Kommentar: Das laute Knirschen der Expo Real

Dirk Labusch liest den euphorischen offiziellen Nachbericht der Expo Real 2024 und fragt sich, wovon sie denn reden. Die Besucherzahl: exakt die vom vorigen Jahr. Die Ausstellerzahl: deutlich zurückgegangen. Die Begrüßung: kleinkariert.

Mich hat die Expo Real gar nicht gut empfangen. Sie schaltet nämlich auf scharf: Bei den Presseakkreditierungen wird jetzt noch viel genauer hingeguckt, Großzügigkeit kann sie sich nicht mehr leisten. 

So schränkt sie den Service der Presse-Lounge ein. Ab 16:00 Uhr gibt es dort nichts mehr, eigentlich müssen wir Journalisten auch den Raum verlassen (was aber nicht nachverfolgt wird). Wer ein Mineralwasser will, muss sich jedes Mal mit seinem Presseticket ausweisen. Lästig und vor allem – peinlich! 

Am Empfang werde ich aufgefordert, erstmalig neben dem Presseausweis eine Arbeitsprobe zu beschaffen. Auf der Suche nach etwas ganz Großem schaut sich die überforderte Mitarbeiterin unser Magazin am Counter durch. Was will sie denn? Mein Konterfei prangt doch unterm Editorial. "Ich will nachschauen, ob es sich nicht um ein Unternehmensmagazin handelt." Geballte Kompetenz auf der Gegenseite. Hier machen sie es hundertprozentig. Kein Schlupfloch. Ich fühle mich gleich nicht willkommen! Es riecht nach Brandmauer gegen Unbefugte. Gott, ist die Messe kleinkariert geworden.

Expo Real 2024: Stolz ist die Messe

Jede Servicekraft benötigt ein Ausstellerticket, das ja auch schon 500 Euro kostet. Stolz ist der Preis, jede Einzelleistung. Stolz ist diese Messe. Stolz der Messebeirat. Stolz diese Tradition, die jeden wissen lässt, was ihn erwartet, wenn er auf die Expo Real kommt. Und was tatsächlich etwa ein Fünftel meiner Gesprächspartner auch honoriert.

Schon im vergangenen Jahr war das die große Geschichte, das Aussperren der PropTechs und die Frage, inwieweit eine Messe an ihrem Messekern festhalten sollte. Nach Einschätzung der Messe soll sie unbedingt. Aber es werden immer weniger Unternehmen, die ausstellen. Fast 100 weniger als im letzten Jahr. Aufwärts geht es nicht gerade. 

Der Geschäftsführer einer großen KVG (kein Startup-Spinner), mit dem ich rede, spricht von der Expo Real als dem Nokia der Immobilienbranche. Von einem Konzept, das zwar immer noch nachgefragt wird, das jedoch Zukunft gerade nicht kann.

Die Messe zehrt von vergangenem Ruhm. Und bleibt natürlich als Plattform wichtig, als Treffpunkt zwischen Kapital und Kommune, Investor und Entwickler und so weiter. Schnittstellen zu anderen Branchen? Ein Spiegel der TGA-Szene, der einzigen, die so richtig boomt? No way. Messekern! Das war‘s, und mehr wird es auch nicht.

Erstaunlich ist, dass Unternehmen wie Aedifion den Sprung ins Heiligtum geschafft haben. Ecoworks – serielles Sanieren – konnte sich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) andocken. Sind gerade in aller Munde, vielleicht deshalb.

Transform & Beyond

Aber den Eindruck machen, als wolle man sich so gar nicht bewegen, will die Messe ja auch nicht. Hat sie auch im vergangenen Jahr nicht. O-Ton der Pressemeldung 2023: "Wie könnte die Immobilienbranche der Zukunft aussehen? Die Halle Nova 3 auf der Expo Real (…) präsentiert auch in diesem Jahr Ideen, Lösungen und Praxisbeispiele zu diesem Thema. Neben der Tech Alley und dem Real Estate Innovation Forum wird hier erstmals eine Sonderschau 'Decarb' zu finden sein (…)."

Nun also "transform & beyond". Der spacig anmutende Teil von Halle A3 zeigt: Ein bisschen Solar, ein bisschen Decarb, ein bisschen Daten, Green Mobility und auch ein bisschen Energie. Die, die vor knapp zehn Jahren das Messegelände verlassen mussten, die Energieanbieter, dürfen wieder – wenn sie klein genug sind und etwas Innovatives machen. Nova 3 light?

Startup vermischt mit Grownup, und mit Kone ein etabliertes Aufzugunternehmen. Ein anderes Unternehmen, das Module aus Vollholz für nachhaltige Bauprojekte herstellt, ist nicht im "transform & beyond"-Bereich. Ich frage das Standpersonal nach dem Warum. Sie wissen es nicht. Ist das logisch? Oder gehören die zum Messekern? Eher nicht.

Transformation ist nicht erst seit diesem Jahr eine große unternehmerische Aufgabe, schon im letzten Jahr habe ich mich kaum getraut, dieses Wort in den Mund zu nehmen. Denn es war damals schon ein Buzzword. Vielleicht ist aus irgendeinem Grund die Notwendigkeit gestiegen, den Begriff jetzt zu besetzen. 

Die Stimmung verbessert sich leicht

Ach ja, und sonst? Es wurden Deals abgeschlossen, einige meiner Meetings begannen mit Verspätung, weil die große Delegation vor mir einfach länger brauchte. Venture Capital spielt eine größere Rolle. Fonds werden aufgelegt, Immobilien werden langsam wieder wichtiger. Allerdings weiß man grundsätzlich nicht, was sie wert sind, weil sie ja nicht in größerem Stil gehandelt werden. Allgemeine Messemeinung: Bei Core-Immobilien ist der Bodensatz schon erreicht. Ein gutes Zeichen, ganz langsam geht es wieder los.

Alles wird sich verändern, jedes Unternehmen, jeder Mensch. Dass die Expo Real sich transformiert, werde ich wohl nicht mehr erleben. Trotz "transform & beyond".
 

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