Brandschutz und Dämmung: Wie verträgt sich das?
Dass eine Fassadendämmung eine Brandgefahr sein kann, hat vor knapp fünf Jahren ein verheerendes Feuer im Londoner Grenfell-Tower im Juni 2017 gezeigt. In dem Wohnhochhaus hatte die zur Wärmedämmung angebrachte Außenverkleidung den Brand, bei dem 72 Menschen ums Leben kamen, erheblich beschleunigt.
Der Brandschutz in Gebäudefassaden wurde nach dem Feuer in Essen wieder zum Thema. Warum im Februar dort ein Brand mehr als 100 Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus zerstört hat, ist allerdings noch nicht klar – die Untersuchungen laufen noch. Der viereinhalbstöckige Wohnkomplex muss abgerissen werden. Den Schaden schätzte der Eigentümer Vivawest auf eine zweistellige Millionensumme.
Hamburg: Nachbesserungsbedarf bei zehn Prozent der Hochhäuser
Hamburg hatte nach der Brandkatastrophe in London damit begonnen, den Brandschutz in den Fassaden aller 675 Hochhäuser in der Stadt überprüfen zu lassen. Sie wurden als unbedenklich eingestuft, wie der Senat auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion mitteilte.
Auch in 60 Hamburger Hochhäusern wurden laut Senat brennbare Stoffe in der Fassade verbaut. Diese Gebäude seien im Einzelfall geprüft worden. Die Stadtentwicklungsbehörde und die Feuerwehr hätten die Gefahr einer flächenhaften Brandausbreitung bewertet und die Herstellung ordnungsgemäßer Zustände veranlasst. In einem Fall sei eine sofortige Fassadensanierung erforderlich gewesen. Dabei handelte es sich um ein Gebäude aus dem Jahr 1969 im Stadtteil Lurup.
Bei rund zehn Prozent der Hochhäuser hat sich Nachbesserungsbedarf gezeigt. "Es stellt sich die Frage, ob der bisher vorgesehene Prüfrhythmus ausreicht", sagte der CDU-Abgeordnete Sandro Kappe. Der Brandschutz in den Hamburger Hochhäusern wird alle fünf Jahre von der Feuerwehr kontrolliert, die technischen Anlagen werden alle drei Jahre von Sachverständigen geprüft.
Brand in Essen: Spekulation über Dämmmaterial
Beim Großbrand in Essen gab es Mutmaßungen darüber, dass Dämmstoffe den Brand beschleunigt haben könnten. Als gefährlich gilt Polystyrol, doch das war an der Fassade des vierstöckigen Wohnhauses nicht verbaut, erklärt Werner Eicke-Hennig, Leiter des Energieinstituts Hessen. Die Fassade sei vielmehr mit unbrennbarer Steinwolle gedämmt worden. Dieser Dämmstoff blieb erhalten. "Man kann den Brandverlauf nicht auf die Bedeutung eines einzigen Baumaterials reduzieren", so Eicke-Hennig.
Die komplette Zerstörung der Wohnanlage in Essen führt Eicke-Hennig schwerpunktmäßig auf eine Kombination folgender Aspekte zurück: Brennbare Balkonfußböden und PVC-Verkleidungen, große Fensterflächen und insbesondere den orkanartigen Wind – nicht aber auf brennendes Polystyrol, wie in den Medien spekuliert wurde. Auch bei unbrennbaren Fassaden seien die Brandrisiken nicht gleich Null, wenn vor Gebäuden große Brandlasten brennen – in Kaiserslautern etwa wurde im Frühjahr ein völlig ungedämmter Altbau durch einen Brand vor dem Haus zerstört.
Informationsseite "Fassadenbrände" des Energieinstituts Hessen
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