Wie ein Klinikum passive Bewerber zu Mitarbeitern macht
Insbesondere bei Mangelprofilen versagen die klassischen Instrumente. So lassen sich Menschen, die noch gar nicht wissen, dass sie einen neuen Job suchen – die latenten Bewerber – kaum über traditionelle Jobpostings erreichen. Diese Zielgruppe ist überaus interessant, aber nicht ganz einfach anzusprechen. Denn wer mit seinem Job eigentlich zufrieden oder für einen Wechsel schlichtweg zu behäbig ist, geht nicht in Jobportale und wird über diesen Weg nicht erreicht.
Darüber hinaus gilt: Gerade in Mangelprofilen tun die aktuellen Arbeitgeber viel dafür, eine Wechselmotivation erst gar nicht entstehen zu lassen, wodurch sich die Volatilität auf dem Bewerbungsmarkt noch weiter reduziert.
Performance Recruiting: Zielgruppen auswählen und ansprechen
Mit einer Bewerberansprache über soziale Medien und berufsbezogene Netzwerke lassen sich inaktive Bewerber ansprechen. Die Basis hierfür bilden die Auswahl der richtigen, zu den Jobprofilen passenden Medien und eine solide Targetierung der Zielgruppe. Mit Targetierung wird in sozialen Medien die passgenaue Auswahl von Zielgruppen bezeichnet, bei denen eine Werbebotschaft möglichst ohne Streuverluste auf fruchtbaren Boden fällt.
Je besser "targetiert" wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, die richtigen Menschen für eine Bewerbung zu erreichen. Das ist sozusagen die Pflicht, danach kommt die Kür: Die Gestaltung und das richtige Wording einer individuell im sozialen Medium dargestellten Werbebotschaft für einen Job. Zusammen mit der Targetierung der Zielgruppen stellt die Ansprache der potenziellen Interessenten den Schlüssel für die erfolgreiche Aktivierung latenter Bewerber dar.
Anhand aktuell sehr relevanter Mangelprofile kann verdeutlicht werden, wie ein solcher Prozess effizient organisiert werden kann. Gerade im Bereich medizinischer Berufe wird derzeit sehr stark über soziale Medien statt über Stellenanzeigen rekrutiert – zur Aktivierung vollkommen inaktiver Fachkräfte, etwa nach der Erziehungspause oder einer beruflichen Umorientierung. Auch zur Ansprache von Bewerbern, die keine aktuellen Suchanreize für eine neue Beschäftigung haben, sondern bei denen ein entsprechender Bedarf erst generiert werden muss, eignet sich Performance Recruiting in Social Media.
Beispiel: Klinikgruppe führt Performance Recruiting ein
Das verdeutlicht das Beispiel der Augenklinik Dr. Hoffmann: Für die Klinikgruppe mit zwölf Standorten in Niedersachsen wurde eine Kampagne entworfen, um medizinische Assistenzberufe zu rekrutieren – ein am Markt heiß umworbener Berufszweig.
Zunächst hatte die Klinik versucht, die Vakanzen durch eine klassische Bewerberansprache zu lösen. Dieses Recruiting-Instrument konnte dem Personalbedarf jedoch nicht gerecht werden. Über lokale Stellenportale und die bekannten größeren Portale kam zu wenig geeignete Rückmeldung. Die Augenklinik Dr. Hoffmann wollte sich nicht in einer Situation wissen, in der sie den nächstbesten Kandidaten einstellen muss. Sie suchte daher nach einer Möglichkeit, wie sie die für sie besten Kandidaten auf die Vakanzen aufmerksam machen kann.
Als Lösung zeichnete sich Performance Recruiting zur Ansprache inaktiver Bewerber ab. In einem ersten Schritt werden die zu besetzenden Vakanzen und die Idealprofile an Bewerbenden beschrieben. Mit Idealprofilen werden sogenannte "Personas" definiert, die idealtypisch auf die zu besetzenden Stellen passen – sowohl persönlich als auch aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und Erfahrung. Recruiting-Designer entwickelten diese Personas in enger Abstimmung mit der Klinikleitung und Fachvorgesetzten.
Die Personas bestimmen im nächsten Schritt die Zielgruppentargetierung in den sozialen Medien. Regionale und biografische Merkmale (unter anderem die jeweilige Ausbildung) bilden hierbei den Bezugsrahmen.
Künstliche Intelligenz optimiert das Targeting via Social Media
Nach Abstimmung der Targetierung wurde die Kampagne gelauncht. Das heißt, in den targetierten Personenprofilen wurden bezahlte Stellenanzeigen angezeigt. Die Anzeigentexte sprechen spezifische Interessen und Wünsche der Zielgruppe an, um die Interessenten zur Interaktion mit der Werbeanzeige zu bewegen.
