Azubi hat Anspruch auf Tariflohn
Wer einen Ausbildungsvertrag unterschreibt, geht damit Rechte und Pflichten ein. Das gilt nicht nur für den Azubi, sondern auch für den Arbeitgeber. Dies umfasst insbesondere die Pflicht zur sachgemäßen Ausbildung des Nachwuchses. Während der Ausbildung darf der Arbeitgeber dem Auszubildenden nur Tätigkeiten übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen. Zudem muss er ihn für die Berufsschule freistellen. Wer Auszubildende im Betrieb nicht mit Ausbildungsinhalten beschäftigt, sondern wie eine ungelernte Fachkraft einsetzt, muss auch damit rechnen, dass er eine höhere Vergütung zahlen muss, zeigt die aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn.
Rechtsstreit um Vergütung als Auszubildender oder als Arbeitnehmer
Im konkreten Fall begann der Azubi seine Ausbildung als Gebäudereiniger im September 2020. Seine vereinbarte Ausbildungsvergütung betrug 775 Euro brutto monatlich. Ein Ausbildungsverhältnis meldete der Arbeitgeber jedoch nicht bei der Gebäudereiniger-Innung an. Stattdessen setzte er den angehenden Gebäudereiniger nach einer einmaligen Einweisung durch einen Arbeitskollegen direkt mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden als Reinigungskraft ein. Der Azubi wurde zudem weder bei der Berufsschule angemeldet, noch wurde ihm ein Ausbildungsplan erstellt. Für seine Tätigkeit als ungelernter Arbeitnehmer forderte der Azubi mehr als die ihm gezahlte Ausbildungsvergütung.
Mehr Lohn für Leistung, die über Ausbildung hinausgeht
Das Arbeitsgericht Bonn gab ihm recht. Es entschied, dass der Arbeitgeber dem Auszubildenden nicht lediglich die vereinbarte Ausbildungsvergütung, sondern die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers zahlen muss. Das Gericht führte in seiner Begründung aus, dass ein Auszubildender, der als Arbeitnehmender eingesetzt wird, ohne ausgebildet zu werden, Leistungen erbringt, zu denen er aufgrund seines Ausbildungsvertrages nicht verpflichtet ist.
Azubi ohne Ausbildung hat Anspruch auf Tarifgehalt als Ungelernter
Damit seien diese Leistungen nicht durch die Zahlung seiner Ausbildungsvergütung abgegolten, sondern müssten in entsprechender Anwendung von § 612 BGB in Höhe der üblichen Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmenden bezahlt werden. Da der als Azubi eingestellte Arbeitnehmer vorliegend in Wirklichkeit als ungelernte Kraft in der Gebäudereinigung beschäftigt wurde, bedeutete das, dass der Mitarbeiter Anspruch auf die tarifliche Vergütung nach der Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung hat.
Das könnte Sie auch interessieren:
Berufsbildungsgesetz: Mindestlohn für Azubis erhöht sich 2021
Ausbildungszeugnis schreiben: Pflicht oder Kür?
Ausbildungsbetriebe können weiterhin staatliche Prämien beantragen
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
8.902
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
8.6662
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
6.957
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
6.7552
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
4.518
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
4.416
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
3.851
-
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel richtig berechnen
3.55916
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
3.3061
-
Auswirkungen der Zeitumstellung auf Arbeitszeit und Vergütung
3.301
-
Ein arbeitsrechtlicher Rückblick auf die Ampelkoalition
21.11.2024
-
Umgang mit Geschlechts- und Namensänderungen am Arbeitsplatz
20.11.20243
-
Inflationsausgleichsprämie während Passivphase der Altersteilzeit
18.11.2024
-
Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
15.11.2024
-
Grundsätzliches zum Bereitschaftsdienst
14.11.2024
-
Schriftform im Arbeitsrecht: Klassische Fehler und deren Konsequenzen
13.11.2024
-
Aushangpflichtige Gesetze für Arbeitgeber 2025
12.11.2024
-
Altersfreizeit auch für Teilzeitbeschäftigte
11.11.2024
-
DSGVO-Schadensersatzanspruch wegen heimlicher Mitarbeiterüberwachung
07.11.2024
-
Vorsicht bei Weihnachtsgeschenken von Geschäftspartnern
06.11.2024