Die jüngsten Zahlen, 312 Prozent, liefert der LXP-Anbieter Degreed, genauer gesagt das mit einer Studie zum "Total Economic Impact™" (TEI) des LXP beauftragte Beratungsunternehmen Forrester Consulting. Mit der Studie wolle man, so heißt es, den Lesern, also potenziellen Kunden, einen "Bezugsrahmen zur Beurteilung der potenziellen finanziellen Auswirkungen von Degreed auf ihr Unternehmen" bereitstellen. Dafür wurde auf Grundlage von Befragungen von Nutzern der Plattform ein entsprechendes Modellunternehmen entwickelt und ein repräsentatives Finanzmodell erstellt. Alles nicht ohne Aufwand also.
Der potenzielle ROI (Return on Investment bzw. Investitionsrendite) der Plattform beläuft sich demnach auf insgesamt 312 Prozent bei einem Kapitalwert von 4,69 Millionen US-Dollar und einer Amortisierungszeit von weniger als sechs Monaten.
Den ROI von Lerntechnologien berechnen
Was wurde dafür gemessen und in einen geldwerten Betrag umgerechnet?
Für den quantifizierten Nutzen herangezogen wurde eine kürzere Einarbeitungszeit für neue Mitarbeitende (20 Prozent Zeitgewinn), eine bessere Bindung und weniger Fluktuation (nur noch zwei statt zehn Prozent), ein verbessertes Upskilling der Belegschaft und Trainer (35 beziehungsweise 25 Prozent) sowie Kosteneinsparungen bei Lerninhalten. Als nicht-quantifizierbarer Nutzen definiert wurden soziales Lernen zur Förderung der Unternehmenskultur, eine bessere Kommunikation mit den Mitarbeitenden, die Demokratisierung des Lernens und die Möglichkeit, erfolgreich im Homeoffice zu arbeiten. Demgegenüber stellt die Studie lediglich zwei Kostenfaktoren: die Miete für das LXP und die Implementierungs- und laufenden Verwaltungskosten.
Ähnliche Faktoren zieht Cousera for Business für Berechnungen aus dem Jahr 2020 heran und kommt damit sogar auf 746 Prozent im gleichen Zeitraum. Ähnliche Kosten- und Nutzenfaktoren nennen auch andere Anbieter als Berechnungsgrundlage für ihre Kunden oder sie liefern sogar Rentabilitätsrechner zum Download.
Nutzen von ROI-Berechnungen einer Learning-Plattform
Was bringen die Zahlen und Berechnungen? Klar, wer im geschäftlichen Kontext ernst genommen werden will, muss nachweisen können, dass sich eine Investition lohnt. Das Bestreben der Personalentwicklung, als Business Partner der Geschäftsführung auf Augenhöhe zu agieren, hat eine lange Historie und ist oft genug daran gescheitert, dass eben solche Zahlen fehlten oder nicht wirklich valide waren. Das sollte heutzutage Geschichte sein, in Zeiten der digitalen Transformation der Personalentwicklung, wo die zahlreichen Tools so viele Daten erheben (natürlich immer im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben), dass wir zum Teil gar nicht wissen, wohin damit, beziehungsweise was wir damit machen sollen.
Vorsicht: Falsche Rückschlüsse aus den Daten
Aber es wäre fatal, nur die blanken Zahlen zu betrachten, die viel aussagen können und genau so viel nicht aussagen. Es wäre genauso fatal, davon auszugehen, dass es in jedem Unternehmen gleich gut läuft mit der digitalen Lernplattform, ob LXP oder LMS. Und es wäre noch fataler, daraus zu schließen, dass diese Maschinen mit ihrer künstlichen Intelligenz alles von alleine machen, damit Lernende immer motiviert bleiben, sich selbst Lerninhalte zusammenstellen, sich mit anderen Lernenden vernetzen und vollkommen selbstgesteuert von einer Entwicklungsstufe zur nächsten springen. Das tun sie eben nicht. Die Zahlen sind ein Hilfsmittel. Denn Investitionen in betriebliche Weiterbildung sind Investitionen in Menschen und bestenfalls auch Investitionen in Organisationsentwicklung. Dann sind sie wirklich effektiv.
Lasst uns das nicht vergessen, auch am Strand nicht, wo sich der eine oder andere womöglich gerade befindet. Kommen Sie gut erholt aus dem Urlaub zurück. Wir sehen uns – als nächstes auf der Zukunft Personal in Köln.
Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.