Mitbestimmung des Betriebsrats bei App für Kunden-Feedback
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte zuletzt immer wieder Entscheidungen zur Überwachung von Mitarbeiter zu treffen. Im aktuellsten Fall ging es um die Verwertung von Ergebnissen einer Spähsoftware für eine Kündigung. Bereits Ende 2016 hatte sich das BAG mit dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats für einen Facebook-Auftritt eines Unternehmens beschäftigt. Dabei ging es vor allem um Kommentare, die über den Facebook-Auftritt eine Überwachung der Mitarbeiter möglich machten. Diesbezüglich sah daher das BAG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Betriebsrat: Mitbestimmung bei technischer Einrichtung
Auch in einem aktuellen Fall vor dem Arbeitsgericht Heilbronn ging es um das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bei der "Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen".
Ein solches Beteiligungsrecht machte der Betriebsrat eines Einzelhandelsunternehmens geltend. Der Grund: Das Unternehmen bietet über eine App neben speziellen Angeboten seiner Warenhäuser oder Rezeptideen auch die Möglichkeit zu einem sogenannten "Filial-Feedback" an. Die Rückmeldungen der Kunden zu den einzelnen Filialen erfolgt durch eine Bewertung mittels positivem oder negativem Smiley sowie durch ein optionales Freitextfeld. In einer früheren Version der App – diese wurde jedoch bereits gelöscht – konnten Kunden sogar zusätzlich Fotos direkt aufnehmen und an den Arbeitgeber versenden.
Arbeitsgericht: Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Das Arbeitsgericht kam nun zu dem Schluss, dass es sich bei der App nicht um eine technische Einrichtung handelt, die zur Überwachung der Leistung und des Verhaltens der beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt ist. Daher besteht auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 6 BetrVG.
Der Betriebsrat hatte noch anders argumentiert: Die App ermögliche es dem Arbeitgeber, das Verhalten sowie die Leistung der Arbeitnehmer zu kontrollieren. Über die Feedbackfunktion hätten die Kunden die Möglichkeit, Kommentare zu Leistung und Verhalten der einzelnen Mitarbeiter abzugeben. Da die Mitarbeiter der Arbeitgeberin verpflichtet seien, Namensschilder zu tragen, sei die Identifizierung der betroffenen Mitarbeiter jederzeit durch Namensnennung möglich. Auch in Kombination mit den Einsatzplänen sei eine solche Identifizierung möglich.
App: Kein selbstständiges Erheben oder Beschaffen von Daten
Dagegen führte das Arbeitsgericht in der Begründung aus, dass die Applikation zwar eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG darstelle. Allerdings ermögliche die bereitgestellte Funktion "Kundenfeedback" nicht eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung der beschäftigten Mitarbeiter, da die App die Daten im Kern nicht selbst erhebt oder aber programmgemäß verarbeitet.
Vielmehr werden die Daten der App ohne eigenes Zutun und durch Dritte zugeführt – insbesondere ohne hierauf gerichtete Aufforderung der Kunden durch den Arbeitgeber. Eine Datenerhebung – also das Beschaffen von Daten über die Mitarbeiter, deren Persönlichkeitsrecht gegenüber der Arbeitgeberseite durch das Mitbestimmungsrecht geschützt werden soll – erfordere jedoch gerade ein solch aktives Element, argumentierte das Arbeitsgericht. Es vergleicht den Sachverhalt vielmehr mit Briefkästen oder E-Mail-Accounts, bei denen ebenfalls keine Datenerhebung vorliege, solange Benutzer nicht gerade dazu aufgefordert werden, für bestimmte Zwecke Daten zu liefern.
App: Auch keine programmgemäße Weiterverarbeitung
Vorliegend habe der Arbeitgeber die Kunden jedoch gerade nicht zu einem Feedback über das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter aufgefordert, argumentierte das Arbeitsgericht. Natürlich könnten dennoch Kommentare über Verhalten und Leistung von Mitarbeitern abgegeben werden. Dies stehe jedoch nicht im Fokus der Aufforderung des Arbeitgebers, der zudem nachvollziehbar behauptet habe, dass 99 Prozent der Kundenrückmeldungen sich auf das Warensortiment beziehe und nur ein Prozent mitarbeiterbezogen sei.
Zudem verneint das Arbeitsgericht eine programmgemäße technische Datenverarbeitung. Denn die über die App eingehenden Daten wurden ausschließlich manuell selektiert und an die Stellen weitergeleitet, für die die Informationen bestimmt sind. Anders könne dies dann beurteilt werden, wenn die eingehenden Daten durch die technische Einrichtung mittels einer eigenen Auswertungssoftware weiterverarbeitet werden können.
BAG: Mitbestimmungsrecht bei Facebook-Kommentaren
Es dürfte interessant sein, ob die nächste Instanz – soweit diese entscheiden wird – diese Ansicht teilt. Zwar hat das BAG für den Facebook-Auftritt eines Unternehmens entschieden, dass die generelle Entscheidung beim Unternehmen verbleibe. Bei aktivierter Kommentar-Funktion bestehe jedoch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Bezüglich Facebook führte das BAG aus: "Es ist unerheblich, dass die Seite nicht auf die Überwachung der Leistung und des Verhaltens der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer ausgerichtet ist oder die Nutzer nicht von ihr aufgefordert werden, Besucher-Beiträge zu dem Verhalten oder der Leistung von Beschäftigten einzustellen."
Andererseits wurden im Facebook-Fall die Kommentare mittels der von Facebook eingesetzten Software dauerhaft gespeichert – mit zeitlich unbegrenzter Zugriffsmöglichkeit. Zudem waren die Kommentare – anders als wohl bei der App des Einzelhandelsunternehmens – dauerhaft öffentlich zugänglich.
Hinweis: ArbG Heilbronn, Beschluss vom 8. Juni 2017, Az. 8 BV 6/16
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