Studie zu Matching-Qualität in der Personalauswahl

Die Bundesregierung reagiert mit einer Fachkräftestrategie auf den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Die Unternehmen wiederum scheinen ihre Ansprüche an das Kompetenzprofil von Bewerbenden herunterzuschrauben, um neue Fachkräfte zu finden. Das legt eine Studie des IW Köln und des Personaldienstleisters Hays nahe.

Inwieweit stimmen die Kompetenzprofile der Bewerbenden mit den Stellenanforderungen bei einer erfolgreichen Personalvermittlung überein? Bei welchen Berufsbildern und Branchen ist das nicht gegeben? Nimmt die Matching-Qualität bei steigendem Fachkräftemangel ab? Angesichts des großen Nachfrageüberhangs an offenen Stellen und der damit verbundenen Dringlichkeit, schnell neues Personal für die ausgeschriebenen Positionen zu finden, hat das private Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln gemeinsam mit dem Personaldienstleister Hays die Qualität des Job-Matchings anhand von rund 53.000 Datensätze für 282 Berufsbilder ausgewertet.

Insgesamt zeichnet sich der Trend ab, dass die Werdegänge der Kandidatinnen und Kandidaten immer weniger mit den ausgeschriebenen Stellenprofilen der Unternehmen zusammenpassen. Je feiner verästelt sich allerdings das Stellenprofil gestaltet, desto zielgenauer war die Vermittlung.  

IT-Fachkräfte erfüllen Stellenanforderungen am besten

Insgesamt zeigt die Passung zwischen Bewerberprofil und Stellenanforderung je Berufsbild und Branche ein gemischtes Bild. So weisen SAP-Berater:innen (70 Prozent) und Business Analyst:innen (63 Prozent) einen kontinuierlich steigenden Trend der Matching-Qualität auf, während bei Bauleiter:innen (48 Prozent) und Sachbearbeiter:innen (41 Prozent) die Qualität im Beobachtungszeitraum zwischen 2018 und 2021 eher sinkt.

Hinzu kommt: Berufe, in denen zu Beginn des Jahres 2018 die Matching-Qualität eher hoch war, konnten im Schnitt eine größere Verbesserung erzielen als Berufe, in denen sie niedrig war. Damit korrespondierend verzeichnete die IT-Software-Branche insgesamt eine Job-Passung von 60 Prozent, das Baugewerbe hingegen lediglich 48 Prozent. Als mögliche Erklärung dafür führen die Studienverfasser an, dass IT-Skills vergleichsweise stark differenziert erfasst werden, wie etwa die Kenntnis einer Programmiersprache oder einer neuen Software. Aufgrund des Wissens über die Wichtigkeit dieser Kenntnisse aufseiten der Bewerbenden und der Unternehmen lässt sich für IT-Berufe nahezu durchgehend eine hohe Übereinstimmung zwischen Bewerberprofil und Stellenanforderung ableiten.

Ältere Bewerbende brauchen einen hohen Job-Fit

Darüber hinaus weist der Report einen Zusammenhang zwischen dem Alter der Kandidaten / Kandidatinnen und den jeweiligen Anforderungen an die neue Stelle auf. So ist bei erfolgreichen Vermittlungen von Controllern und Controlerinnen die Matching-Qualität bei Bewerbenden im Alter von 50 und mehr Jahren über 30 Prozentpunkte höher als bei Kandidaten und Kandidatinnen im Alter von bis zu 30 Jahren. Das dürfte sich aus den beruflichen Erfahrungen erklären, die Controller und Controlerinnen für die erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit brauchen. Jüngeren Kandidaten und Kandidatinnen, die trotz des vergleichsweise niedrigen Job-Matches erfolgreich vermittelt wurden, traut man hingegen zu, sich die fehlenden Kompetenzen im Zeitverlauf noch aneignen zu können.

Die Entwicklung, dass es eine immer geringere Passung zwischen Stellenanforderungen und Bewerberprofilen geben wird, könnten Unternehmen gezielt dafür nutzen, Kandidatengruppen wie Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen anzusprechen, und ihnen eine Weiterqualifizierung "on the job" anzubieten.

Unternehmen müssen sich von 100-Prozent-Kandidaten verabschieden

Der Trend, der sich auf Basis des Reports vor dem Hintergrund der aktuellen Datenlage insgesamt abzeichnet, könnte den Studienverfassern zufolge ein Effekt aus dem knappen Arbeitskräfteangebot sowie der demografischen Entwicklung sein. Denn bevor eine Stelle zu lange nicht besetzt wird, geben sich Firmen zunehmend damit zufrieden, dass nicht alle qualifikatorischen Anforderungen erfüllt werden können.

"Ein guter Match entscheidet am Ende des Tages darüber, ob ein Arbeitsverhältnis auf Dauer für beide Seiten zufriedenstellend sein wird. Die Analyse der Qualität von Matchings gibt hier wertvollen Aufschluss darüber, welche Kompetenzen Unternehmen bei welchen Kandidaten erwarten dürfen und welche eher nicht", so Kathrin Möckel, Leiterin Marktforschung bei Hays.

"Durch die Arbeitskräfteknappheit droht die Kluft zwischen Arbeitsanforderungen und Kompensationen in neu geschlossenen Arbeitsverhältnissen zukünftig größer zu werden. Es wird dann eine zentrale Aufgabe der Unternehmen sein, diese Lücke durch geeignete Qualifizierungsmaßnahmen zu schließen. Das trägt am Ende auch zu Mitarbeiterbindung bei", betont Oliver Stettes, Leiter des Clusters Arbeitswelt und Tarifpolitik beim IW.


Über die Studie:

Die qualitative Analyse basiert auf einer statistischen Auswertung von 53.000 Datensätzen. Bei jedem Datensatz wurden die gesuchten Kompetenzen in den Stellenanforderungen in Relation zu den vermittelten Kandidaten und Kandidatinnen gestellt und betrachtet. Ausgewertet wurden einzelne Teilgruppen wie Positionen, Branchen und Altersgruppen.


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