Learning & Development

Die Personalentwicklung befindet sich heute im Scheinwerferlicht, da sie einen wesentlichen  Beitrag zur Transformation leisten kann. Doch wird sie den Erwartungen künftig Rechnung tragen können? L&D-Abteilungen müssen nun entscheiden, welche Richtung sie einschlagen: Entweder entwickeln sie sich in den kommenden Jahren zum echten Enabler oder sie werden wegautomatisiert.

Mit der ersten frei zugänglichen generativen KI-Anwendung Chat GPT begann im November 2022 eine neue Ära unseres Arbeitens. Unsere bisherigen Diskussionen um eine immer schneller ansteigende Dynamik und Komplexität wurden plötzlich greifbar. Auch wenn wir aktuell erst am Beginn der Gen-AI-Ära stehen und deren Möglichkeiten und Herausforderungen sich noch nicht vollumfänglich abschätzen lassen, zeigt sich bereits jetzt der tiefgreifende Einfluss auf unsere Organisationen und unser Arbeiten. Zu den technologischen Entwicklungen kommen noch eine schwierigere wirtschaftliche Lage, ein zunehmend unsichereres internationales Geschäftsumfeld mit instabilen Lieferketten und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen. Dies alles erhöht den Veränderungsdruck auf Organisationen enorm. Nur noch ungefähr die Hälfte der Befragten im aktuellen "Global CEO Survey" von PWC geht davon aus, dass das aktuelle Geschäftsmodell ihrer Organisation noch länger als zehn Jahre bestehen bleiben wird.

Lernen wird zum zentralen Wettbewerbsfaktor

Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, stehen Organisationen somit vor der herausfordernden Aufgabe der Gestaltung der Triple-Transformation: Gen-AI-Transformation, Resilienz-Transformation und Sustainability-Transformation. Zentral für die Bewältigung der daraus resultierenden Transformationsaufgaben wird nicht nur das bereits vielzitierte Up- und Reskilling der Mitarbeitenden sein, sondern vielmehr die Fähigkeit der Organisation, die erforderlichen Lernprozesse auf individueller, Team- und Organisationsebene zu gestalten. 

Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Die Fähigkeit zu lernen, wird für Organisationen zum zentralen Wettbewerbsfaktor. Ein Claim, der sicherlich schon länger bemüht wurde, aber nun tatsächlich zum ausschlaggebenden Faktor werden könnte. Daraus eröffnet sich für Learning and Development (L&D) ein neuer Möglichkeitsraum mit großen Chancen und neuen Aufgaben. Um diesen Möglichkeitsraum aktiv zu gestalten, muss sich L&D zum einen selbst transformieren und zum anderen die Transformation der Organisation unterstützen. Transformation im engeren Sinne bedeutet dabei: Es erfolgt ein qualitativer Wandel, der alle Dimensionen der Organisation betrifft. Diese Transformation wird Veränderungen in Betriebsmodell, Prozessen, Rollen und Kompetenzen, Unternehmenskultur und  inhaltlichen Fokussierungen erfordern.

Die Transformation der Personalentwicklung

Aktuelle Befragungen weisen auf einen immer noch zu geringen Bezug von L&D zum Business und zur Strategie der Organisation hin. Ohne diesen Business-Bezug wird die Unterstützung der organisationalen Transformation jedoch nicht gelingen. Ausgangspunkt aller künftigen Entwicklungen von L&D muss daher ein noch tieferes Verständnis und eine noch stärkere Ausrichtung auf den jeweiligen Organisationskontext sein. Nur so kann eine gemeinsame Strategieentwicklung mit dem Business erfolgen. Da die Heterogenität der Organisationen in Zukunft eher weiter zunehmen wird, lässt sich kein One-size-fits-all-Modell für L&D 2030 entwerfen. Es lassen sich allerdings einige übergeordnete Business-Entwicklungen identifizieren, die als Startpunkte für die Ausrichtung am Organisationskontext dienen können: 

