3 Fragen an Ludger Wibbeke

Schmutzquote, Trump und ein bisschen Fußball: Hansainvest-Geschäftsführer Ludger Wibbeke beantwortet 3 Fragen zur Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland, dem Auflegen neuer Fonds nach der US-Wahl und Innovationsfreudigkeit in möglicherweise konservativen Unternehmen.

Herr Wibbeke, der Entwurf eines "Zweiten Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen" hätte die Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland steigern sollen – nach dem Bruch der Ampelkoalition wird er wohl in der Schublade bleiben. Wo ist mehr Attraktivität des Standorts Deutschland vonnöten?

Ludger Wibbeke: Der Standort Deutschland – der Wirtschaftsstandort und in meinem speziellen Punkt der Fondsstandort Deutschland – leidet unter einer wahnsinnigen Flut von Regulierung, von Bürokratie, von Nicht-Möglich-Machen. (…) Es gibt mehrere Gesetzgebungsverfahren und -initiativen dieser Bundesregierung, die genau diese Fesseln, die unser Land hemmen, privates Kapital zu verwenden – für Transformationsthemen im Allgemeinen, insbesondere auch für die Finanzierung von Infrastruktur – zu beseitigen. Dafür steht aus meiner Sicht diese Bundesregierung.

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz Zwei geht weit über das hinaus, worüber wir uns schon gefreut hätten. (…) Und das ist nicht die einzige Initiative: Wir reden auch vom Altersvorsorgedepot, also einer Liberalisierung, einer Öffnung des Marktes weg von dieser rein staatlichen Rentenversorgung. (...) Ebenso die nicht nur aufsichtsrechtlich, sondern auch steuerrechtlich klare Kante in Bezug auf Gewerbesteuer-Schmutzquoten – das, was es in anderen europäischen Staaten bisher nie gab.

Diese Schmutzquote, die Infizierung auf der Gewerbesteuerseite des Gesamtbestandes, gab es in europäischen Ländern nicht, nur in Deutschland. Mit den Gesetzgebungsinitiativen dieser ehemaligen Bundesregierung sind diese Limitierungen und Einschränkungen gestrichen worden. 

Ich glaube nicht daran, dass die aktuell limitierte Bundesregierung noch im Gesetzgebungsverfahren im Bundestag dazu kommt, das durchzuwinken und in Kraft zu setzen. Das wird dann eine neue Bundesregierung sein. Ich hoffe, dass die an diesen Stellen anpackt und diese Initiativen, Ideen und ganz wichtigen Entwicklungsschritte für den Wirtschafts- und Fondsstandort Deutschland dann auch tatsächlich umsetzt.

Donald Trump vs. Erneuerbare-Energien-Welle

Ist davon auszugehen, dass Ihr Haus verstärkt in die USA schauen wird, was das Auflegen neuer Fonds betrifft?

Das ist durchaus möglich. Wir haben jetzt schon USA-Geschäft, sowohl auf der Wertpapierseite als auch auf der Immobilienseite. Wir haben Kunden, die Erneuerbare-Energien-Anlagen in den USA errichten, bauen und betreiben. Man muss schauen, wie Herr Trump mit seiner Administration diese Themen sieht, auch differenziert. Im Vorfeld ist er nicht als der große Klimaschützer aufgetreten oder derjenige, der erneuerbare Energien vorantreiben möchte.

Wenngleich ich gestern einen Kommentar gelesen habe, der sagte, dass diese Welle, auf erneuerbare Energien umzustellen, schon so weit sei, dass die Trump-Administration sie gar nicht mehr aufhalten kann. Er kann sie verkleinern, aber nicht aufhalten. Dazu ist es schon zu spät.

Sehen Sie, als möglicherweise eher konservatives Unternehmen, wenig Potenzial für Investitionen in alternative Anlagen wie Kryptowährungen oder digitale Vermögenswerte?

Das ist der Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt, ohne Torwart. (…) Wir sehen uns tatsächlich als alles andere als ein konservatives Unternehmen. Die Hansainvest steht für extreme Innovationsfreudigkeit. Wir sind in ganz vielen Themen in den vergangenen Jahrzehnten, seit 1969, die ersten gewesen. Die ersten, die zum Beispiel Immobilienfonds als Service-KVG für Dritte auf der Plattform angeboten haben. Seit 2007 tun wir das.

Das Thema Krypto ist ein hervorragendes Beispiel. Im Sommer 2021 ist das Gesetz über elektronische Wertpapiere in Kraft getreten, im August 2021 das Fondsstandortgesetz. Die Kombination beider Gesetze hat es ermöglicht, erstmalig in Kryptowährungen zu investieren. Die Hansa Invest hat im Dezember 2021, also wenige Monate danach, die ersten beiden Fonds in den Vertrieb gegeben.

"Konservativ" will ich für die Hansainvest nicht grundsätzlich verneinen und negieren, aber wir sind sehr stark auf Entwicklungen und Opportunitäten am Markt fokussiert.