Die Immobilienbranche muss als Arbeitgeber interessant sein
Für die Immobilienwirtschaft ist fehlendes Personal eine neue Situation – aktiv um Mitarbeiter zu buhlen, war früher nicht nötig.
"Noch bis vor ein paar Jahren gab es in der Branche keinen Mangel an Fachkräften, qualifiziertes Personal war immer zu bekommen." Sandra Lenzenhuber, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Immobilienverwalter (BVI)
Für Lenzenhuber ist die um sich greifende Personalknappheit ein Stück weit hausgemacht: Die meisten Immobilienunternehmen hätten sich in der Vergangenheit nicht ausreichend engagiert, um neue Mitarbeiter und Auszubildende zu gewinnen oder Angestellte zu halten. Das rächt sich jetzt.
Recruiting, Ausbildung, Mitarbeiterbindung: Attraktivität ist das Zauberwort
"Der Fachkräftemangel macht sich mehr und mehr bemerkbar", bestätigt Dr. Matthias Zabel, Referatsleiter Genossenschaftsrecht, Genossenschaftswesen, berufliche Bildung und Personalentwicklung beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Ähnlich äußern sich auch andere Verbände. Einig ist sich die Branche auch über die größten Sorgenkinder: Vor allem im technischen Bereich und in der Immobilienverwaltung gebe es zunehmend Probleme, geeignetes Personal zu finden.
Was also tun? Der Immobilienverband Deutschland (IVD) rät seinen Mitgliedern, es möglichst gar nicht erst zu einer Mangelsituation kommen zu lassen, sondern sich proaktiv um Mitarbeiter zu bemühen, erklärt Bundesgeschäftsführerin Carolin Hegenbarth. Zum einen gelte es, selbst für Nachwuchs zu sorgen – indem man ausbildet oder sich in dualen Studiengängen engagiert. Zum anderen sei es neben dem Recruiting von neuen Mitarbeitern aber auch wichtig, sich um die bestehende Belegschaft zu kümmern, um sie im Betrieb zu halten. Denn gut qualifizierte Kräfte bekommen in der aktuellen Situation viele alternative Jobangebote.
Wer als Arbeitgeber nicht interessant sei, verliere seine Angestellten schnell an die Konkurrenz, mahnt Hegenbarth. Attraktivität ist das Zauberwort. Flexiblere Arbeitszeiten seien da zum Beispiel ein möglicher Ansatz, weil sie immer mehr Angestellten wichtig seien.
Konzepte für die Personalakquise: Hilfe kommt von den Branchenverbänden
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sei auch die Qualifizierung von Quereinsteigern eine wichtige Aufgabe der betrieblichen Weiterbildung, sagt Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland; zuvor DDIV). Doch gerade kleinen und mittelgroßen Unternehmen fehle es da an Konzepten. Hier gelte es, die Unternehmen verstärkt zu unterstützen, so Kaßler.
Um den Mitgliedsunternehmen bei der Personalakquise unter die Arme zu greifen, gehen die immobilienwirtschaftlichen Verbände neue Wege – etwa durch eigene Stellenmärkte auf ihren Webseiten.
"Durch das Online-Portal 'Gestalte unsere Zukunft' und die Kooperation mit zahlreichen Partnern aus der Branche haben unsere Mitglieder die Möglichkeit, ihre Stellenangebote in einem weiteren Kanal zu platzieren." Prof. Wolfgang Schäfers, Vorsitzender des Ausschusses Human Resources beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA)
Außerdem werden dort in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) verschiedenen Berufsbilder aus der Immobilienwirtschaft vorgestellt. "So können wir jüngeren Menschen die Branche und ihre Karrieremöglichkeiten näher bringen", erklärt Schäfers.
Azubikampagnen: Verbände machen Ausbildungs- und Studiengänge bekannt
Auf eine Internetkampagne setzt auch der GdW: Er will damit jungen Menschen die Ausbildung zum Immobilienkaufmann schmackhaft machen. In einer Datenbank können interessierte Jugendliche zudem ausbildende Wohnungsunternehmen in Deutschland finden. Das Angebot wird dabei zielgruppengerecht auf die Nutzung über mobile Endgeräte ausgerichtet. Mit Erfolg, wie Referatsleiter Zabel berichtet: "Der GdW und seine Partner haben mit der Azubikampagne die Bekanntheit des Ausbildungsberufs Immobilienkaufmann beziehungsweise Immobilienkauffrau um 200 Prozent gesteigert".