  • Von Organisation zum Ecosystem: Die traditionellen Grenzen von Organisationen werden sich künftig weiter auflösen, cross-funktionale Kollaboration gewinnt an Bedeutung und Wertschöpfung findet vermehrt über intra- beziehungsweise inter-organisationale Netzwerke, Plattformen und Business-Ökosysteme statt. Ziel dieser Organisationsformen ist eine möglichst hohe Anpassungsfähigkeit und die Ausrichtung auf den größtmöglichen Kundennutzen. Für L&D ergeben sich daraus die Anforderungen, sich intern stärker zu vernetzen, cross-funktional zusammenzuarbeiten, die Potenziale plattform-basierter Systeme auszuloten und sich über die eigenen Funktions- und Organisationsgrenzen hinaus zu öffnen. In diesem Zuge und vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels wird sich auch die Zusammensetzung der Mitarbeitenden verändern. Zur Erledigung der Aufgaben wird zunehmend auf ein "Workforce Ecosystem" zurückgegriffen, in dem Beschäftigte im Normalarbeitsverhältnis verstärkt mit externen Projekt- und Gig-Arbeitenden kollaborieren. Dadurch wird sich die Zielgruppe der Lernenden erweitern auf die Mitglieder des gesamten Workforce Ecosystems. 
  • Von Jobs zu Skills: Mit der zunehmenden Veränderungsrate und den dadurch gestiegenen Flexibilitätsanforderungen wird die Stelle oder Position als Grundlage für die Gestaltung von HR-Prozessen ein zu statisches und zu wenig differenziertes Ordnungsschema sein. In den Fokus rücken stattdessen die feingranularen und nahezu in Echtzeit erfassten Fertigkeiten und Fähigkeiten (Skills) des Individuums und die Transformation zu einer "Skills-based Organization". Skills werden somit den Ausgangspunkt für die HR-Arbeit insgesamt und insbesondere für die Arbeit von L&D bilden. 
  • Von Human Intelligence zur Augmented Intelligence: Die effektive Förderung der Mensch-Maschine-Kollaboration wird zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil für Organisationen. Hierbei geht es zunehmend um die effektive Nutzung Hybrider Intelligenz, in der menschliche und Künstliche Intelligenz synergetisch und zielgerichtet zusammenwirken. Die nachhaltige und humanzentrierte Ausrichtung dieser Kollaboration auf individueller, team- und organisationaler Ebene wird ein wesentliches Handlungsfeld von L&D.
  • Von Bottom-Line zu Sustainability: Spätestens mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2022/2464 ist deutlich geworden, dass Nachhaltigkeit im Sinne der ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) ein für nahezu alle Organisationen relevantes Thema ist. Die Kompetenzsicherung der Belegschaft und konkreter Rollenträger wird durch die Richtlinie zwingend gefordert und damit transparent. Für die Personalentwicklungsfunktion muss es somit zum einen darum gehen, die Angebote von L&D selbst nachhaltig zu gestalten, zum anderen erhalten die Ausbildung und Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden insgesamt und speziell zu ESG-Themen durch ihre Reporting-Relevanz einen starken Bedeutungszuwachs (Eireiner et. al., 2024).

Die dargestellten Aspekte beschreiben übergeordnete aktuelle Entwicklungstendenzen in Organisationen. Daraus lassen sich weitere Fokusfelder für die künftige Gestaltung von L&D ableiten. Denn Startpunkt der Transformation der eigenen L&D-Einheit muss die Analyse der aktuellen Trends mit Bezug auf die eigene Organisation, deren Ziele und Strategie sein. 

L&D als Gestalter Skill-zentrierter Lernökosysteme

Die zunehmende Komplexität, Öffnung und Dynamik der Gesamtorganisation erfordern eine dazu passende Form der Lernorganisation. Für L&D bedeutet das, dass sich die eigene Struktur und das Geschäftsmodell verändern werden. Klassische Strukturmodelle wie Linien- oder Matrixorganisationen werden abgelöst von netzwerkförmigen Strukturen. Damit einhergehend verändert sich auch das Geschäftsmodell von L&D. Der Fokus wird künftig auf der Gestaltung des organisationalen Lernökosystems liegen. In diesem Ansatz wird Lernen in der Organisation ganzheitlich betrachtet und durch die integrierte Gestaltung organisational-sozialer und technologischer Aspekte gefördert. 

Eine schlanke L&D-Einheit übernimmt hierbei als Orchestrator des Lernökosystems die Governance-Funktion für alle lernbezogenen Themen in zunehmend dezentral aufgestellten Organisationen. Im Fokus wird also nicht mehr die Produktion von Content stehen, sondern die Vernetzung aller Akteure in der Organisation, die sich mit Lernen und Wissensmanagement beschäftigen und sonst keine Verbindung miteinander hätten. Zentrale Aufgabe ist es dabei, im cross-funktionalen Governance-Team Purpose, Vision und ein gemeinsames Wertversprechen zu entwickeln, sowie die entsprechende Strategie und Leitlinien, um dieses umzusetzen. Die Gestaltung des Lernökosystems verfolgt dabei mehrere Ziele, darunter die Gestaltung einer kohärenten und hoch personalisierten "Learner Experience" für eine möglichst schnelle und nachhaltige Skill-Entwicklung, die Förderung der Talentmobilität im eigenen Workforce Ecosystem sowie die Unterstützung organisationaler Anpassungsfähigkeit. 

