Passungsprobleme bei Höherqualifizierten verschärfen den Fachkräftemangel
Fachkräfte dürfen sich über eine immer größere Auswahl an potenziellen Jobs freuen – mit 630.000 vakanten Stellen im Jahr 2022 erreichte die Fachkräftelücke ein neues Rekordhoch. Dennoch lag die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland noch immer bei fast 2,5 Millionen.
Wie ein Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nahelegt, ist dieses Phänomen darauf zurückzuführen, dass die Qualifikation Arbeitsuchender und die Anforderungen seitens der Arbeitgeber häufig nicht übereinstimmen. Lediglich Jobs mit geringen Qualifikationsanforderungen sind davon kaum betroffen. Ein möglicher Ansatz für Unternehmen, dem Passungsproblem bei Höherqualifizierten entgegenzuwirken: gezielter für Mangelberufe werben und qualifizieren.
Fachkräftemangel: Große Unterschiede bei Gering- und Höherqualifizierten
Am gravierendsten klafft die Fachkräftelücke bei der Gruppe der Beschäftigten mit Berufsausbildung. Hier stieg zwar die Zahl der Beschäftigten im Zeitraum von 2013 bis 2022 um neun Prozent – dennoch ist auch eine deutliche Zunahme der vakanten Stellen zu konstatieren (+330 Prozent). Aufgrund des demografischen Wandels dürften die zukünftigen Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Berufsausbildung sogar noch besser werden – wohingegen sich Unternehmen mit einer immer geringeren Zahl an Bewerbenden und einem dadurch erhöhten Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte konfrontiert sehen.
Doch auch hochqualifizierte Mitarbeitende – dazu zählen neben Akademikern auch Absolventen einer Fortbildung wie Meister, Fachwirte oder Techniker – werden für Unternehmen in Zukunft schwieriger zu finden sein. Die Fachkräftelücke nahm bei dieser Gruppe zwischen 2013 und 2022 um 405 Prozent zu.
Lediglich bei der Gruppe der Geringqualifizierten hat sich der Fachkräftemangel zwischen 2013 und 2022 nicht verschärft. Dabei spielt eine Rolle, dass vakante Stellen für Geringqualifizierte aus einem breiten Pool an potenziellen Kandidaten ohne größere Umschulungsmaßnahmen besetzt werden können, was auch viele Arbeitslose zu möglichen Kandidaten macht.
Umschulung und Weiterbildung von arbeitsuchenden Fachkräften
Bei Stellen, die eine höhere Qualifikation erfordern, ist der Pool an Kandidaten und Kandidatinnen für die Unternehmen deutlich kleiner. Aussichtslos ist die Lage deshalb jedoch nicht. Denn deutschlandweit ist aktuell rund eine Viertelmillion qualifizierte Fachkräfte ohne Job. Unternehmen, die bereit sind in die Umschulung und Weiterbildung dieser Gruppe zu investieren, können somit ihren Kandidatenpool erweitern.
Erhöhte Einstellungskosten für Unternehmen
Durch den erhöhten Wettbewerb um neue Arbeitskräfte sehen sich Unternehmen mit erschwerten Bedingungen bei der Personalsuche konfrontiert. Laut einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stiegen die Rekrutierungskosten für Unternehmen von Juni 2010 bis Juni 2022 um durchschnittlich 13,7 Prozent. Dies ist auf eine geringere Anzahl an Bewerbungen, eine längere Dauer der Personalsuche sowie eine höhere Zahl an Suchkanälen zurückzuführen. Außer dem Ausscheiden von Fachkräften, die in Rente gehen, könnte auch der Post-Corona-Aufschwung als Katalysator für den zunehmenden Wettbewerb am Arbeitsmarkt wirken.
Fachkräftemangel kann mit steigender Beschäftigung einhergehen
Wie der Bericht des IW zeigt, sank die Beschäftigung von Fachkräften mit Ausbildung in Metall-Berufen von 2013 bis 2022 um zehn Prozent – gleichzeitig ging die Arbeitslosigkeit um 43 Prozent zurück und die Fachkräftelücke stieg um 366 Prozent. Es wird demnach weiterhin wichtig sein, junge Menschen für Ausbildungsberufe wie beispielsweise Industrie- oder Zerspanungsmechaniker zu begeistern.
Dass der verschärfte Fachkräftemangel in diesem Fall mit sinkenden Beschäftigungszahlen einhergeht, liegt vor allem daran, dass immer mehr Menschen in Rente gehen. Es existieren jedoch auch Bereiche, in denen eine vergrößerte Fachkräftelücke bei steigender Beschäftigung entsteht, wie etwa in der IT-Branche oder bei Erzieherinnen und Erziehern. Hier steigt zwar das Arbeitsangebot, die Nachfrage nach Arbeit wächst jedoch noch schneller.
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