Bremser statt Partner: Gedaschko bemängelt Regierung
"Haben wir genug Energie? Und wie mildern wir die Nebenkostenexplosion ab? Das sind die beiden Kernfragen, die uns derzeit beschäftigen", begann GdW-Präsident Axel Gedaschko seinen Vortrag vor den Delegierten am Tag der Wohnungswirtschaft des Spitzenverbands am 15. November in Berlin. Er freue sich, dass Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) mit der Tradition ihrer Vorgänger in dem jeweils für Baufragen zuständigen Ressort breche und als erste tatsächlich der Einladung des GdW gefolgt sei.
Bis zu 3.000 Euro mehr Ausgaben für deutsche Haushalte
Danach war es dann schnell vorbei mit dem Lob: "Gas soll keine Rolle mehr spielen, Wasserstoff ist längst nicht da: Welchen Plan hat die Regierung für das Backup für Deutschland? Wie soll man das Land künftig mit Strom und Wärme versorgen?", fragte Gedaschko in die Runde. Es sei nicht verwunderlich, wenn viele Menschen das Vertrauen in die Regierung verlören. Warum wurde nicht schon früher an der Strom- und Gaspreisbremse gearbeitet? Die am 14. November vom Bundesrat gebilligte Dezember-Soforthilfe als Lösung werde die Menschen wieder enttäuschen.
Gedaschko attestierte der Bundesregierung einen "totalen Verlust ihrer Kräfte". Bis zu 3.000 Euro müssten deutsche Haushalte mehr für Energie ausgeben, unabhängig, ob sie dies finanziell schafften. Es sei nicht verwunderlich und habe auch nichts mit "rechten Spinnern" zu tun, wenn Menschen in dieser Situation Angst vor den Folgen hätten. Bisherige Rettungsversuche wirkten auf diese Menschen nicht genügend.
Wohnungswirtschaft: 3 Handlungsvorschläge
Bei seiner Rede vor den Delegierten und der Bundesbauministerin brachte Axel Gedaschko auch einige Vorschläge für Sofortmaßnahmen:
- Die von der Kommission Gas und Wärme erarbeiteten Vorschläge mit dem Titel "Sicher durch den Winter" sollten ernst genommen werden. Damit werde ein Zeichen gesetzt, wie Mieter und Vermieter dauerhaft Kosten einsparen könnten;
- Die CO2-Abgabe müsse für die gesamte Zeit der Krise ausgesetzt werden;
- "Wenn doch jede Kilowattstunde zählt, warum lässt man die Wohnungswirtschaft dann nicht unterstützen?", fragte Gedaschko in die Runde und fordert, dass der Mieterstrom ausgebaut werde.
3 Gründe, warum zu wenig gebaut wird
Deutschland braucht dringend die 400.000 neuen Wohnungen jährlich, ist sich der GdW-Präsident sicher. Allerdings sei dies unter den derzeitigen Bedingungen auf keinen Fall schaffbar:
- Chaos rund um die KfW-Förderung: Anfang des Jahres wurden die KfW-Zuschüsse für energieeffizientes Bauen und Sanieren kurzfristig gestoppt. Im April 2022 wurde das Programm wieder aufgenommen – und nach wenigen Stunden bereits wieder gestoppt. Im Juli erfolgte dann die komplette Umstellung des Programms: Die 2021 eingeführte Zuschussförderung, die laut Gedaschko für Wohnungsunternehmen besonders wichtig gewesen sei als Ersatz für Eigenkapital, wurde komplett eingestellt und stattdessen auf Kredite und Tilgungszuschüsse umgestellt, die Sätze und Zuschüsse zudem deutlich abgesenkt;
- Die weitere Verschärfung der energetischen Standards wird laut dem GdW-Präsidenten letztlich dafür sorgen, dass der Neubau einbrechen und die energetische Sanierung zurückgefahren wird. Bezahlbarer Klimaschutz oder vom Normalbürger bezahlbarer Neubau sei unmöglich gemacht worden. "Förderung rauf, Dämmung runter", lautete Gedaschkos Credo.
- Als dritten Grund, warum es beim Neubau scheitert, nannte der GdW-Chef den Mangel an Ressourcen: "In Deutschland fehlt es an Fachkräften. Allein um das Ziel der Bundesregierung von 500.000 pro Jahr eingebauten Wärmepumpen zu erreichen, bräuchte man 60.000 Personen mehr in dem Wirtschaftszweig. Die Regierung müsse lernen, mit weniger Fachkräften auszukommen und mehr auf Robotik und serielle Lösungen wie das Energiesprong-Konzept zu setzen.
GdW-Chef: "Wir bauen vorbei an der Mittelschicht"
Die finanziellen Voraussetzungen müssten sowohl für eine wirksame Entlastung von Haushalten und Unternehmen als auch für eine sozial gerechte Bau-, Wohnungs- und Klimapolitik stimmen, so Gedaschko weiter. In der Krise sei deshalb weiterhin eine Liquiditätshilfe für Wohnungsunternehmen notwendig, die für die explosionsartig gestiegenen Energiekosten der Mieter in Vorlage gehen. Mehr als 30 Prozent der sozial orientierten Wohnungsunternehmen wären ansonsten insolvenzbedroht, insbesondere in den strukturschwachen Regionen im Osten Deutschlands.
"Ohne eine mittelbare Förderung werden viele Wohnungsunternehmen ihre Bauplanungen einstellen und genau dieser bezahlbare Wohnraum fehlt dann, damit wir bezahlbaren Wohnraum für Menschen in der Unterschicht schaffen können", sagte der GdW-Präsident noch. Die richtige Wohngeldreform zum Beispiel könne mittelfristig greifen, dazu müssten aber die Verfahren in den zuständigen Ämtern "schleunigst" digitalisiert und Personal aufgestockt werden.
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