Neue Rollen für L&D

Bei der Gestaltung des Lernökosystems wird künftig die engere Verzahnung der organisationalen Aspekte mit den technologischen Aspekten eine wichtige Rolle spielen. Auf organisationaler Ebene sind hierbei Prozesse, Strukturen und die Führung so auszurichten, dass eine lernförderliche Kultur entsteht und das Wertversprechen bestmöglich unterstützt wird. Verzahnt werden muss dies mit der darauf abgestimmten Gestaltung der Systemarchitektur, dem Einsatz passender Technologien sowie einer Datenarchitektur, die das zielführende Sammeln und Auswerten von Daten ermöglicht. Die Gestaltung dieser organisational-sozialen und technologischen Elemente spannt den Rahmen für die optimale Ausrichtung der Lernformate und -inhalte, den Einsatz von Arbeits- und Lerntools, der lernförderlichen Gestaltung von Arbeitsaufgaben und der Förderung der sozialen Interaktionen.

Als Gestalter des Lernökosystems werden sich die Rollen von L&D verschieben. Zum einen in Richtung Strategie, Architektur, Governance und Trendscouting, zum anderen auf operativer Ebene vermehrt in Richtung Datenanalyse und Community Management, Lerntechnologie und Experience Design. Beim Trendscouting wird dabei im Vordergrund stehen, Explorationsräume für und mit dem Business zu eröffnen, in denen neue Technologien und Arbeitsweisen in einem sicheren Raum möglichst schnell erprobt werden können. Insbesondere geht es hierbei um die Erprobung von Mensch-Maschine Kollaboration.

Personalisiertes Lernen und Künstliche Intelligenz

Um der Veränderungsdynamik gerecht zu werden, muss Lernen zukünftig noch stärker personalisiert werden und den Lernprozess des spezifisch Lernenden adaptiv unterstützen. Hierbei rücken die feingranularen Skills der Mitarbeitenden in den Vordergrund. Die wesentlichen Unterschiede dieser Skills-Fokussierung zu früheren Kompetenzmanagementansätzen liegen im Detaillierungsgrad, der KI-gestützten Erfassung und Verwaltung, der Datenbasis und der Aktualität der Skills. Während traditionelle Kompetenzmanagementsysteme oft auf eine überschaubare Anzahl übergeordneter und überdauernder strategisch relevanter Kompetenzen ausgerichtet waren, werden künftige Skill-Management-Systeme eine detaillierte und dynamische Sicht auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Organisation und der vorhandenen Fähigkeiten der Mitarbeitenden ermöglichen. Skill-Bedarfe werden dabei kontinuierlich aus der Analyse interner und externer Daten ermittelt. Diese organisationalen Bedarfe werden in Bezug gesetzt mit den intern aktuell vorhandenen Skills, die dazu jeweils unter Zugriff auf unterschiedliche Datenquellen fast in Echtzeit erfasst werden.

Deutlich wird an dieser Stelle, dass dieser Prozess nur mithilfe von KI-Technologien realisiert werden kann. Der Abgleich der aktuellen Bedarfe mit den intern vorhandenen Skills ermöglicht auf organisationaler Ebene die antizipative Planung von Up- oder Re-Skilling-Initiativen. Auf individueller Ebene ermöglicht er es, automatisiert personalisierter Skill-Entwicklungsvorschläge, entwicklungsförderliche Projekte sowie mögliche Karrierewege aufzuzeigen. Auf technologischer Seite werden im Learning-Ecosystem mit hohem Reifegrad somit künftig AI-Native-Plattformen ins Zentrum rücken, die alle verfügbaren lernrelevanten Daten zusammenführen, analysieren und im Sinne der Mitarbeitenden und der Organisation nutzbar machen: zur Personalisierung des Lernens, zur Förderung der Talentmobilität und Beschäftigungsfähigkeit sowie zur Steigerung der Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit.

