Expo Real-Nachklapp: Alles so schön pink hier

Die erste Expo Real der Karriere und das ohne Sneaker, Weihnachten und Seepferdchen im Oktober, der schönste Auswärtssieg mit den Ultras der Innovation und reichen Saudis, eine Lounge voller Sustainability – Messenachklapp aus der Haufe-Redaktion Immobilien zur Münchner Show und zu Trends.

Esther Wiemann und Svenja Lange, Redakteurinnen bei "DW Die Wohnungswirtschaft", und die "Immobilienwirtschaft"-Kollegen Gerald Makuzwa und Jörg Seifert schildern ihre Eindrücke von der Expo Real 2024.

Esther Wiemann: Die frische Sicht des Expo-Neulings

Auch wenn es in der Branche viele drängende Fragen gibt, beginnen die Gespräche auf meiner ersten Expo mit einem eher trivialen Problem: der Wahl des passenden Schuhwerks – die weiten Wege zwischen den Messehallen fordern ihren Tribut. Auf der Standparty der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) wird bei Live-Musik getanzt bis die Füße schmerzen und die Ordner des Messeveranstalters in ihren leuchtend gelben Westen zur Ruhe mahnen.

Wer die überwiegend männliche Karawane in Marineblau und Schwarz näher beobachtet, die tagsüber durch die Hallen zieht, bemerkt, dass bequeme Sneaker zum Anzug durchaus erlaubt sind – Business Casual in Maßen quasi. Auch die lästige Krawatte darf mittlerweile im Schrank bleiben.

Die Stimmung auf der Messe wird vom Veranstalter als leicht zuversichtlich beschrieben. Dabei sind gerade in der Wohnungswirtschaft viele Sorgen geblieben. Die vertrackte Bürokratie verhagelt die Laune: Unternehmen klagen über lange Genehmigungsverfahren und zu viele Regeln und Gesetze. Die Vorschläge aus der Politik überzeugen die Branche nur teilweise. Anstatt Probleme zu wälzen, diskutieren Wohnungsunternehmen, Branchenkenner und Verbände wie der GdW Lösungen, etwa zur Wärmewende oder zu der drückenden Frage, wie einfacher und kostengünstiger gebaut werden kann. Spannende Panels gab es am BID-Stand und auf der Bühne der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt.

Was ich als Expo- und Branchen-Neuling auch empfehlen kann, sind die abendlichen Standpartys, wie der "Hessen-Treff", der traditionell am zweiten Messeabend stattfindet. Neue Kontakte zu knüpfen, fällt nicht schwer. Letztlich ist die Expo Real vor allem eines: ein riesiges Networking-Festival. Am Stehtisch werden beachtliche Stapel eingesammelter Visitenkarten verglichen. Gerade im Bereich der Wohnungswirtschaft fühle die Messe sich an wie eine Art Klassentreffen, bringt es ein Besucher auf den Punkt.

Im nächsten Jahr komme ich wieder – die Absatzschuhe lasse ich dann zu Hause und packe Sneaker ein. Auch weitere Tipps, die ich von erfahrenen Expo-Besuchern und -Besucherinnen bekommen habe, werde ich beherzigen: viel Wasser trinken und auf keinen Fall am Wochenende vor der Messe das Oktoberfest besuchen, das sei doch "too much". Vielleicht schaffe ich es 2025 auch auf eine der Aftershow-Veranstaltungen, die in der City stattfinden – die Party im Münchner Club P1 soll gut gewesen sein.

Esther Wiemann Expo Real 2024

Svenja Lange: Eine Expo Real wie Weihnachten

Alle Jahre wieder zieht es die Immobilienbranche nach München. Mein Messebesuch fängt beängstigend reibungslos an. Die Anreise läuft problemlos, die Bahn ist pünktlich, in der U-Bahn sind alle freundlich und ich habe keine Probleme, mich als Pressevertreter zu akkreditieren. Fast schon langweilig, könnte man sagen.

Es ist meine dritte Expo Real und dem Sprichwort "Aller guten Dinge sind drei" kann ich etwas abgewinnen. Wo ich 2022 noch wie ein aufgeregtes Kind jedes Panel mitgenommen habe, um die Branche besser zu verstehen, habe ich 2023 gelernt, mit den 40.000 Menschen um mich herum umzugehen. Und 2024? Fast schon ein Profi – oder sagen wir: Ich habe mein "Seepferdchen" gemacht, während die erfahreneren Kollegen sich wie Fische im Wasser fühlen.

Die Expo Real ist mittlerweile für mich so etwas wie das Zusammenkommen der Familie an Weihnachten: Menschen reisen aus allen Ecken Deutschlands an, die Atmosphäre ist hektisch, Stimmengewirr überall, man trinkt zu viel Kaffee, bleibt länger wach, als man sollte, und irgendwann steht immer der komische Onkel neben einem, der einem die Welt erklärt. Nach drei Tagen Beisammensein will dann jeder nur noch nach Hause.

