Kein Arbeitnehmerschutz für Crowdworker
Oftmals reichen eine App und ein Klick, um den Auftrag zu übernehmen: Crowdworker bewegen sich arbeitsrechtlich in einer Grauzone. Derzeit steht zur Diskussion, wie die wachsende Aufgabenvergabe über digitale Plattformen rechtlich einzustufen ist.
In einem vorliegenden Fall checkte ein solcher mobiler Zuarbeiter regelmäßig für ein Unternehmen die Warenpräsentation in Geschäften und Tankstellen. Die Aufträge musste er nach Übernahme unter bestimmten Vorgaben innerhalb von zwei Stunden bearbeiten. War der App-Jobber damit ein Arbeitnehmer? Das LAG München urteilte im konkreten Fall, dass aufgrund der Ausgestaltung der Basisvereinbarung zwischen Internetplattformbetreiber und Crowdworker kein Arbeitsverhältnis begründet wurde.
Arbeitsverhältnis zwischen Internetplattformbetreiber und Crowdworker?
Der Betreiber der Plattform führt Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen für Markenhersteller durch und vergibt dafür Aufträge an die sogenannte „Crowd“. Im vorliegenden Fall wollte das Unternehmen mit dem Crowdworker nicht mehr zusammenarbeiten und teilte dies per E-Mail mit. Vor Gericht wehrte sich der Crowdarbeiter, der zuvor regelmäßig zahlreiche Aufträge für den Plattformbetreiber übernommen hatte. Aus seiner Sicht bestand zwischen ihm und dem Unternehmen ein Arbeitsverhältnis. Das Unternehmen vertrat den Standpunkt, dass der Mann als Selbstständiger tätig geworden sei.
Basisvereinbarung zur Übernahme von Aufträgen als Arbeitsvertrag?
Als Grundlage der Übernahme von Aufträgen diente eine Basisvereinbarung zwischen den Parteien. Diese berechtigt den Crowdworker dazu, über eine App Aufträge anzunehmen, die auf der Internetplattform in einem selbst gewählten Radius von bis zu 50 km angezeigt werden. Im Fall der Übernahme, war der App-Jobber verpflichtet, den Auftrag innerhalb von zwei Stunden nach bestehenden Vorgaben abzuarbeiten.
LAG: Keine Verpflichtung zur Übernahme von Aufträgen, kein Arbeitsverhältnis
Das LAG München entschied, dass zwischen dem Crowdworker und dem Betreiber der Internetplattform kein Arbeitsverhältnis bestand. Die Richter wiesen in der Begründung auf die gesetzliche Definition des Arbeitsvertrages hin. Nach dieser liegt ein Arbeitsvertrag nur dann vor, wenn er die Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit beinhaltet.
Anzeichen hierfür seien, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten müsse und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden sei. Maßgeblich sei aber die tatsächliche Durchführung des Vertrages, so die Richter.
Kein Arbeitnehmerschutz für Crowdworker
Aus Sicht der Richter erfüllte die Basisvereinbarung die Voraussetzungen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthält. Insbesondere habe keine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags bestanden. Auch umgekehrt habe die Vereinbarung den Auftraggeber nicht verpflichtet, Aufträge anzubieten.
Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage habe der Crowdworker daher nicht den Schutz eines Arbeitnehmers, urteilte das Gericht. Daran könne auch die Tatsache nichts ändern, dass der Crowdworker tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient habe und sich unter Druck gesehen habe, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen.
Basisvereinbarung war bloßer Rahmenvertrag
Die Basisvereinbarung konnte deshalb als Rahmenvertrag auch per Email wirksam gekündigt werden, entschied das Gericht. Ob möglicherweise, jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde, überprüfte das Gericht nicht. In der Entscheidung war dies nicht relevant, da die Unwirksamkeit der Befristung nicht innerhalb der Frist geltend gemacht wurde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LAG München die Revision zum Bundearbeitsgericht zugelassen.
Hinweis: LAG München, Urteil vom 04.12.20198, Az: Sa 146/19
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