Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Betrieblichen Ordnung
Bei der betrieblichen Ordnung sollten Betriebsrat und Arbeitgeber zusammenarbeiten. Doch wo die betriebsrätliche Mitbestimmung beginnt, ist manchmal fließend, manchmal unbekannt.
Um für Ordnung in seinem Unternehmen zu sorgen, erließ ein Arbeitgeber für seine Mitarbeiter diverse Anordnungen - vom Blumengießen bis zur Mülltrennung.
Den Betriebsrat ließ er dabei außen vor. Wie das Arbeitsgericht Würzburg nun entschied, beging er damit in verschiedenen Punkten einen Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht. Das Gericht musste dabei für zahlreiche Regeln zur Ordnung und Sauberkeit im Büro entscheiden, ob und wieweit sie vom Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erfasst sind.
Mehr Glanz in die Hütte
Der Arbeitgeber richtet per Aushang einige Vorgaben an seine Mitarbeiter, die dem Arbeitsumfeld ein geordnetes, professionelles und sauberes Aussehen verleihen sollten.
- Belegte Arbeitsplätze müssten aufgeräumt werden und nicht belegte ungenutzt bleiben.
- Persönliche Gegenstände sollten im Büro nicht mehr als zehn Prozent der jeweils zur Verfügung stehenden Fläche ausmachen
- Das Bekleben von Möbeln, Wänden und Glasflächen sei verboten.
- Mitarbeiter sollten regelmäßig die Schränke aufräumen und leeren sowie den Müll trennen.
Die Ordnungsregeln gingen ins Detail
Auch zu Flora und Lärmpegel gab es Regeln: Mitgebrachte Pflanzen sollten die Mitarbeiter regelmäßig pflegen, gießen und zurückschneiden. In den Büroräumen sollten die Mitarbeiter zudem leise sein.
Gegen diese Anordnungen ging der Betriebsrat gerichtlich vor, nicht, weil er Lautstärke oder Unordnung vorzog, er war aber nicht angehört worden und sah sich in seinen Mitbestimmungsrechten verletzt.
Fragen der Ordnung oder des Arbeitsverhaltens?
Das ArbG Würzburg billigte dem Betriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung zu, soweit der Arbeitgeber ohne die zwingende Mitbestimmung des Betriebsrats gehandelt habe.
Das Gericht folgte der Auffassung des BAG, wonach der Betriebsrat in Fragen der Ordnung im Betrieb ein echtes Mitbestimmungsrecht habe, nicht aber wenn die Anordnung das Arbeitsverhalten betreffe (BAG, Beschluss v. 26.03.1991, 1 ABR 26/90).
- Regelungen, die sich auf das Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers beziehen, konkretisierten dessen Arbeitspflicht.
- Als Ausprägung des Direktionsrechts des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag seien sie somit nicht mitbestimmungspflichtig.
Zwingende Mitbestimmung bei Anweisungen zum Zusammenleben
Das Gericht führte aus, dass nur Anordnungen, die sich auf das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb bezögen und nicht allein auf die Arbeitsleistung Einzelner, mitbestimmungspflichtig seien könnten.
Das gehört zur betrieblichen Ordnung:
- Das Gericht sah ein Mitbestimmungsrecht bei der Anweisung des Arbeitgebers an die Mitarbeiter, die Schrankoberseiten zu kontrollieren und Unnötiges zu entfernen.
- Ebenso bei der Aufforderung, ungenutzte Schreibtische nicht als Ablage zu missbrauchen
- und der Anordnung, dass persönliche Gegenstände nicht mehr als zehn Prozent der jeweils zur Verfügung stehenden Fläche ausmachen dürften.
Hier sei weniger das konzentrierte Arbeiten, sondern das Zusammenleben im Betrieb betroffen sei, begründete das ArbG Würzburg seine Auffassung.
Selbst den Umgang mit den mitgebrachten Zimmerpflanzen erachteten die Arbeitsrichter für mitbestimmungspflichtig.
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Da es sich um persönlich Gegenständer der Mitarbeiter handele, betreffe die Maßnahme ebenfalls nicht das Arbeitsverhalten.
Keine Mitbestimmung bei Fragen zur Mülltrennung
Bei dem Verbot des Arbeitgebers Schränke und Wände zu bekleben sowie den Anordnungen, in bestimmten Bereichen leise zu sprechen und den Arbeitsplatz aufgeräumt zu verlassen, nahm das Gericht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats an.
Diese Maßnahmen beträfen die Arbeitsleistung und fallen unter das Direktionsrecht. Die Pflicht zur Mülltrennung ergebe sich aus gesetzlichen Vorschriften, die der Regelungsmöglichkeit der Parteien ohnehin entzogen seien, so dass auch hier kein Mitbestimmungsrecht vorliege.
(ArbG Würzburg, Beschluss v. 08.06.2016, 12 BV 25/15).
Was fällt unter das Direktionsrecht?
Mittels des Direktionsrechts kann der Arbeitgeber nur die arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten konkretisieren. In Betracht kommen hier etwa
- Regelungen zum Umgang mit dem Eigentum des Arbeitgebers,
- zur Verschwiegenheit,
- zum Verbot des Insiderhandels
- und zum Verbot der Entgegennahme von Schmiergeld.
Bei den beiden letztgenannten Tatbeständen handelt es sich sowieso um strafrechtlich verbotene Verhaltensweise, die auf diesem Wege nur konkretisiert oder betont würden.
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