Chancengleichheit: Führungsetagen bleiben Männerdomänen

Frauen bleiben in Führungspositionen unterrepräsentiert – trotz der gesetzlichen Frauenquote. Das geht aus einem aktuellen Regierungsbericht hervor, mit dem das Familien- und Justizminiserium nun nach zwei Jahren Bilanz gezogen haben. Die Familienministerin erwägt weitere Maßnahmen.

"Ich gebe der Wirtschaft noch ein Jahr Zeit, die Sache selbst zu regeln. Wenn sich bis dahin nichts tut, werden wir gesetzlich eingreifen", sagte Familienministerin Katarina Barley kürzlich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Damit bezieht sich die Ministerin auf die Frauenquote in der deutschen Wirtschaft, zu der das Familien- und Justizministeriums nun einen gemeinsamen Bericht vorgelegt haben.

Der Frauenanteil in Führungspositionen ist leicht gestiegen

Ein Ergebnis daraus: Der Frauenanteil in Führungspositionen ist nach der Einführung der sogenannten gesetzlichen Frauenquote für die Privatwirtschaft leicht gestiegen. Laut des Regierungsberichts stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der betroffenen Unternehmen binnen Jahresfrist von 25,0 Prozent im Jahr 2015 auf 27,3 Prozent 2016. Aktuelle Zahlen aus dem laufenden Jahr legten die Ministerien nicht vor. In den Vorstandsetagen bestehe allerdings noch "deutlicher Verbesserungsbedarf".

Rückblick zur gesetzlichen Frauenquote

Das lange umstrittene Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst war im Mai 2015 in Kraft getreten. Die sogenannte gesetzliche Frauenquote verpflichtet rund 100 börsennotierte, mitbestimmungspflichtige Großunternehmen seit dem 1. Januar 2016 zu einer Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten. Wird bei einer Neubesetzung die Quote nicht eingehalten und für einen frei werdenen Posten keine Frau gefunden, sollen Stühle unbesetzt bleiben. Für Vorstandsposten gibt es keine verpflichtende Quote.

Laut BDA geht es in den Aufsichtsräten voran

In den Aufsichtsräten seien die Unternehmen nach Auffassung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) auf gutem Weg. Das bestätigten auch die Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das gegenüber dem aktuellen Bericht zu einem vergleichbaren Ergebnis kam. Demnach lag der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der rund 100 Unternehmen, die zur Quote verpflichtet sind, bei rund 27 Prozent. Anders sah es bei den Vorständen aus. Bei denselben 106 Unternehmen lag der Anteil der weiblichen Führungskräfte 2016 laut dem DIW nur bei 6,5 Prozent. Die Zahlen aus dem neuen Regierungsbericht liegen hier sogar noch etwa niedrigen – bei gerade einmal 6,1 Prozent.

Nachholbedarf in der Verwaltung 

Nachholbedarf gebe es laut dem Familien- und Justizministerium zudem in der Bundesverwaltung. Auch das zeigt der aktuelle Bericht: Obwohl in der Bundesverwaltung 54 Prozent aller Beschäftigten weiblich sind, lag der Frauenanteil in den Leitungsfunktionen zuletzt bei nur 33 Prozent. Darüber hinaus räumt der Regierungsbericht ein: "Je höher die Leitungsebene, desto weniger Frauen".

Erst am Quoten-Anfang?

Insgesamt ist die Familienministerin mit dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern jedoch zufrieden. Die gesetzliche Quote sei ein "Erfolg für die gesamte Gesellschaft", sagte Barley. Die jetzige Regelung könne aber nur ein Anfang sein. Dort, wo keine feste Quote gilt, bewege sich nämlich nach wie vor zu wenig. Das könne so nicht bleiben, kritisierte Barley. "Ich hätte kein Problem mit einer verpflichtenden Frauenquote auch für Unternehmensvorstände." Offen blieb, wie Barley eine solche Quote gegebenenfalls realisieren will. 


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