Homeoffice-Unterweisung: Lernerfolg durch digitale „Live-Schalte“


Homeoffice-Unterweisung: Lernerfolg durch digitale „Live-Schalte“

Seit Frühjahr 2020 wurden viele Mitarbeiter:innen von ihren Unternehmen ins Homeoffice geschickt. Wie aber sollen Unterweisungen mit Beschäftigten auf mobilen Arbeitsplätzen auf eine mündliche und persönliche Art und Weise durchgeführt werden, wenn diese dafür nicht in das Unternehmen kommen können oder dürfen?

Live-Unterweisungen über Konferenzschaltungen bieten hier eine zeitgemäße und lösungsorientierte Antwort.

Wer muss zum Homeoffice unterwiesen werden?

Alle Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, müssen nach § 12 Arbeitsschutzgesetz vom Arbeitgeber vor der Aufnahme der Tätigkeit im Homeoffice – sowohl für Telearbeit als auch für mobiles Arbeiten – unterwiesen werden.

Inhalte der Unterweisung für mobiles Arbeiten

Für Telearbeitsplätze ist in § 6 Arbeitsstättenverordnung die Unterweisung konkretisiert – beispielsweise Unterweisung anhand der Gefährdungsbeurteilung oder Unterweisung zu Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Die konkreten Inhalte hängen weiterhin primär von den spezifischen Verhältnissen im Homeoffice und den dort zu verrichtenden Tätigkeiten ab.

In jedem Falle gehören aber die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes, die gesundheitsorientierte Anwendung der Arbeitsmittel sowie Grundlagen zu ergonomisch richtigen Sitz- und Körperhaltungen bei der Arbeit zu den Kerninhalten einer jeden Unterweisung für das Homeoffice. Auch der korrekte Gebrauch der am Arbeitsplatz befindlichen Informations- und Kommunikationstechnik, beispielsweise des Headsets, ist hierbei ein wesentlicher Bestandteil einer digitalen Unterweisung für Beschäftigte im Homeoffice.

Diese angesprochenen Inhalte sollten ganz auf die konkrete Situation vor Ort im Homeoffice angepasst werden. Die Informationen über die Vor-Ort-Verhältnisse gehen aus der Gefährdungsbeurteilung hervor und/oder aus Gesprächen mit den Beschäftigten vor ihrer „Versetzung“ (Achtung: die Arbeit im Homeoffice ist im rechtlichen Sinne keine Versetzung!) in das Homeoffice.

Unternehmen sollten schließlich bedenken, dass ihre Mitarbeiter im Homeoffice viel mehr Eigenverantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen müssen als ihre Kollegen im Unternehmen. Daher müssen sie über die Planung, Einhaltung und Durchführung von Ruhe- und Bewegungspausen sowie Gefährdungen insbesondere bei psychosozialer Belastung im Vorfeld genaustens informiert werden.

Unterweisung im Homeoffice – Datenschutz und Betriebsrat

Was sind die Grundvoraussetzungen für digitale Unterweisungen für Personen auf Telearbeitsplätzen? Zunächst muss der Datenschutz beachtet werden, insbesondere, wenn externe digitale Tools oder die Kamerafunktion „vor Ort“ genutzt werden. Zum anderen sollten bei Planung von Online-Unterweisungen Betriebsräte und Personalräte frühzeitig eingebunden werden.

Onlinekompetenz und Gruppengröße bei Unterweisungen für Mobilarbeiter

Bei digitalen Unterweisungen sollte besonderes Augenmerk auf der Frage der Gruppengröße liegen. Die Unterweisung eines einzelnen Beschäftigten im Homeoffice wäre zeitökonomisch zu aufwendig und ineffizient für den betrieblichen Unterweiser. Daher sollten mindestens drei oder vier Beschäftigte einer Live-Onlineunterweisung beiwohnen.

Doch sollten die Gruppengrößen für Live-Unterweisungen möglichst unter zehn Teilnehmern bleiben und höchstens 15 Personen betragen. Der Grund: Gerade wenn man auch das Verständnis der Teilnehmer für die Unterweisungsziele erreichen möchte (und nicht nur das Wissen um die Fakten), wird bei Teilnehmerzahlen über zehn die Zeit, um den bei jedem einzelnen der teilnehmenden Personen tatsächlich den Lern- und Verständniserfolg sicherzustellen, zu knapp. Bei über 15 Teilnehmern wird der Lernerfolg fast schon unmöglich.

Eine weitere Grundvoraussetzung: Die beste Online-Liveunterweisung hilft nichts, wenn die Teilnehmer nicht über die Kompetenz verfügen, mit der dafür notwendigen Technologie umzugehen. Diese Beschäftigten müssen daher vor der ersten Unterweisung entsprechend geschult werden.

Im Vorfeld der Homeoffice-Unterweisung: Absprachen und Regeln

Es ist hilfreich, gleich zu Beginn der Unterweisung einige Absprachen zu treffen bzw. Regeln zu vereinbaren. Besonders wichtig ist dabei ein Absprachemechanismus, um sicherzustellen, dass bei allem Teilnehmern die Technik problemlos funktioniert und daher im Laufe der Unterweisung keine technischen Störungen zu erwarten sind. Typische Abstimmungen vor Beginn der Unterweisung regeln zum Beispiel folgende Situationen:

  • Ist das Mikro an- oder ausgeschaltet?
  • Sind die Bilder vom Unterweiser/anderen Unterwiesenen an- oder ausgeschaltet?
  • Es gibt technische Probleme: Wie geht der Beschäftigte im Homeoffice die Probleme an?

