Commerzbank kündigte Mitarbeitern zu Unrecht auf Druck der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde
Fehlt es an einer objektiven Rechtfertigung einer Kündigung kommt manchmal noch die Druckkündigung auf Verlangen Dritter in Betracht: Dann kündigt der insofern unter Druck geratene Arbeitgebers einem Arbeitnehmer aus Gründen, die für ihn eigentlich keinen Kündigungsgrund darstellen - ein schwieriges verfahren.
Wenn ein Dritter mit Nachteilen droht
Streitig ist schon, ob es sich bei den Gründen für eine Druckkündigung um einen verhaltens- oder personenbedingten oder sogar betriebsbedingten Kündigungsgrund handelt. Dies muss im Einzelfall entschieden werden. Regelmäßig sieht sich der Arbeitgeber in Fällen der Druckkündigung zur Kündigung gezwungen, weil Dritte ihm gegenüber Nachteile bei Untätigkeit androhen. Dies können wichtige Mitarbeiter sein, die mit ihrer eigenen Kündigung drohen, wenn einem bestimmten Kollegen nicht gekündigt wird oder die Androhung der Arbeitsniederlegung der gesamten Belegschaft. Auch die Nichtvergabe eines Auftrags durch den Kunden, ist denkbar.
Der Fall: Finanzbehörde verlangt Entlassung
- Die Commerzbank hatte einigen Mitarbeitern auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde (NYDFS) gekündigt.
- Diese wehrten sich mit der Kündigungsschutzklage.
- Vor dem LAG Hessen führte die Bank wie schon in der Vorinstanz aus, sie sei von der Aufsichtsbehörde durch eine Vergleichsverpflichtung ("Consent Order") gezwungen worden, die Arbeitsverhältnisse zu beenden.
Diese hatte neben einer hohen Strafzahlung auch die Entlassung mehrerer Angestellter der Commerzbank in Deutschland verlangt. Der Grund: Die Mitarbeiter der Hamburger Filiale hätten nach Einschätzung der Finanzaufsichtsbehörde Zahlungen verschleiert. Daher hätten bei der Ausführung der Zahlungen über die New Yorker Niederlassung der Bank die Einhaltung der US-amerikanischen Vorschriften zum Iran-Embargo nicht kontrolliert werden können.
LAG: Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung
Das Gericht entschied jedoch, dass die Kündigungen nach deutschem Arbeitsrecht nicht gerechtfertigt gewesen seien. Die bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen für eine so genannte Druckkündigung seien nicht erfüllt, wenn eine Aufsichtsmaßnahme eine Bestrafung bezwecke, die der Arbeitgeber umsetzen müsse.
Letztlich hatte es das LAG offengelassen, unter welchen Bedingungen sich eine Bank wegen einer solchen Sanktion darauf berufen kann, ein dem deutschen Recht unterstehenden Arbeitsverhältnis beenden zu müssen. Denn die Verpflichtung der Commerzbank aus der "Consent Order" habe jedenfalls ausdrücklich unter dem Vorbehalt gestanden, dass eine Kündigung durch ein deutsches Gericht überprüft werden könne.
Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen. Daher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Druckkündigung: Was verlangt die Rechtsprechung im Allgemeinen?
Unabhängig vom konkreten Fall gibt die Rechtsprechung bei einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Druckkündigung einige Voraussetzungen vor. So verlangen die Gerichte grundsätzlich, dass sich der Arbeitgeber zunächst schützend vor den Arbeitnehmer stellt, wenn eigentlich kein Kündigungsgrund vorhanden ist. Das bedeutet, er muss zunächst versuchen, die Belegschaft oder den Kunden von der Unangemessenheit der Forderung zu überzeugen. Hat er damit keinen Erfolg, muss er im zweiten Schritt, vorrangig anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten prüfen. Dies kann die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz sein oder einfach die örtliche Separierung des Arbeitnehmers von den druckausübenden Dritten.
Druckkündigung: Erst wenn andere Möglichkeiten erschöpft sind
Auch dem betroffenen Arbeitnehmer ist dabei zuzumuten, Nachteile in Kauf zu nehmen. Erst, wenn diese Möglichkeiten fehlgeschlagen sind und insbesondere die anderen Arbeitnehmer ernsthaft mit einer Eigenkündigung oder Kunden mit dem Auftragsentzug drohen, kann die Druckkündigung gerechtfertigt sein.
(LAG Hessen, Urteil vom 13.07.2016, 18 Sa 1498/15).
Die Druckkündigung: Fehlt es an einer objektiven Rechtfertigung einer Kündigungsforderung durch verhaltens- oder personenbedingte Gründe, ist das bloße Verlangen eines Dritten, einem bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen, nicht ohne weiteres geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen.
Das BAG lässt jedoch in Ausnahmefällen eine Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung zu. An deren Zulässigkeit sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen (BAG, Urteil vom 4.10.1990, 2 AZR 201/90):
Voraussetzung für den wirksamen Ausspruch einer Druckkündigung ist die Androhung erheblicher Nachteile durch einen Dritten für den Fall, dass der Arbeitgeber dem Kündigungsverlangen nicht nachkommt. Mögliche „Dritte“ sind etwa die übrige Belegschaft, Kunden, sonstige Geschäftspartner, den Betriebsrat, eine Gewerkschaft oder staatliche Institutionen. Um die außerordentliche Druckkündigung zu rechtfertigen, muss dem Arbeitgeber die Vernichtung seiner Existenz oder zumindest schwerer wirtschaftlicher Schaden angedroht worden sein.
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