BelWertV-Novelle: Bafin passt Beleihungswerte an

Die Bafin hat die neuen Regeln der sogenannten BelWertV veröffentlicht. Mit der Novelle der Verordnung über die Ermittlung des Beleihungswerts bei Immobilien sinken unter anderem die Kapitalisierungssätze. Damit hat die Finanzaufsicht Forderungen der Pfandbriefbanken umgesetzt.

Die Novelle der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) wurde von der Bafin am 4. Oktober veröffentlicht und trat am 8.10.2022 in Kraft. Die Anpassungen sollen die Rahmenbedingungen für die Beleihungswertermittlung erleichtern  "damit ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Immobilienbewertung zurückgelegt", sagte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp). Er sieht allerdings weiteren Optimierungsbedarf.

Die BelWertV gilt in Deutschland seit dem 1.8.2006 und gibt einheitliche verbindliche Regelungen für alle Hypothekenbanken vor, die bis dahin jeweils eigene Vorschriften zur Ermittlung der Beleihungswerte entwickelt hatten, die wiederum von der Bafin genehmigt werden mussten.

Kapitalisierungssätze: An Zinsniveau angepasst

Zu den wesentlichen Neuerungen in der BelWertV zählen die Pfandbriefbanken die Anpassung der Mindestkapitalisierungssätze. Zuvor galten starre Zinssätze von mindestens fünf Prozent für Wohnimmobilien und sechs Prozent für Gewerbeimmobilien. Nun greift ein dynamisches Modell: Die Sätze richten sich zu einem festen Stichtag nach der Verzinsung der 30-jährigen Bundesanleihe, zu der ein Risikozuschlag in Höhe von drei Prozent (Wohnimmobilien) und vier Prozent (Gewerbeimmobilien) addiert wird. Dabei sind Ober- und Untergrenzen vorgesehen: Die Zinssätze für Wohnimmobilien liegen zwischen 3,5 und 5,5 Prozent, für Gewerbeimmobilien zwischen 4,5 und 6,5 Prozent.

Die Koppelung der Mindestkapitalisierungszinssätze an die allgemeine Zinsentwicklung hatte der vdp im Vorfeld gefordert. "Das neue Modell greift eines unserer wesentlichen Petita auf. Es führt in vielen Marktphasen zu sachgerechteren Kapitalisierungssätzen", sagte Tolckmitt.

Kleindarlehen: Grenze auf 600.000 Euro erhöht

Auch Erleichterungen im Kleindarlehensgeschäft kommen. Für Grundschulden einschließlich Vorlasten bis zu einer Höhe von 600.000 Euro können die Vereinfachungen bei der Wertermittlung nach § 24 BelWertV in Anspruch genommen werden. Bislang galt eine Kleindarlehensgrenze von 400.000 Euro. "Diese Ausweitung folgt der Marktentwicklung und wird den Aufwand, der im Rahmen der Kreditbearbeitung bei den Instituten anfällt, spürbar reduzieren", meint Tolckmitt.

Immobilienbewertung: Nutzung statistischer Verfahren

Mit der Novelle wurde erstmals die Nutzung statistischer Verfahren bei der Beleihungswertermittlung regulatorisch verankert. Das bezieht sich auf Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen. Die Voraussetzungen für die Verwendung computerunterstützter Bewertungsmodelle wurden in § 19 Abs. 2 BelWertV beim Vergleichswertverfahren geregelt.

Für Häuser soll nun aber unter anderem stichprobenweise das Sachwertverfahren zur Überprüfung herangezogen werden. "Dass eine Nutzung im Bereich des selbstgenutzten Wohneigentums nun flächendeckend möglich ist, stellt für die Banken einen erheblichen Fortschritt dar", sagte Tolckmitt. Er kritisierte jedoch die implementierte Stichprobenkontrolle durch den Sachwert, da die datenbasierte Vergleichswertermittlung methodisch weit überlegen und deshalb völlig ausreichend sei.

Videobesichtigungen dauerhaft zugelassen

Nachdem die Bafin mit Beginn der Covid-19-Pandemie Videobesichtigungen vorübergehend erlaubt hatte, werden sie nun mit der BelWertV-Novelle dauerhaft zugelassen. Institute müssen aber bei der Bewertung der Immobilien einen Abschlag in Höhe von mindestens fünf Prozent berücksichtigen. Zudem muss die erwartete Restnutzungsdauer der Immobilie mindestens 40 Jahre betragen. Tolckmitt, hob insbesondere die damit verbundenen Erleichterungen bei der Kreditbearbeitung hervor.

Stichtagsmodell statt durchschnittlicher Referenzzins

Kritisch beurteilt der vdp das verwendete Stichtagsmodell: Die Bafin will jährlich zum 1. Januar die Mindestkapitalisierungssätze auf Basis des tagesaktuellen Referenzzinses (30. November des Vorjahres) anpassen, wenn dieser zu diesem Zeitpunkt mindestens 0,5 Prozentpunkte höher oder niedriger lag als zum Zeitpunkt der vorigen Anpassungsberechnung. Der vdp hatte sich in der Konsultation für die Verwendung eines längerfristigen Durchschnitts eingesetzt.

"Zinssprünge noch dazu so abrupte wie in diesem Jahr können bei einer Stichtagslösung zu unsachgemäßen Ergebnissen führen", so Tolckmitt. Als Alternative schlägt der vdp einen wenige Quartale umfassenden gleitenden Durchschnitt des Referenzzinses vor.

Auch der gewählte Referenzzins sei nicht optimal: Zwar sei nachvollziehbar, dass die Bafin auf einen öffentlich verfügbaren Zins zurückgreifen müsse, doch sei die Korrelation zwischen der Performance der 30-jährigen Bundesanleihe und dem Liegenschaftszins am Immobilienmarkt besonders gering, erklärte Tolckmitt. Sach- und praxisgerechter wäre die zehnjährige Bundesanleihe. Dese Laufzeit korrespondiere stärker mit den in der gewerblichen Immobilienfinanzierung üblichen Kreditlaufzeiten von drei bis zehn Jahren.


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