Wenn Bewerber gefälschte Unterlagen vorlegen
Die Anwälte von Petra Hinz hatten es bestätigt, nachdem das Essener "Informer Magazin" über Zweifel am Lebenslauf der Abgeordneten berichtet hatte: Die SPD-Parlamentarierin hat wesentliche Teile ihres Lebenslaufs erfunden und weder Abitur gemacht noch juristische Staatsexamina abgelegt. Als Konsequenz daraus gab sie nun den Verzicht auf ihr Bundestagsmandat bekannt.
Bei der Essener Staatsanwaltschaft seien inzwischen zwei Anzeigen gegen Hinz eingegangen, sagte Oberstaatsanwältin Anette Milk auf Anfrage. Derzeit werde geprüft, "ob ein Anfangsverdacht wegen eines Täuschungsdeliktes gegeben ist". Hinz hat als Bundestagsabgeordnete Immunität. Von Seiten der Bundestagsverwaltung gebe es "keinen Ansatzpunkt für rechtliche Konsequenzen" wegen des gefälschten Lebenslaufes, teilte ein Sprecher mit.
Gefälschte Bewerbungsunterlagen: Anfechtung oder Kündigung?
Auch abseits der Politik spielen in Unternehmen gerade bei Bewerbungen der Lebenslauf und vor allem die Nachweise der Angaben mittels Zeugnis und Urkunden eine wichtige Rolle. Was jedoch, wenn sich im Nachhinein herausstellt: Der Bewerber hat den eingereichten Lebenslauf und die dazugehörigen Unterlagen, zum Beispiel Ausbildungsnachweise, Promotionsurkunden oder Arbeitszeugnisse gefälscht oder verändert. In einem solchen Fall kann regelmäßig der bereits abgeschlossene Arbeitsvertrag angefochten oder gekündigt werden.
Anfechtung: Unterlagen meist mitursächlich für Stellenbesetzung
Für eine Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) muss der Arbeitsvertrag aufgrund der Vorlage gefälschter Unterlagen abgeschlossen worden sein. Eine Mitursächlichkeit ist dabei ausreichend. Nur wenn die gefälschten Unterlagen bei Vertragsschluss keine Rolle spielen, besteht kein Anfechtungsrecht.
Bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung dürfte dies jedoch zumindest bei Bewerbungen in den meisten Fällen eher selten sein. Meist werden die vorgelegten Bewerbungsunterlagen Einfluss auf die Stellenbesetzung haben.
Beispiele für wirksame Anfechtungen
Beispielsweise war in einem Fall am LAG Baden-Württemberg die Anfechtung eines Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber wirksam: Mehr als acht Jahre nach dem Vertragsschluss hatte sich herausgestellt, dass der Arbeitnehmer seine Noten im Ausbildungszeugnis selbst „verbessert“ hatte (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2006, Az. 5 Sa 25/06).
Auch im Falle einer Krankenschwester war der Arbeitsvertrag wirksam angefochten: 14 Jahre lang hatte sie der Arbeitgeber auf Grundlage gefälschter ausländischer Prüfungszeugnisse beschäftigt, bis ihm dies auffiel (LAG München, Urteil vom 28.6.2007, Az. 4 Sa 159/07).
Anfechtung oder Kündigung: Die Folgen sind ähnlich
Ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, besteht in der Regel zugleich die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung. Es sollte dann auch von beiden Möglichkeiten parallel Gebrauch gemacht werden. Sowohl Anfechtung wie außerordentliche Kündigung beenden das Arbeitsverhältnis sofort und ohne längere Fristen.
Prinzipiell wirkt eine Anfechtung zwar rückwirkend. Ist ein Arbeitsverhältnis jedoch bereits in Vollzug gesetzt, gelten Besonderheiten. Faktisch wirkt die Anfechtung dann ähnlich der Kündigung nur für die Zukunft, sodass sich – betrachtet man nur die Rechtsfolgen von Anfechtung und Kündigung – eine gewisse Ähnlichkeit beider rechtlicher Möglichkeiten ergibt.
Anfechtung oder Kündigung: verschiedene Voraussetzungen
Es bestehen jedoch unterschiedliche Anforderungen, die häufig die Anfechtung aussichtsreicher machen. So ist bei der außerordentlichen Kündigung nicht nur ein möglicher Sonderkündigungsschutz (etwa für Schwerbehinderte, Betriebsräte oder Arbeitnehmer in Elternzeit) zu berücksichtigen. Auch die Zwei-Wochen-Frist des § 626 BGB gilt es bei der Kündigung zu beachten.
Die Anfechtung kann dagegen ohne Kündigungsschutz binnen Jahresfrist nach Kenntnis von der Fälschung erfolgen. Lediglich dann, wenn bereits mehr als zehn Jahre seit Vertragsschluss vergangen sind, ist die Anfechtung gemäß § 124 BGB ausgeschlossen.
Der Plagiatsfall: Unlauter erworbene akademische Titel
Anders liegt der Fall jedoch, wenn – wie dies etwa dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vorgehalten wurde – nicht der Vorwurf einer Täuschung und Urkundenfälschung, sondern jener einer Plagiatstäuschung der Universität bei Einreichung einer Doktorarbeit vorliegt. Der daraufhin vergebene akademische Doktor-Grad wird dann nicht zu Unrecht geführt.
Dies wäre erst nach einer Entscheidung der jeweiligen Universität über eine mögliche Entziehung des Titel möglich. Im Arbeitsverhältnis dürfte ein entsprechender Vorwurf deshalb ohne Entziehung des Titels regelmäßig keine Konsequenzen haben, da ein sogenanntes außerdienstliches Fehlverhalten vorläge. Nur wenn gerade die inhaltliche akademische Leistung der Doktorarbeit für die Einstellung maßgeblich war, wie zum Beispiel im Forschungs- oder Hochschulbereich, wäre dies eventuell abweichend zu beurteilen.
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