Für die Durchführung der Unterweisung selbst sollten im Vorfeld folgende Punkte geklärt sein:

  • Der Teilnehmer möchte in der Unterweisung einen Kommentar abgeben, will dabei anderen Personen aber nicht ins Wort fallen. Wie muss er vorgehen?
  • Der Teilnehmer möchte kurz seinen Arbeitsplatz verlassen. Wie soll er sich abmelden und bei der Rückkehr wieder anmelden?

Interaktionen während der Homeoffice-Unterweisung

Der Unterweisende kann folgende Möglichkeiten nutzen, um seine Unterweisung besonders effizient zu gestalten sowie Wissen und Verständnis der Teilnehmer möglichst genau zu erfragen:

  • Offene Fragen an die Teilnehmer: Mit offenen Fragen an die Teilnehmer erhält der Unterweiser einen Überblick, welche Probleme und Gefährdungen seit der letzten Unterweisung bei der Arbeit im Homeoffice aufgetreten sind.
  • Ja/Nein-Fragekatalog: Bei Wissensfragen oder Fragen zu Meinungen zu einem bestimmten Sachverhalt, können die Teilnehmer mit einfachen Antworten wie Plus/Minus oder Daumen hoch/runter dem Unterweiser schnell und deutlich ein Feedback geben.
  • Multiple-Choice-Umfragen: Ähnlich schnell lassen sich Wissen und Meinungen mit einer Multiple-Choice-Umfrage abfragen. Wenn diese im Unternehmen nicht zur Verfügung stehen, können Unterweiser entsprechende Vorlagen auf Plattformen wie Mentimeter.com oder Answergarden.ch nutzen.
  • Bildschirm teilen: Durch Snap-Funktionen kann der Bildschirm in mehrere Bildschirme unterteilt werden. Damit ist es dem Unterweiser unter anderem möglich, Fotos von Gefährdungen und Lösungen im Betrieb oder Betriebsanweisungen zum Mitlesen für alle Teilnehmer anzuzeigen.
  • Chatfunktionen nutzen: Die Chatfunktion kann wie ein Flipchart genutzt werden. Die Teilnehmer können ihre Anmerkungen, Ideen und Meinungen zu einem Thema in den Chat schreiben. Das hat den unter anderem den Vorteil, dass die Teilnehmer schriftlich einen Kommentar zu Inhalten der Unterweisung einbringen können, ohne dafür Redezeit zu beanspruchen.
  • Kamerafunktion für Praxistest: Mit einer geteilten Kamerafunktion können die Unterweisungsteilnehmer dem Unterweiser problemlos demonstrieren, ob sie die theoretischen Inhalte auch in der betrieblichen Praxis umsetzen können. Umgekehrt können die Unterweisenden beispielsweise mit einem Laptop oder einem Smartphone an jeden Ort im Betrieb gehen, um den Teilnehmern im Homeoffice bestimmte Unterweisungsinhalte optisch zu verdeutlichen und zu erklären.

Dokumentation der Homeoffice-Unterweisung

Wie die Teilnehmer ihre Anwesenheit in der Unterweisung dokumentieren, ist eine weitere wichtige Frage. Die Ideallösung ist es, mit einer Software zu arbeiten, die die Möglichkeit digitaler Unterschriften beinhaltet. Einige Lösungen, speziell für Konferenzen, bieten zudem die Möglichkeit, dass der Unterweisende die Teilnehmerliste herunterladen kann. So hat dieser kontinuierlich den Überblick, welcher Teilnehmer gerade zugeschaltet ist und wer nicht. Denn Personen, die im Homeoffice beispielsweise kurz den Raum verlassen und daher die Unterweisung für ein paar Minuten nicht mehr verfolgen, können sich beim System abmelden und bei Rückkehr an den Arbeitsplatz wieder anmelden. Verfügt man nicht über derartige Software-Lösungen, kann alternativ jeder Teilnehmer eine Vorlage unterschreiben und diese gescannt per Mail oder per Post dem Unterweiser im Betrieb zusenden.

Berufsgenossenschaften skeptisch

Die Berufsgenossenschaften sind trotz der oben genannten technischen Möglichkeiten nach wie vor skeptisch. Daher warnen sie Arbeitgeber davor, sich auch für den Fall auf elektronische Unterweisungen zu verlassen, wenn diese interaktive Dialogfunktionen besitzen. Die Notwendigkeit von Unterweisungen im Dialog-Modus und die Relevanz von unmittelbarem persönlichem Kontakt zwischen Unterweiser und Unterwiesenen könne durch die Online-Interaktivität nicht vollständig den Dialog in einem „analogen“ Schulungs- oder Besprechungsraum ersetzen.

Die BG ETEM beispielsweise weist darauf hin, dass bei der digitalen Interaktion der Beschäftigte die Beantwortung der Fragen beliebig oft wiederholen könne, sodass es für den Unterweisenden nicht vollständig nachvollziehbar ist, ob die Informationen wirklich verstanden wurden. Wissensfragen zu beantworten, so die Berufsgenossenschaft, reiche nicht aus, da damit nicht automatisch auch das Verständnis für richtiges Verhalten überprüft werden kann.

Homeoffice-Unterweisung: Tipp

Im Haufe Arbeitsschutz Office Professional finden Sie fertig vorbereitete Unterweisungsfolien zum Thema Gesund arbeiten im Homeoffice. Er enthält u. a. Informationen zum Einrichten der Arbeitsumgebung, zum gesunden Aufbau des Arbeitsplatzes, zur Arbeitszeit und Erreichbarkeit, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum Datenschutz u. v. m.

Schlagworte zum Thema:  Unterweisung, Homeoffice, Arbeitsschutz