Steuerberater muss trotz Verjährung Schadensersatz bezahlen

Auch Steuerberatern unterlaufen immer wieder eklatante Beratungsfehler mit teuren Folgen für Mandanten. Ein Urteil des BGH hilft nun Betroffenen. Selbst bei einer Verjährung können sie Schadensersatz fordern.

Wenn Steuerbescheide bestandskräftig werden, mit denen ein Steuerzahler nicht einverstanden ist, liegt das nicht immer daran, dass das Finanzamt kein Einsehen zeigte mit den Einwänden. Wie ein Streitfall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zeigt, kommt es immer wieder vor, dass Steuerberater die Quelle mancher Fehler sind. Das Bemerkenswerte an den Urteil der BGH-Richter: Selbst eine Verjährungsfrist schützt einen Steuerberater nicht vor einem Schadensersatzanspruch (BGH, Urteil vom 14.11.2013, IX ZR 215/12).

Zum Hintergrund

Eine GbR hatte nach dem Verkauf eines Grundstücks eine Steuerberatungsgesellschaft beauftragt, gegen den Feststellungsbescheid mit einem Veräußerungsgewinn von 190.718 Euro vom 5. März 2003 Einspruch einzulegen. Daraufhin schickte die Steuerberatungsgesellschaft der GbR eine Abschrift des Einspruchsschreibens, aus dem hervorging, dass sie gegenüber dem Finanzamt die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung des Spekulationsgewinns mit Blick auf das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001 moniert und die Aussetzung des Vollzugs beantragt hatte. Die GbR konnte also davon ausgehen, dass der Einspruch auf gutem Wege ist. Tatsächlich schickte die Beratungsgesellschaft den Einspruch aber nicht ans Finanzamt, sodass der Feststellungsbescheid bestandskräftig wurde.

Folge: Die beiden Gesellschafter der Grundstücks-GbR erhielten die jeweiligen Einkommensteuerbescheide mit einer hohen Steuernachzahlung. Von der Steuerberatungsgesellschaft folgte die nächste Beruhigungspille: Der Feststellungsbescheid sei nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums nur vorläufig, schrieb sie ihren Mandanten. Aber auch das stimmte nicht. Denn das Finanzamt lehnte die Aufnahme des Vorläufigkeitsvermerks im Feststellungsbescheid ab, was der Steuerberater gegenüber seinen Mandanten wiederum verschwieg.

Wende nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Ans Tageslicht kamen diese Unregelmäßigkeiten aber erst, als das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2010 das Steuerentlastungsgesetz tatsächlich für verfassungswidrig erklärte. Nun erfuhren die beiden GbR-Gesellschafter, dass der Feststellungsbescheid entgegen den Informationen der Steuerberatungsgesellschaft nicht vorläufig war. Inzwischen hatte eine Nachfolgegesellschaft die Beratung der GbR übernommen. Gegen sie erhoben die Gesellschafter im Jahr 2011 Klage auf Schadensersatz.

Nachdem das Landgericht und das Oberlandesgericht die Schadensersatzpflicht mit Blick auf die bis 2004 geltenden Verjährungsfristen von drei Jahren ab Bestandskraft des Steuerbescheids abgelehnt hatten, kam die Wende vor dem BGH. Denn die BGH-Richter stellten sich mit klaren Worten hinter die beiden Kläger. So könne sich die Steuerberatungsgesellschaft wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Verjährung berufen. Die Richter gingen wegen der falschen und unvollständigen Informationen an die Mandanten außerdem von einem besonders groben Verstoß aus. Die Nachfolgegesellschaft müsse sich außerdem gemäß § 278 BGB auch die irreführenden Auskünfte zurechnen lassen, die die GbR-Gesellschafter nach der Übernahme des Mandats weiterhin erhalten hatten.

Praxistipp

Vertrauen ist gut, Kontrolle manchmal besser. Möglicherweise hätten die Kläger dem Fehlverhalten der Steuerberatungsgesellschaft früher auf die Schliche kommen können, wenn sie darauf gedrungen hätten, den Schriftverkehr inklusive der Antworten des Finanzamts einsehen zu können. Insbesondere hätten sie so früher erfahren können, dass das Finanzamt den Vorläufigkeitsvermerk abgelehnt hatte.