Karriere ist kein Lebensziel
60 Prozent der Fachkräfte mit Berufsausbildung sehen Karriere nicht als ihr vornehmliches Lebensziel an. Dagegen stimmen nur acht Prozent voll und ganz der Aussage zu "Karriere ist ein vorrangiges Lebensziel für mich". Diese Ergebnisse basieren auf einer Umfrage durch Meinestadt.de und dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der deutschen Wirtschaft, an der 3.000 Fachkräfte mit Berufsausbildung teilgenommen haben.
Am wichtigsten ist die Karriere für die 18- bis 24-Jährigen: 25 Prozent halten sie für einen bedeutsamen Punkt in ihrem Werdegang. Im Gegensatz dazu sehen 27 Prozent der 65- bis 74-Jährigen in einer Karriere überhaupt kein Lebensziel. In dieser stark ablehnenden Antwort mag zum Ausdruck kommen, dass diese Altersgruppe bereits beruflichen Erfolg errungen hat. Aber auch die lange Lebenserfahrung und der Blick zurück auf die eigene Laufbahn könnten dafür ausschlaggebend sein, dass es im Leben mehr gibt als beruflichen Erfolg.
Karriere hat viele Facetten
Aus Sicht der Fachkräfte hat der Karrierebegriff eine weitaus facettenreichere Bedeutung als das schrittweise Aufsteigen in der Firmenhierarchie. Sie verbinden mit dem Begriff vor allem mehr Geld, aber auch Führungsverantwortung und mehr Stress. Auch erhöhte Leistungsanforderungen und mehr Anerkennung für das Geleistete sind aus ihrer Sicht mit dem beruflichen Aufstieg verbunden. Aber sie assoziieren Karriere kaum noch mit einem wohlklingenden Titel oder mit Statussymbolen wie einem Dienstwagen oder einem größeren Büro.
Stellenanzeigen: "Karriere" lockt keine Fachkräfte an
Dass ein Karriereversprechen allein ein Unternehmen nicht mehr attraktiv macht, zeigt sich bei einer Analyse möglicher Stellenanzeigen. Die Studienautoren haben Formulierungsbeispiele entworfen, die unterschiedliche Aspekte einer Karriere ausdrücken, und gefragt, von welchen sich Fachkräfte am meisten angesprochen fühlen. Hierbei zeigte sich: Die Anzeigen, die das Wort "Karriere" verwendeten, kamen bei den Befragten am wenigsten an. Deutlich besser schnitten Begriffe wie "Lebenslanges Lernen", "Weiterkommen" und "wir fördern Ideen" ab.
Diese Formulierungen in Stellenanzeigen sprechen Fachkräfte stark an:
- 27 Prozent: "Wir fördern gute Ideen"
- 24 Prozent: "Weiterkommen – auch ohne Führungsverantwortung"
- 16 Prozent: "Lebenslanges Lernen garantiert"
- 10 Prozent: "Starten Sie jetzt Ihre Karriere mit uns"
- 9 Prozent: "Bau deine Karriere Stein für Stein"
- 9 Prozent: "Jetzt fängt deine Karriere an"
Karrierewebseite: besser ohne den Begriff „Karriere“
Auch auf der Karrierewebseite, auf der sich Arbeitgeber vorstellen und ihre Stellenangebote veröffentlichen, fällt der Begriff "Karriere" weitgehend durch. Bei Fachkräften punkten Unternehmen eher mit Formulierungen, die auf Gemeinschaftssinn abzielen oder einen Blick hinter die Kulissen des Arbeitgebers vermuten lassen.
Diese Begriffe für die Karrierewebseite sprechen Fachkräfte an:
- 40 Prozent: "Unser Team"
- 32 Prozent: "Wir als Arbeitgeber"
- 12 Prozent: "Über uns"
- 10 Prozent: "Jobs"
- 6 Prozent: "Karriereseite"
Fachkräfte wollen sich weiterentwickeln ohne Karriere
Auch die weiteren Studienergebnisse deuten auf eine geringe Karriereaffinität der Fachkräfte mit Berufsausbildung hin. Von allen Befragten, die bisher keine Führungsrolle einnehmen, streben nur zwölf Prozent eine Karriere mit Personalverantwortung an – also die klassische Führungslaufbahn im Unternehmen. 37 Prozent haben ganz andere Pläne und wollen am liebsten so weiterarbeiten wie bisher.
Das Interesse an Weiterbildung ist jedoch groß: Der größte Teil der Befragten (40 Prozent) möchte zwar keine Karriere machen, sich aber regelmäßig weiterbilden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Das Konzept der Fachkarriere – also eine Expertenlaufbahn mit der Übernahme fachlicher Verantwortung ohne Personalführung – kommt bei Fachkräften auch nicht so gut an. Diese berufliche Entwicklung können sich zwölf Prozent der Befragten vorstellen.
Handlungstipps für Arbeitgeber
Die Studienergebnisse machen deutlich, dass der traditionelle Karrierebegriff und die oft damit verbundene Führungsverantwortung nur eine Minderheit der Fachkräfte ansprechen und überwiegend mit Stress assoziiert werden. Hierbei zeigen sich klare Unterschiede in den Karrierevorstellungen von Frauen und Männern: Frauen wollen weniger häufig Führungsverantwortung übernehmen und setzen eher auf Weiterbildung anstatt auf Karriere. Gezielte Förderprogramme zur beruflichen Entwicklung von Frauen können helfen, diese Personengruppe besser zu erreichen.
Für die Karrierewebseite sollten sich Unternehmen, die vor allem Fachkräfte ansprechen wollen, im besten Fall einen anderen Namen überlegen. Darüber hinaus sollte der Schwerpunkt der Arbeitgeber-Kommunikation auf der Entwicklung von Kompetenzen, positiven Arbeitsbeziehungen und der Sinnhaftigkeit der Arbeit liegen. Dies spiegelt die vielfältigen Vorstellungen der Fachkräfte von beruflichem Erfolg wider und spricht all diejenigen Personen an, die nicht ausschließlich an einem linearen Aufstieg interessiert sind.
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