Immer mehr Pendler: Wohnung außerhalb der Stadt gesucht
In Deutschland gibt es immer mehr Pendler, die aus dem Umland zum Arbeiten in die Stadt fahren. Die Zahl ist laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) innerhalb eines Jahres um rund 700.000 gestiegen. Regional sind die Zahlen unterschiedlich.
"Vor allem im weiteren Umland der Arbeitsmarktzentren München, Stuttgart, Frankfurt am Main und Hamburg beobachteten wir nach Jahren der Stagnation wieder einen Anstieg der Pendeldistanzen", sagt BBSR-Experte Thomas Pütz. Unabhängig davon hat sich der Landtag in Schleswig-Holstein am 12. Oktober auf einen Antrag für mehr kleine Wohnungen in den Dörfern geeinigt.
Wohnen im Umland: Pendler nehmen längere Strecken in Kauf
Zum Stichtag 30.6.2022 arbeiteten laut BBSR 20,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland nicht in der Kommune, in der sie wohnten. Der Pendleranteil stieg leicht um einen halben Punkt auf 60 Prozent. Gerade die Zahl von Menschen, die einen längeren Weg zur Arbeit in Kauf nehmen, ist gestiegen. 7,1 Millionen fuhren mehr als 30 Kilometer – eine halbe Million mehr als ein Jahr zuvor. Mehr als 50 Kilometer legten 3,9 Millionen Deutsche zurück, nach 3,6 Millionen im Jahr zuvor. Der durchschnittliche einfache Arbeitsweg stieg dem Institut zufolge von 16,9 Kilometer auf 17,2 Kilometer.
Die weitesten Pendlerwege aller Kreise, Landkreise und Städte nahmen Menschen aus Ludwigslust-Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) auf sich. Sie legten im Schnitt 27,4 Kilometer zurück. Mit 27,3 Kilometern unmittelbar dahinter folgt der Altmarkkreis Salzwedel (Sachsen-Anhalt), vor Märkisch Oderland (Brandenburg) mit 27,2 Kilometern und Landsberg am Lech (Bayern) mit 27 Kilometern.
Experte: Zahl der Pendler wird durch Homeoffice noch steigen
Unter den deutschen Großstädten hat München die größte Anziehungskraft für Pendler: 444.000 fahren laut BBSR zum Arbeiten in die Stadt. Dahinter folgen Frankfurt am Main (397.000), Berlin (382.000) und Hamburg mit 378.000. In München ist die Zahl der Einpendler damit innerhalb von zehn Jahren um mehr als 100.000 gestiegen.
"Das deutet darauf hin, dass auch weiter entfernt liegende Klein- und Mittelstädte für Beschäftigte als Wohnorte zunehmend attraktiv werden – zumal Homeoffice und andere Formen der mobilen Arbeit mehr Flexibilität ermöglichen", so Pütz. Er geht allerdings davon aus, dass der Homeoffice-Schub durch Corona sich in den Pendlerzahlen noch nicht stark zeigt. Dafür sei der Stichtag Mitte 2022 zu früh. Die kommenden Jahre würden hier aber spannend.
Schleswig-Holstein: Koalition will Wohnungsbau in Dörfern stärken
Mehr kleine Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in den Dörfern unter anderem für junge Leute – das will die schwarz-grüne Koalition in Schleswig-Holstein. Darauf zielt ein Antrag ab, den der Landtag am 13. Oktober einstimmig beschlossen hat. Kritik kommt aus der Opposition.
Der wohnbauliche Entwicklungsrahmen soll bei der nächsten Änderung des Landesentwicklungsplanes überarbeitet werden, um den Geschosswohnungsbau zu erleichtern. Als Richtgröße sollen 50 Quadratmeter Wohnfläche pro eigenständige Wohneinheit dienen.
"Es muss mehr gebaut werden", sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). 2019 bis 2022 seien in Schleswig-Holstein rund 26.000 neue Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entstanden. Das seien fast 50 Prozent aller neuen Wohnungen im Land. Es fehlten unter anderem bezahlbare Wohnungen für junge Leute, die in einer Ausbildung oder im Studium sind. Und diese sollten nicht nur in den Städten entstehen, sondern auch im ländlichen Raum und in kleinen Gemeinden.
Skeptisch äußerte sich Thomas Hölck von der oppositionellen SPD. Wohnungen gehörten dorthin, wo sie gebraucht werden. Im ländlichen Raum sei das überwiegend nicht der Fall. Auch am Hamburger Rand würden im ländlichen Raum Wohnungen benötigt, sagte die Grüne Eka von Kalben. Der Wohnungsmarkt befindet sich nach Einschätzung der Koalition in einer angespannten Situation.
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