Die Skill-Plattformen stellen den mit ihnen verbundenen Lernplattformen die erforderlichen Daten zur Verfügung, um verschiedenste Lernformate und Lerninhalte aus internen und externen Quellen jederzeit personalisiert zugänglich zu machen. Diese Lernmöglichkeiten werden dabei nicht mehr nur für die internen Mitarbeitenden zugänglich sein, sondern für alle Mitglieder des Ökosystems wie Gigworker und Lieferanten und sowohl deren individuelles als auch gemeinsames Lernen unterstützen (Snell & Morris, 2021). 

Die Lernplattformen selbst werden dabei zunehmend in den Hintergrund treten. Stattdessen werden Lern- und Arbeitstechnologien miteinander verschmelzen und Lernmöglichkeiten werden primär über den Austausch mit digitalen Assistenten zugänglich gemacht. 

Gen-AI-Assistenten als Förderer kontinuierlichen und sozialen Lernens

Lernende werden künftig ein hohes Maß an Eigenverantwortung für ihr kontinuierliches Lernen tragen. Zentrale Herausforderungen werden dabei im Umgang mit der Informations- und Optionsflut sowie in der Entwicklung der eigenen Lernkompetenz liegen. Um Lernende im Umgang mit diesen Herausforderungen zu unterstützen, wird künftig der Gen-AI-basierten Lernbegleitung eine wesentliche Rolle zukommen. Gen-AI-gestützte Chatbots ermöglichen die Skalierung effektiver menschlicher Eins-zu-eins-Lernbegleitung und damit hyperpersonalisiertes und adaptives Lernen. Sie begleiten den Lernenden dabei sowohl auf aufgabenorientierter als auch sozio-emotionaler Ebene, zum Beispiel in der Zieldefinition, im Auffinden von Zugriffsmöglichkeiten, durch die Anregung zu weiteren Lern-Aktivitäten, das Aufrechterhalten der Motivation, der Vernetzung mit anderen Lernenden oder in der Reflexion der eigenen Kompetenzen. Die Personalisierung des Lernens wird somit kontextspezifisch und durch dialogbasierte Interaktion erfolgen können.

Bereits im Pre-Boarding-Prozess werden wir unseren persönlichen digitalen Assistenten zur Verfügung gestellt bekommen, der als "Conversational Agent" Wissens-, Performance und Lernbegleiter ist. Dieser wird auf unsere Skills- und Lern-Historie zugreifen und mit diesem Wissen und basierend auf unserem aktuellen Tätigkeitskontext Unterstützung anbieten. Neue Qualität wird diese Begleitung durch den Einbezug des Kontexts bekommen, der aus den multimodalen Fähigkeiten der KI-Anwendungen resultiert. Wesentlich wird dabei die Gestaltung dieser Begleitung im Sinne konstruktivistischer Lernansätze sein. Digitale Assistenten müssen daher so entwickelt werden, dass sie die Lerner-Selbststeuerung und menschlich soziale Lernprozesse unterstützen, statt Fremdsteuerung und Isolation der Lernenden zu fördern. 

Soziale Lernprozesse werden in Zukunft vor allem in Peer-Learning-Formaten stattfinden. Diese Peer-Learning-Formate ermöglichen schnelle Unterstützung in der Lösung arbeitsbezogener Probleme, fördern den Austausch von Wissen und Erfahrungen und über den Aufbau tragfähiger Beziehungen zwischen den Mitarbeitenden das kontinuierliche Lernen und die Bindung an die Organisation. 

Datenorientierung als Erweiterung lernförderlicher Organisationskultur 

Der Entwicklung lernförderlicher Organisationskulturen wurde in den vergangenen Jahren erfreulicherweise vermehrte Aufmerksamkeit zuteil. Mit Eintritt in die KI-Ära wird hier eine Fokuserweiterung erforderlich. Einsatz und Weiterentwicklung der oben genannten KI-Systeme sind nur möglich durch das Sammeln, Auswerten und Nutzen großer Datenmengen. In der Auseinandersetzung mit der Weiterentwicklung der Lernkultur wird daher die Verankerung der Bedeutung von Daten und der vertrauensvolle Umgang mit diesen betrachtet werden müssen.

Das Zielbild besteht in einer lernförderlichen und datenorientierten Kultur, in der Daten als Ressource genutzt werden, um die Eigenverantwortung der Individuen zu stärken und um es ihnen durch die Einsicht in ihre Daten zu ermöglichen, ihr Lernen und ihre Leistung selbstbestimmt und nachhaltig zu gestalten. Hierbei stehen die langfristige psychische und physische Leistungserhaltung und Gesundheit im Fokus. Dieser Fokus erfordert eine klare Positionierung seitens der Organisation und bildet die Grundlage für das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Organisation. 

