"Mitarbeiter brauchen ein Navi, doch Unternehmen bieten einen Straßenatlas"
Haufe Online Redaktion: Softwareeinführungen in Unternehmen gehen zumeist mit entsprechenden Schulungen für die Mitarbeiter einher. Warum tun sich diese mit der Benutzung dennoch häufig schwer?
Hartmut Hahn: Eine Schulung ist grundsätzlich ein guter Start. Das Problem ist jedoch ein anderes: Die Anforderungen an Mitarbeiter haben sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Früher mussten Mitarbeiter nur wenige Anwendungen beherrschen und waren nach einem umfangreichen Training erst einmal für die nächsten Jahre gerüstet. Mittlerweile hat die Anzahl der Anwendungen stark zugenommen und es ist kaum möglich, dass jeder Mitarbeiter ausführlich in jeder Software geschult wird. Hinzu kommt, dass Software in immer kürzeren Abständen neue Funktionen oder Design-Updates bekommen. Dadurch ist selbst das in Lehrgängen erarbeitete Wissen oft ein paar Monate später nicht mehr ausreichend.
Prozesslandschaften dominieren den Arbeitsalltag
Haufe Online Redaktion: Woran scheitern Mitarbeiter bei der Bedienung?
Hahn: Im Durchschnitt arbeiten Angestellte täglich mit 35 Applikationen und müssen teilweise sehr komplexe Prozesse in diesen beherrschen. Prozesslandschaften dominieren dann den Arbeitstag und wichtige Aufgaben bleiben liegen – obwohl die Programme eigentlich die Arbeit erleichtern sollten. Ich weiß von Ärzten, die sich teilweise 50 Prozent ihrer Zeit mit der Dokumentation von Fällen beschäftigen, anstatt mit ihren Patienten. Das Problem ist dabei nicht, dass Mitarbeiter nicht smart genug sind, um die neuen Technologien zu bedienen, sondern dass die Menge und Komplexität der Anwendungen eine andere Art der Unterstützung benötigt.
Haufe Online Redaktion: Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Hahn: Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit dem Auto durch Ihre Heimatstadt: Sie kennen Ihre Wege und kommen gut von A nach B. Doch plötzlich müssen Sie innerhalb eines Tages durch 35 Städte navigieren und jeden zweiten Tag ändern sich die Einbahnstraßen. Hier wären Sie ohne Navigationssystem verloren. Der Alltag in Unternehmen ist jedoch immer noch auf dem Stand eines Straßenatlas. Mitarbeiter bekommen PDF-Handbücher und können um Hilfe rufen, wenn sie sich in der Software "verfahren" haben. Das ist weder besonders produktiv noch motivierend.
"Das Problem ist nicht, dass Mitarbeiter nicht smart genug sind, um die neuen #Technologien zu bedienen, sondern dass die Menge und Komplexität der Anwendungen eine andere Art der Unterstützung benötigt." Hartmut Hahn @Userlane_DE
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Selten genutzte Software sorgt häufig für Frustration
Haufe Online Redaktion: Dabei versprechen zahlreiche Softwareanbieter intuitive und nutzerfreundliche Programme.
Hahn: Intuitiv und nutzerfreundlich sind relative Begriffe. Was für einen Kollegen selbsterklärend ist, ist für den anderen unverständlich. Auch die Nutzungsfrequenz spielt eine wichtige Rolle: Wenn eine vermeintlich intuitive Software nur ein- bis zweimal im Monat genutzt wird, muss der Anwender sich jedes Mal wieder in die Benutzeroberfläche eindenken und seinen Weg zum Ziel suchen. Wir alle kennen die Situation, in der wir eine vermeintlich einfach Aufgabe gestellt bekommen, aber nicht genau wissen, wie wir sie lösen können. Was tun wir also? Wir schieben die Aufgabe vor uns her, der Frust wächst. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, ihren Mitarbeitern im richtigen Zeitpunkt die richtigen Informationen zur Verfügung zu stellen und den Zugang zu hilfreichen Inhalten so einfach wie möglich zu machen.
Haufe Online Redaktion: Userlane bietet Mitarbeitenden eine Art Navigationssysteme für Softwareanwendungen. Wie funktioniert das?
Hahn: Wir führen die Nutzer einer Software Schritt-für-Schritt durch das jeweilige Programm. Der User kann auswählen, welche Aufgabe er erledigen möchte, etwa einen Urlaubsantrag ausfüllen. Der interaktive Guide zeigt ihm dann, welche Pfade er gehen muss, welche Buttons er klicken muss (alle anderen sind deaktiviert, er kann also gar nichts falsch machen) oder wo er etwas eintragen muss. So lernt der Anwender die Software kennen, während er sie nutzt. Die Guides lassen sich jederzeit ein- oder ausschalten, je nachdem wie sicher man sich in der Anwendung der Software fühlt.
Haufe Online Redaktion: Wie sieht die technische Integration Ihrer Anwendung aus?
Hahn: Userlane legt sich über die zu erlernende Software und funktioniert mit jeder webbasierten Applikation. Der Nutzer muss also seine Anwendung nicht verlassen, sondern kann sich direkt in der Software durch die jeweiligen Prozesse führen lassen. Um die Guides zu erstellen, ist außerdem kein Programmierwissen erforderlich. Wir bieten unseren Kunden einen Editor, mit dem jeder interaktive Guides erstellen kann, der sich mit dem zu erlernenden Programm auskennt.
Mitarbeiter scheitern an der Komplexität einer Anwendung
Haufe Online Redaktion: Nehmen wir an, Softwareanbietern gelingt es, ihre Programme so intuitiv zu gestalten wie Anwendungen, die wir aus dem Privaten kennen, etwa Amazon, Netflix oder Spotify. Welche Perspektive sehen Sie dann für Ihr Startup?
"Es genügt nicht, neue #Technologien anzuschaffen: Der Mensch muss ins Zentrum der digitalen Adaption gerückt werden." Hartmut Hahn @Userlane_DE
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Hahn: Zunächst einmal sind wir selbst große Fans nutzerfreundlicher Programme, denn wir sind überzeugt, dass die Software sich dem Nutzer anpassen muss und nicht umgekehrt. Durch die Vielzahl an neuen Programmen und deren stete und schnelle Veränderung wird es immer wichtiger, die Anwender abzuholen und in deren Tempo auf die digitale Reise mitzunehmen. Leider wird das noch immer oft vernachlässigt. Eine Software kann noch so intuitiv gestaltet sein, je komplexer sie ist und je mehr Funktionen sie bietet, desto größer ist die Anzahl der Nutzer, die hier Probleme bekommen.
Hinzu kommt, dass wir uns gerade in Zeiten von Homeoffice mit immer mehr Software herumschlagen, die wir effizient anwenden müssen und nicht einfach die Möglichkeit haben, unsere Kollegen um Hilfe zu bitten. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern beim digitalen Wandel helfen und sie dafür begeistern. Es genügt also nicht, neue Technologien anzuschaffen: Der Mensch muss ins Zentrum der digitalen Adaption gerückt werden.
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