Aber, wie zu Weihnachten, gibt es auch die schönen Momente: Man trifft alte Bekannte, tauscht sich aus, erfährt alles Neue auf einen Schlag. Es gibt viel zu lachen, viel zu essen, und wenn’s einem mal zu viel wird, kann man sich in eine gemütliche Leseecke zurückziehen. So wie ich im stilvoll gestalteten Loungebereich der Immobilienwirtschaft.

Svenja Lange Expo Real 2024

Gerald Makuzwa: Auswärtsspiel für Innovationstreiber

Mehr als 40.000 Menschen – meine erste Assoziation bei dieser Zahl: ein gut gefülltes Bundesligastadion. Den Kern und überwiegenden Teil der Massen bilden regelmäßig anwesende Anhänger, die schon immer bereit waren, die teuren Eintrittspreise zu zahlen. Auf den besten Logenplätzen der Haupttribüne sitzen jene, die im Überfluss schwelgen. Sie haben nicht nur die beste Sicht, sondern werden auch am besten gesehen. Im weiten Rund fällt aber auch ein kleiner Bereich auf, der sich farblich und auch von der Gesinnung her vom Rest des Publikums unterscheidet: die Auswärtsfans.

Mehr als 40.000 Menschen – so viele zählte die Messe München an den drei Messetagen – ähnlich wie im Vorjahr. Ausverkauftes Haus? Schwer zu sagen. Der Eindruck vieler Gäste jedenfalls: In den Ausstellungshallen gibt es dieses Jahr mehr Lücken. Die im Nachgang veröffentlichten Zahlen bestätigen ihren Eindruck. Der Messekern rund um die allseits bekannten Dickschiffe der Branche ist aber da. Sie haben es sich wieder einiges kosten lassen, beim Event-Highlight des Jahres dabei zu sein. Die Wohlhabendsten unter ihnen, darunter diesmal auch die Saudis, haben die größten Stände. Sie prahlen und strahlen als gäbe es kein Morgen.

Und schließlich in der Ecke des Lageplans, etwas versteckt, aber farblich in pink deutlich gekennzeichnet: der vergleichsweise kleine Auswärtsblock mit dem Namen „Transform & Beyond“. Die PropTechs hier haben zwar nicht die besten Plätze, dürfen aber für reduzierte Standpreise Teil der großen Show sein. Sie bilden den harten Kern der alternativen Zukunftsbauer, der immer wieder mit kleinem Team zu den großen Events der Immobilienwirtschaft reist.

Von ihren billigen Plätzen aus rühren sie unverkennbar die Trommeln der nachhaltigen, technologischen und sozialen Transformation. Sie sind Vorreiter des Wandels, Treiber der Transformation, Ultras der Innovation. Und weil die Stimmung der erfolgsverwöhnten Etablierten, aus gegebenen Anlässen alles andere als euphorisch ist, vernimmt man den kleinen Auswärtsblock besonders laut. Die Wahrheit ist ohnehin: Auswärtssiege sind die schönsten Siege.

Gerald Makuzwa (l.), Phillip Biel (CEO Taskrunner)

Jörg Seifert: Nachhaltigkeit findet Technik

Wo trifft Technologie auf Sustainability? Diese Frage wurde auch in unserer Lounge am Frankfurt-Stand mit Messeteilnehmerinnen und -teilnehmern erörtert. Die Antworten sind erfreulich vielfältig. Fast alle meinten, ohne Technologie gäbe es überhaupt keine Nachhaltigkeit. Aber ist Technologie per se nachhaltig? Meistens schon.

Cradle-to-Cradle war auf der Messe ein wichtiges Stichwort. Jedes immobilienwirtschaftliche Unternehmen muss sich bewusst machen: Welche Baustoffe habe ich verbaut? Wie kann ich die bei Umbau oder Sanierung weiterverwenden? Wie finden die zur Verfügung stehenden Daten Eingang in einen digitalen Zwilling? Und wer ist bereit, dafür Geld in die Hand zu nehmen? Schwierige Fragestellungen, zu denen es in München keine eindeutigen Antworten gab.

Auch künstliche Intelligenz (KI) kann viel zur Nachhaltigkeit beitragen. Beispiele gibt es wie Sand am Meer: Bebaubare Grundstücke werden deutschlandweit gefunden, Mieterkündigungen rechtssicher automatisiert abgewickelt, Betriebskostenabrechnungen leichter erstellt. Einsprüche dagegen werden weitestgehend ohne menschliches Zutun geregelt. Das spart aufwändige händische Prozesse und beugt dem zunehmenden Fachkräftemangel vor.

Auf der Expo Real gab es viele Orte bei der Technologie auf Nachhaltigkeit traf. In der leider etwas abgelegenen Halle A3 befruchtete sich beides gegenseitig im Bereich "Transform & Beyond". Es gibt es eine ganze Palette von technischen Anwendungen, die neue Möglichkeiten in Richtung Sustainability für die Immobilienbranche eröffnen – von modularen Lösungen für den Neubau bis hin zu kompletten Quartiersentwicklungen, um dem in die Jahre gekommenen Wohnungsbestand ein Update zu einer zukunftsfähigen Energieklasse zu verpassen.

Jörg Seifert (r.), Peter Ankerstjerne (CEO Planon)


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