Leasing und Umsatzsteuer
Praxis-Hinweis: Für umsatzsteuerliche Lieferung muss Eigentumsübergang stattfinden
Die Bedeutung des BMF-Schreibens (BMF, Schreiben v. 18.3.2020, III C 2 - S 7100/19/10008 :003, am 23.3.2020 veröffentlicht) liegt darin, dass die Regelungen im UStAE an die Rechtsprechung des EuGH angepasst werden. Da dem EuGH die letzte Kompetenz über die Auslegung des harmonisierten Umsatzsteuerrechts zusteht, ist diese Anpassung nur folgerichtig. Da die Entscheidung schon vom Oktober 2017 resultiert, hat sich das BMF sogar viel Zeit gelassen.
Der Kern der Entscheidung des EuGH und damit nunmehr auch explizit des UStAE ist,
- dass umsatzsteuerlich für die Annahme einer Lieferung erforderlich ist,
- dass bereits bei Vertragsschluss feststeht,
- dass das Eigentum an einem Gegenstand bei planmäßiger Vertragsdurchführung übergeht.
Beim Kauf unter einem Eigentumsvorbehalt ist dies etwa immer der Fall.
Diesem Fall wird der Fall gleichgestellt, dass der Leasingnehmer/Mieter das Eigentum gegen Zahlung eines lediglich symbolischen Optionspreises erwerben kann.
Einem symbolischen Optionspreis wird ein Vertrag mit Kaufoption des Leasingnehmers/Mieters gleichgestellt: Nach diesem erscheint „die Ausübung der – formal zwar völlig unverbindlichen – Kaufoption angesichts der finanziellen Vertragsbedingungen in Wirklichkeit als die einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer“.
Der Vertrag darf also dem Leasingnehmer keine „echte wirtschaftliche Alternative" in dem Sinne bieten, dass er zu dem Zeitpunkt, an dem er eine Wahl zu treffen hat, je nach Interessenslage den Gegenstand entweder erwerben, dem Leasinggeber zurückgeben oder weiter mieten kann. Sein Ergebnis begründet der EuGH mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass diese Regelungen nur für die umsatzsteuerliche Behandlung gelten. Nach dieser Änderung des UStAE ist die umsatzsteuerliche Behandlung des Leasings nicht mehr in voller Übereinstimmung mit den Leasingerlassen des BMF, die bereits seit vielen Jahren die bilanzielle Zurechnung von Leasinggegenständen regeln. Eine Vereinheitlichung wäre hier wünschenswert.
Wann bei einem Leasingvertrag eine Lieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt
Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH war die Frage, wann bei einem Leasingvertrag eine Lieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt. Mit Urteil vom 04.10.2017 (Rs. C-164/16 Rechtssache Mercedes-Benz Financial Services UK Ltd) hat sich der EuGH zu der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Frage geäußert: Wie ist die in Art. 14 Abs. 2 Buchstabe b MwStSystRL verwendete Formulierung "Mietvertrag, der die Klausel enthält, dass das Eigentum unter normalen Umständen spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird" auszulegen? Dies hat Bedeutung für die Frage, wann eine Lieferung vorliegt.
Der EuGH entschied hierbei, dass für die Annahme einer Lieferung 2 Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
- Der Vertrag, aufgrund dessen die Übergabe des Gegenstands erfolgt, muss ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthalten. Das Gericht konkretisiert hierbei, wann diese Voraussetzung erfüllt ist: Der Vertrag muss eine Kaufoption für den Leasinggegenstand vorsehen.
- Aus den – im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung und objektiv zu beurteilenden – Vertragsbedingungen muss zudem deutlich hervorgehen, dass das Eigentum am Gegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertragsablauf planmäßig ausgeführt wird.
Der Vertrag darf dem Leasingnehmer damit keine echte wirtschaftliche Alternative bieten, je nach Interessenlage den Gegenstand zu erwerben, zurückzugeben oder weiter zu mieten. Bei einer im Vertrag enthaltenen – formal zwar völlig unverbindlichen – Kaufoption ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn angesichts der finanziellen Vertragsbedingungen die Optionsausübung zum gegebenen Zeitpunkt in Wirklichkeit als einzig wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit für den Leasingnehmer erscheint.
Wesentlicher Inhalt der Änderung des UStAE
Das BMF erläutert in seinem Schreiben die Voraussetzungen, die sich aus der oben genannten Entscheidung des EuGH ergeben, und stellt hierbei fest, dass Abschnitt 3.5 Abs. 5 und 6 UStAE teilweise nicht im Einklang mit der EuGH Entscheidung steht. Deshalb ist der UStAE in der derzeitigen Fassung nicht mehr anwendbar. Die entsprechenden Abschnitte des UStAE werden deshalb mit dem Schreiben zur Anpassung an die vorstehenden Ausführungen des EuGH geändert. Abs 6 betrifft hierbei den Sonderfall des sog. Cross-Border-Leasing, bei dem die Überlassung des Gegenstands grenzüberschreitende erfolgt. Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind hierbei auf alle offenen Fälle anzuwenden. Für Zwecke des Vorsteuerabzugs wird es jedoch für vor dem 18.3.2020 abgeschlossene Leasing- und Mietverträge nicht beanstandet, wenn die alte Fassung noch angewandt wird.
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