Anders als bei Beamten - kein Lebensarbeitszeitkonto für Richter
Richter sind keine Beamten
Der wesentlichste Unterschied zwischen Beamten und Richtern besteht darin, dass erstere weisungsgebunden, letztere unabhängig sind. Dennoch gibt es viele Ähnlichkeiten und Gleichstellungen; in großen Teilen wird auf beamtenrechtliche Vorschriften Bezug genommen.
Verweis auf Beamtenrecht, soweit keine Besonderheiten für Richter gelten
Im hessischen Richtergesetz heißt es:
„Soweit das Deutsche Richtergesetz und dieses Gesetz nichts anderes bestimmen, gelten für die Rechtsverhältnisse der Richter die Vorschriften für die Beamten des Landes entsprechend (§ 2 HRiG)“
Das Deutsche Richtergesetz statuiert – bis auf einen Buchstaben - wortgleich mit Art. 97 Abs. 1 GG:
„Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz(e) unterworfen. (§ 25 DRiG)“
Außer Arbeitsanfall keinerlei Vorgaben zur Arbeitszeit
Die Unabhängigkeit gilt nicht nur für richterliche Entscheidungen, sondern auch für die Arbeitszeit. Auch diese können Richter nach bestem Wissen und Gewissen selbst einteilen und bestimmen, solange sie nur ihre zugeteilten Aktenberge ordentlich abarbeiten.
Ob das viel oder wenig Arbeitszeit für den Einzelnen bedeutet, mehr oder weniger als die vorgeschriebenen 42 pro Woche für hessische Beamte, das ist von Gericht zu Gericht und manchmal auch von Zeitabschnitt zu Zeitabschnitt verschieden; darauf kommt es auch nicht an. Entscheidend ist nur, dass es – anders als bei Beamten - keine feste Arbeitszeit für Richter gibt.
Extrastunde als Ausgleich für erhöhte Wochenarbeitszeit von Beamten
Seit 2007 regelt die Hessische Arbeitszeitverordnung für Beamte (§ 1 HAZVO), dass bei einer Wochenarbeitszeit von 42 bzw. 41 Stunden pro Woche (seit 30.06.2018), eine Stunde auf einem Lebensarbeitszeitkonto angespart wird. Dies wurde mit Blick auf die nur 40 Wochenstunden der Tarifbeschäftigten des Öffentlichen Dienstes vereinbart. Das gesammelte Zeitguthaben wird oft und gern dem Ruhestand vorgeschaltet.
Unterschiedliche Behandlung von Richtern und Beamten hat seine Gründe
In diesen Genuss der vorzeitigen Pension sollen Richter nicht kommen können, da die Lebensarbeitszeitkonto-Vorschrift zu klar an den bestimmten Umfang der Arbeitszeit anknüpft. Zudem sei eine Ungleichbehandlung auch deshalb angezeigt, weil Richter einer anderen Staatsgewalt, der Judikative, angehören. Diese Sichtweise teilt der VGH Hessen mit der I. Instanz, dem VG Frankfurt.
Selber Richter, schneiden sich VG und VGH damit ins eigene Fleisch - ein Zeichen ihrer Unabhängigkeit. Die Revision haben sie wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Vielleicht lässt der vom Kläger vorgetragene Vergleich mit Staatsanwälten und Rechtspflegern noch eine andere Bewertung zu. Diese sind Beamte mit Lebenszeitkonto, erfassen aber auch nicht ihre Arbeitszeit.
(VGH Hessen, Urteil v. 28.10.2021, 1 A 2254/17)
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