Um den Nachwuchs positiv zu erreichen, fördern die Verbände zudem Stipendien. In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) vergibt der VDIV zum Beispiel pro Jahr zwei Stipendien für die Fernlehrgänge "Geprüfte/r Immobilienfachwirt/in" und "Geprüfte/r Immobilienverwalter/in". Vom GdW gehen jährlich drei Stipendien für ein Bachelor-Studium im Bereich Real Estate an die bundesweit besten Immobilienkaufmann-Azubis.
Darüber hinaus lobt der Verband jedes Jahr einen Preis für Nachwuchsführungskräfte in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft aus: Die besten Absolventen der Ausbildung zum Immobilien-Ökonom (GdW) werden ausgezeichnet und können kostenfrei an der "Sommerakademie der Wohnungswirtschaft für Nachwuchskräfte" des GdW teilnehmen. Auch der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen engagiert sich: In den Landesverbänden Baden-Württemberg und Hessen / Rheinland-Pfalz / Saarland gibt es Kooperationen mit Universitäten, bei denen etwa ein Bauträger-Nachwuchspreis ausgeschrieben wird.
Immobilienunternehmen: Internationale Ausrichtung als Chance
ZIA-Ausschussvorsitzender Schäfers hält auch für die Immobilienunternehmen ein verstärktes Engagement an den Immobilienhochschulen für sinnvoll, um an Nachwuchskräfte zu kommen. So könne man etwa durch Teilnahme an Messen, Workshops und sonstigen Aktivitäten direkt auf dem Campus an Profil gewinnen. Bei den Arbeitgebern selbst setzen die Verbände beim Thema Personalgewinnung auf Vorträge, Seminare und Kongresse, um ihre Mitgliedsunternehmen zu informieren und zu sensibilisieren.
Das Interesse an solchen Veranstaltungen nehme stetig zu, berichtet IVD-Bundesgeschäftsführerin Hegenbarth. Und die Verbände feilen an weiteren Angeboten. Der ZIA diskutiere insbesondere in seinen Ausschüssen Human Resources und Diversity, wie man die Mitglieder bei der Suche nach Fachkräften unterstützen könne, erklärt Schäfers. Denn es gehe für Unternehmen nicht nur darum, "die richtigen Kanäle zu bespielen", betont er. Auch die Strukturen innerhalb von Firmen seien für Jobsuchende ein wichtiger Faktor, sich für das eine oder das andere Angebot zu entscheiden.
"Die Attraktivität eines Arbeitgebers kann zum Beispiel dadurch gesteigert werden, dass man den Aspekt Diversity in das unternehmerische Handeln integriert. Das stärkt die Bindung der Mitarbeiter und spricht neue Arbeitskräfte an." Prof. Wolfgang Schäfers, Vorsitzender des Ausschusses Human Resources beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA)
Für wichtig hält der ZIA auch eine internationale Ausrichtung der Fachkräftesuche. Diese sei "Chance und Notwendigkeit für die Branche zugleich", meint Schäfers: "Es ist sicher kein Allheilmittel, aber zu einem gewissen Teil kann eine stärkere Internationalisierung Abhilfe schaffen."
Schließlich sei die Immobilienbranche schon lange geprägt von internationalem Kapital und Kapitalgebern aus dem Ausland. Auch die Unternehmensstrukturen und die Unternehmen der Branche selbst internationalisierten sich stetig. Ein Pfund, mit dem sich bei der Suche nach fähigen Köpfen wuchern lässt. Ein weiterer Pluspunkt sei, so Schäfers, dass die Immobilienwirtschaft bei der Digitalisierung "in den vergangenen Jahren einige Schritte nach vorne getan hat". Auch das macht potenzielle Arbeitgeber attraktiv.
Der Artikel – inklusive eines Interviews mit Sandra Lenzenhuber, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Immobilienverwalter (BVI) –, erschien im Magazin "Immobilienwirtschaft", Ausgabe 09/2019
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