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Ein systematisches Abfallmanagement bietet nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch wirtschaftliche Chancen durch Ressourcenschonung und Unfallvermeidung.

Die Welt versinkt im Abfall, dabei haben wir in Deutschland laut einer Analyse aus dem Jahr 2019 die dritteffizienteste Abfallwirtschaft der Welt. Baustellen bilden bei Abfällen keine Ausnahme. Überall dort, wo neu gebaut, aus- oder umgebaut und saniert wird, fallen unweigerlich immer feste und flüssige Baustellenabfälle an. Die Baubranche bzw. der Bausektor ist mit Abstand einer der ressourcen- und abfallintensivsten Bereiche – im Jahr 2020 machten Bau- und Abbruchabfälle laut Statistischem Bundesamt/Umweltbundesamt mit rund 220 Millionen Tonnen einen hohen Teil des gesamten Brutto-Abfallaufkommens in Deutschland aus.

Zahlreiche Vorschriften für Einzelfälle


Dabei sind auch für Baustellen die Themen Lagerung bis zur finalen Entsorgung und die Wieder- bzw. Weiterverwendung von Abfällen wichtig. Und der Arbeitsschutz darf dabei nicht vergessen werden! Die Baustellenbeschäftigten sind einer Vielzahl von unterschiedlichen mechanischen, chemischen und anderen Gefährdungen ausgesetzt.

Das Thema kann sehr komplex werden und es ist Sachverstand von unterschiedlichen Ebenen (fachlich, rechtlich, unternehmerisch) notwendig. Die Verantwortlichen müssen sich immer über die gesetzlichen Vorgaben und Vorschriften informieren. Die Besonderheiten ergeben sich stets aus den Einzelfällen, daher kann aus diesem Beitrag kein Anspruch auf Vollständigkeit abgeleitet werden.

Recyclinggerechter Baubetrieb mit dem SOS-Prinzip

Unternehmen sind verpflichtet, Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten. Viele verweisen dabei auf ihre papierbasierten Erklärungen zur Einhaltung von umweltrelevanten Sorgfaltspflichten. Das heißt aber leider nicht, dass es in der Baustellenpraxis stets so läuft, auch wenn das Recycling von Abfällen auf Baustellen eine wichtige, nachhaltige und auch gesetzliche Praxis darstellt.

Ein recyclinggerechter Baustellenbetrieb bedeutet auch immer das Arbeitsschutzprinzip S + O = S: Durch Sauberkeit (S) und Ordnung (O) entsteht Sicherheit (S). Hilfreich kann da eine Betriebsanweisung für Ordnung und Sauberkeit auf der Baustelle sein. Entsprechende Vorlagen sind bei den Berufsgenossenschaften zu finden. Aus praktischen Arbeitsschutzerfahrungen lässt sich festhalten, dass eine unsaubere Baustelle mit einer unsicheren Baustelle gleichzusetzen ist!

Nur wenige Baustellen sind ausreichend sensibilisiert für Themen wie Nachhaltigkeit, Abfallvermeidung und Entsorgung bzw. haben schlüssige Konzepte mit ausgebildeten bzw. sachkundigen Experten (z. B. Gefahrstoffbeauftrage, Abfallbeauftragte Baustelle) vor Ort etabliert. Die Folge davon sind Unfälle und Umweltverstöße. Nachhaltigkeit wird immer dann großgeschrieben, wenn es zuvor Probleme mit staatlichen Stellen gab oder wenn im Vorfeld Zeit und Geld (insbesondere von Kundenseite) dafür eingeplant wurden. Wird das Thema Abfall auf Baustellen richtig angefasst, stecken große Chancen für den Arbeitsschutz, Kostenvermeidung und Nachhaltigkeit darin.

Ziele im Umgang mit Bauabfällen

Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen drei Ziele im Umgang mit Bauabfällen setzen:

  1. Entstehung möglichst vermeiden: Durch die Erhaltung der bestehenden Bausubstanz und die Auslegung von Konstruktionen auf eine lange Nutzungsdauer lässt sich Abfall vermeiden. Beim Bau sollte mit realistischen Bestellmengen  geplant werden. Wird falsch oder zu viel bestellt, bleiben diese Materialien oft liegen und werden im Laufe des Bauvorhabens bei Nichtverwendung schnell unnötig bzw. am Ende als „Schrott“ entsorgt/verkauft. Auf Baustellen wird von Surplus-Materialien gesprochen, also Überschussmaterialien, die keinen Nutzen mehr haben. Dies umfasst in aller Regel veraltete Materialien sowie falsche und überschüssige Materialien.
  2. Nicht vermeidbare Abfälle im Wirtschaftskreislauf halten – etwa durch eine recyclinggerechte Konstruktion, einen recyclinggerechten Baustellenbetrieb und Abbruch.
  3. Beseitigung von Bau- und Abbruchabfällen auf das notwendige Maß beschränken, respektive umweltgerecht umsetzen.

Pyramide der Reststoffverwertung

Eine einfache Übersicht gibt die Reststoffmengenverwertungs-Pyramide:

Baustellenabfallpyramide

Eine Grundlage eines sicheren recyclinggerechten Baustellenbetriebs ist es, einzelne Fraktionen bereits mit Baustellenbeginn in gekennzeichneten Baustellencontainern systematisch und unfallfrei zu verbringen. Wenn das Thema nicht von Anfang an einen Schwerpunkt bildet, wird allzu oft nach dem Motto: „Weg damit, egal wie, es stört – aus den Augen, aus dem Sinn“, gehandelt. Das heißt im Umkehrschluss, dass die zuvor genannten Chancen (Arbeitsschutz, Nachhaltigkeit, monetäre Aspekte) verpasst werden. Mit rechtzeitigen internen und externen Kontrollen lässt sich mit etwas „Druck“ nachhelfen, sich anders aufzustellen.

Verwertungs- und Entsorgungswege von Bauabfällen

Es gibt eine große Zahl an Gesetzen, Vorschriften und Informationen zum Thema „Abfall“. Für jede Art von Abfall gibt es gefühlt eine eigene Vorschrift, wie damit umzugehen ist.

Die Inhalte von Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht sind auf den ersten Blick nicht immer gut zu verstehen. Einige vereinfachte Definitionen und Erläuterungen können helfen, das Thema Baustellenabfälle einzuordnen:

Einordnung von Baustellenabfällen


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Schlagworte zum Thema:  Arbeitsschutz, Abfallmanagement, Baugewerbe