L&D muss Selbststeuerung und Entscheidungsmacht der Lernenden wahren 

Die effektive Nutzung aller sinnvollen Technologien wird eine wesentliche Voraussetzung für unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit. Gleichwohl beinhaltet diese Nutzung eine Vielzahl an Risiken, wie zum Beispiel das Risiko, den Arbeits- und Lernprozess auf bisher ungeahntem Niveau fremdzusteuern. Um die Chancen der Technologien zu heben, ist der bewusste Umgang mit ihren Risiken unabdingbar. Wesentliche Aufgabe von L&D wird es daher sein, sowohl bei der Unterstützung der organisationalen als auch bei der eigenen Transformation, die Technologien so zu gestalten und einzusetzen, dass das Empowerment der Mitarbeitenden und ihre psychologische Bedürfnisbefriedigung gefördert werden.

Die Erfüllung der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenzerleben und sozialer Zugehörigkeit dürfen durch die neuen Technologien als Gestaltungsprinzipen des Lernens und Arbeitens nicht in den Hintergrund treten. Im Sinne der Lernenden-Zentrierung sind die Technologien so zu gestalten und einzusetzen, dass Selbststeuerung und Entscheidungsmacht bei den Lernenden verbleiben und durch die Tools unterstützt werden. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass die Systeme auch die soziale Zugehörigkeit unterstützen und die Zusammenarbeit und das gemeinsame Lernen fördern. Von zentraler Bedeutung ist dabei mit Blick auf das Kompetenzerleben auch der bewusste Umgang mit dem Risiko der Dequalifizierung durch die neuen Technologien. 

Entscheidend geprägt werden diese Herangehensweisen durch die Werte der Organisation. Hier ist davon auszugehen, dass es zu einer weiteren Wertedifferenzierung der Organisationen kommen wird: An einem Pol die Organisationen, die sich der technikzentrierten Automatisierung verschreiben, am anderen Ende des Pols die Organisationen, die die human-centric Transformation zur ihrem Leitwert werden lassen. Hier besteht eine hohe Differenzierungsmöglichkeit und somit die eigene Positionierung als Arbeitgeber. 

Schlüsselmoment für L&D

Die Ausführungen zeigen: Wir erleben aktuell eine Phase der Disruption, die L&D an einen Scheidepunkt bringt. Wenn L&D nun die Chancen und Möglichkeiten nutzt und die eigene Transformation umsetzt, werden sich die eigene Produktivität und Wirksamkeit erhöhen. Das schafft wiederum Kapazitäten für die strategische Beratung und Unterstützung der Transformation der Organisation. L&D kann damit zum strategisch relevanten Enabler der Wertschöpfung und Zukunftsfähigkeit der Organisation werden. Wenn L&D sich im Modus der Exploitation jedoch allein auf die Fortführung des aktuellen Geschäftsmodells beschränkt, wird es zum automatisierbaren Administrator. Wer heute also noch mit der Frage "To transform or not to transform?" beschäftigt ist, sollte sich auf die Antwort "To transform or to be automated" einstellen.


Literatur: 
Eireiner, C., Fischer, S., & Habighorst, L. M. (2024). Lernen & Nachhaltigkeit. Die Rolle von Personalentwicklung im Kontext von ESG & Sustainability. Forschungsergebnisse des IfP Pforzheim, präsentiert auf dem Learntec Kongress, Karlsruhe. 
Fischer, S. (2022). Weg von der Blaupause, hin zu spezifischen Anpassungen. Struktur der HR-Betriebsmodelle. Personalführung, (11), 12–17.
Foelsing, J. & Schmitz, A. P. (2021). New Work braucht New Learning. Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Wiesbaden: Springer Gabler. 
Schmitz, A. P. & Bruns, B. (2024). Faszinierende Welt der KI?! – So bereit ist HR in DACH für eine effektive KI-Nutzung! Wie AI-ready ist Ihre Organisation? In T. Köhler (Hrsg.), Handbuch E-Learning (107. Ergänzungslieferung, April 2024, S. 121–140). Köln: Wolters Kluwer.
Snell, S. A., Morris, S. (2021). Time for realignment: The HR Ecosystem. Academy of Management Perspectives, 35(2), 2019–2236.


Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin 9/2024. Als Abonnent haben Sie Zugang zu diesem Beitrag und allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der Personalmagazin-App.

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