Konkurrenz um teure Studentenbuden schreckt Talente ab
Die angespannte Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt verschärft sich weiter – die Bauzinsen sind zwar zuletzt leicht gesunken, aber immer noch so hoch, dass der Kauf von Wohneigentum für viele Haushalte unerschwinglich bleibt. Damit steigt die Konkurrenz um die wenigen Mietwohnungen, auch in den Hochschulstädten.
Der MLP Studentenwohnreport 2024, den der Finanzdienstleister in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) am 25. September vorgestellt hat, verzeichnet in 37 von 38 analysierten Hochschulstandorten zum Teil massive Preissteigerungen – im Schnitt sind die Mieten im Jahr 2023 gegenüber 2022 um 5,1 Prozent gestiegen.
Mietmarkt: Immer weniger Wohnungen inseriert
Der Blick auf die verschiedenen Hochschulstandorte zeigt, dass in Berlin (9,4 Prozent) und Leipzig (9,3 Prozent) die stärksten Anstiege zu verzeichnen waren. Die geringsten Zuwächse weisen Würzburg und Tübingen (beide 1,6 Prozent) auf; in Heidelberg stagniert das Mietniveau.
Ein Grund für die dynamische Preisentwicklung ist das sinkende Wohnungsangebot. An 29 der 38 untersuchten Standorte beobachten die Studienautoren eine negative Entwicklung bei inserierten kleinen Wohnungen und Wohngemeinschaften (WGs) – besonders stark in Jena, Münster und Freiburg im Breisgau, wo die Zahl der Inserate um 20 Prozent und mehr zurückgegangen ist.
Die Zahl der öffentlich inserierten Wohnungen sinkt insbesondere deswegen, weil wegen der schwierigen Lage am Wohnungsmarkt aktuell weniger Haushalte umziehen und viele Vermieter, die auf der Suche nach neuen Mietern sind, bereits im privaten Umfeld fündig werden. Es gibt aber Ausnahmen: So ist das Angebot in Würzburg und Kiel (beide elf Prozent), Rostock (13 Prozent) und überraschenderweise Berlin (30 Prozent) gegen den Trend angestiegen.
Studentische Musterwohnung: Teure Miete, günstige Miete
Nachdem im MLP-Report 2023 Frankfurt am Main an die Spitze gerückt ist, ist in der aktuellen Ausgabe wieder München der teuerste Studienort. Eine 30 Quadratmeter große studentische Musterwohnung kostet dort mittlerweile 807 Euro warm. Mit Abstand folgen Berlin (678 Euro) auf dem zweiten Platz sowie Frankfurt am Main auf drei und Stuttgart auf vier (beide 674 Euro). In Ostdeutschland können Studierende immer noch deutlich preiswerter wohnen, etwa in Chemnitz und Magdeburg, wo eine Musterwohnung nur 263 Euro beziehungsweise 333 Euro pro Monat kostet.
Ab dem Wintersemester 2024/25 wird der Bafög-Wohnzuschlag im Höchstsatz von 360 auf 380 Euro erhöht. Nach Auffassung der Autoren wird das aber nicht für eine spürbare Entlastung sorgen – der Betrag reicht nur in Chemnitz und Magdeburg noch für eine Musterwohnung aus. Über die Standorte hinweg zeigt sich eine ausgeprägte Heterogenität bezüglich der Wohnfläche, die man theoretisch für den Zuschuss bekommen könnte: In München sind es nur 15 Quadratmeter (Median-Kaltmiete), während der gleiche Betrag in Chemnitz für 63 Quadratmeter ausreicht.
"Die staatlichen Hilfen können mit den schnell steigenden Kosten nicht Schritt halten", sagt IW-Immobilienexperte Prof. Michael Voigtländer. "Zudem erhält nur ein kleiner Teil der Studierendenschaft diese Unterstützung. Sowohl aus sozialen als auch aus wirtschaftlichen Gründen braucht es daher dringend mehr Impulse für den Wohnungsbau."
Wohnkosten: Standortrisiko für Deutschland
Als innovations- und forschungsstarker Wirtschaftsstandort ist Deutschland den Experten zufolge auf gut ausgebildete Akademiker angewiesen. Der demografische Wandel sorge schon heute für eine eklatante Fachkräftelücke, die sich mit Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand weiter vergrößern werde. Einen Teil der Lösung sieht das IW in der gezielten Ausbildung internationaler Studierender.
Zwischen dem Wintersemester 2012/13 und 2022/23 hat sich die Zahl der internationalen Studierenden an deutschen Hochschulen fast verdoppelt. Die Mehrheit kommt aus Drittstaaten und studiert überproportional häufig im MINT-Bereich.
"Die demografischen Herausforderungen und der internationale Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte nehmen an Schärfe weiter zu", erklärt Dr. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP SE. Man müsse gerade auch internationalen Studierenden nicht nur exzellente Studienangebote machen, sondern ebenso den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erleichtern. "Nur so bleibt Deutschland auch in Zukunft ein attraktiver Standort für akademische Talente."
MLP Studentenwohnreport 2024 (Download)
Über den MLP Studentenwohnreport
Der MLP Studentenwohnreport wird seit 2019 jährlich gemeinsam vom Finanzdienstleister MLP und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) herausgegeben. Die Immobilienexperten des IW haben dafür Daten zum Mietmarkt für studentisches Wohnen analysiert. Die Erfahrungen und die Expertise von MLP in der Standortanalyse bei Immobilien sind in den Report eingeflossen. Die analysierten Daten werden von der Value AG bereitgestellt.
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