Nach der Interaktion mit der Anzeige wird den interessierten Personen eine Befragung zu persönlichen Interessen oder jobrelevanten Qualifikationen (zum Beispiel examinierter Ausbildungsabschluss, Sprachkenntnisse und ähnliche) zur Vorqualifikation dargeboten. Im Hintergrund hinterlegte Idealantworten (zum Beispiel zur Dauer der Berufserfahrung) führen zu einer automatisierten Vorbewertung der Bewerbenden. Hierbei lernen die Algorithmen die Idealprofile der Social-Media-User kennen und spielen die Anzeige auf dieser Basis noch zielgenauer an relevante Zielgruppen aus. Durch das selbstlernende System verbessert sich die Vorqualifikation der Bewerbenden im Zeitverlauf.
Idealerweise resultiert aus der Interaktion eines Interessenten mit der Anzeige und der Befragung die Konversion in eine reale Bewerbung. Auch dieser Prozess wird durch selbstlernende Algorithmen unterstützt und das System "lernt" im Zeitverlauf, welche Usertypen sich bewerben.
Dies führt erneut zu einer Optimierung der Bewerberansprache. Bewerber, die sich nicht sofort bewerben, aber auf Basis ihres Profils passend erscheinen, werden "retargetiert", also erneut angesprochen und in mehreren Schritten mit Unternehmen und Position besser vertraut gemacht, sodass die Bewerbungsschwelle sinkt. Der ganze Prozess ist mit wenigen Klicks zu steuern.
Augenklinik besetzt in weniger als drei Monaten sieben Stellen
Im Beispiel der Augenklink Dr. Hoffmann konnten die wichtigen Stellen in kurzer Zeit mit passenden Bewerbenden besetzt werden. Innerhalb von weniger als drei Monaten wurden auf diese Weise sieben Vakanzen besetzt. Vor Einführung des Performance Recruitings konnten dagegen nicht immer alle Positionen rechtzeitig besetzt werden. Dies führte zu einer erheblichen Wachstumseinschränkung der gefragten Augenklinik.
Social-Media-Performance-Recruiting ist gerade für Unternehmen interessant, deren Markenbekanntheit nicht an die eines Konzerns heranreicht und die zu den Hidden Champions ihrer Branche und Region zählen. Big Brands bekommen nach wie vor eine große Anzahl an Initiativbewerbungen und Bewerbungen auf traditionell veröffentlichte Stellenanzeigen. Für kleinere und mittelständische Unternehmen, die von diesem Effekt nicht profitieren können, bietet sich zielgerichtetes Performance Recruiting an, um passende Bewerber aus dem großen Pool der latent Stellungsuchenden zu generieren.
Mit der HR-Arbeit im Gesundheitssektor und den Herausforderungen für das Recruiting und Employer Branding beschäftigt sich das Schwerpunktthema in Personalmagazin 5/2021. Lesen Sie die gesamte Ausgabe auch in der Personalmagazin-App.
Das könnte Sie auch interessieren:
-
Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber beachten müssen
1.993
-
Essenszuschuss als steuerfreier Benefit
1.713
-
Vorlage: Leitfaden für das Mitarbeitergespräch
1.500
-
Ablauf und Struktur des betrieblichen Eingliederungsmanagements
1.276
-
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
1.249
-
Krankschreibung per Telefon nun dauerhaft möglich
1.129
-
BEM ist Pflicht des Arbeitgebers
1.031
-
Checkliste: Das sollten Sie bei der Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs beachten
709
-
Das sind die 25 größten Anbieter für HR-Software
514
-
Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten
390
-
Tipp der Woche: Mehr Inklusion durch KI
19.12.2024
-
Gleichstellung in Europa verbessert sich nur langsam
16.12.2024
-
Fünf Tipps für effektive Recruiting-Kampagnen zum Jahresstart
13.12.2024
-
Eine neue Krankenkasse als Zeichen der Fürsorge
11.12.2024
-
Wie Personalarbeit wirtschaftlichen Erfolg beeinflusst
10.12.2024
-
1.000 neue Fachkräfte für den Glasfaserausbau
09.12.2024
-
KI für eine inklusive Arbeitswelt
06.12.2024
-
Weihnachtsgeld: Wer bekommt wie viel?
05.12.2024
-
Mit Corporate Volunteering Ehrenamt ins Unternehmen bringen
05.12.2024
-
Die Angst vor KI lässt nach
05.12.2024