Betriebsferien: Wann kann der Arbeitgeber Urlaub anordnen?
Urlaub ist ein wertvolles Gut, schließlich dient er auch der Gesundheit. Arbeitnehmer dürfen daher die ihnen zustehenden Urlaubstage weitgehend orientiert an ihrem Bedarf und nach ihren Wünschen nehmen.
Grundsatz: Urlaubswünsche des Arbeitnehmers entscheidend
Die Frage, wer über den Urlaubszeitraum entscheidet, ist in § 7 Abs. 1 BUrlG geregelt. Danach sind die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, soweit dem dringende betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Arbeitnehmer grundsätzlich eigeninitiativ über den Urlaubszeitraum bestimmen können.
Wann sind Betriebsferien als einseitige Anordnung von Urlaub zulässig?
Wenn der Arbeitgeber die Lage des Urlaubs einseitig anordnet, also Zwangsurlaub festsetzt, muss er dies entweder vorab im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt haben. Sonst muss er einen sehr guten Grund dafür vorweisen können. Ein solcher liegt nur vor, wenn dringende betriebliche Belange dies für die Belegschaft oder Teile davon erforderlich machen (§ 7 Abs. 1, 2. Hs Bundesurlaubsgesetz, LAG Düsseldorf, Urteil v. 20.6.2002, 11 Sa 378/02). Nur dann müssen Arbeitnehmer die Festsetzung ihres Erholungsurlaubs durch den Arbeitgeber akzeptieren. In betriebsratslosen Betrieben kann der Arbeitgeber nach Ansicht der Rechtsprechung (LAG Düsseldorf, Urteil v. 20.6.2002, 11 Sa 378/02)) Betriebsferien kraft seines Direktionsrechts anordnen. Die Betriebsferien sind dann die dringenden betrieblichen Belange, die dem Wunsch des einzelnen Arbeitnehmers, zu einem anderen Zeitpunkt Urlaub zu nehmen, entgegenstehen. Diese Ansicht ist allerdings umstritten.
Anweisung von Urlaub erfordert dringende betrieblichen Belangen
Wann liegt ein dringender betrieblicher Belang vor? Darüber lässt sich vortrefflich streiten, denn das Bundesurlaubsgesetz überlässt hier die Auslegung den Gerichten. In der Regel wird Zwangsurlaub angeordnet, wenn sich die Betriebsorganisation ohne einheitliche Urlaubsregelung nur sehr schwierig oder unmöglich gestalten lässt. In der Vergangenheit haben Richter zum Beispiel in folgenden Konstellationen dringende betriebliche Belange angenommen:
- Wenn der Arbeitgeber Zwangsurlaub parallel zu den Betriebsferien des alleinigen Lieferanten anordnet, da wegen fehlenden Materials keine sinnvolle Arbeit mehr im Betrieb möglich wäre.
- Wenn der Inhaber in den Urlaub geht und dadurch bedingt keine Arbeit für die Angestellten vorhanden ist, so zum Beispiel relevant bei Ärzten, die alleine praktizieren.
- Rückgang der Kunden während der allgemeinen Sommerferien
- Stillstand bei Saisonbetrieben außerhalb der Saison
Verneint wurden betriebliche Belange bei
- einem kurzfristigen Auftragsmangel und Umsatzrückgang, denn das Betriebsrisiko darf nicht einseitig auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden. Der Arbeitgeber muss immer erst prüfen, ob in wirtschaftlichen Schieflagen nicht auch ein Zeitkonten- oder Überstundenabbau oder gar die Beantragung von Kurzarbeitergeld oder vielleicht auch ein Wechsel des Schichtenmodells möglich ist – also Maßnahmen, die für die Arbeitnehmer weniger einschneidend sind.
- Störungen im Betriebsablauf. Auch hier gilt: Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko und darf es nicht überwälzen auf die Beschäftigten. So darf ein Unternehmen seine Angestellten nicht in den Zwangsurlaub schicken, nur weil durch den Ausfall einer wesentlichen Maschine die Produktion stillsteht.
Diese Formalien muss der Arbeitgeber beim Anordnen von Betriebsferien einhalten
Angemessen lange Ankündigungsfrist:
„Nächste Woche haben alle Urlaub!“ Kurzfristige Anordnungen dieser Art muss ein Arbeitnehmer nicht hinnehmen. Es gibt zwar keine gesetzlich festgelegte Ankündigungsfrist für Zwangsurlaub. Allerdings muss den Beschäftigten genügend Zeit zur Planung eingeräumt werden. Auf der sicheren Seite sind Unternehmen, wenn sie anstehenden Betriebsurlaub sechs bis zwölf Monate vor dessen Beginn verlautbaren lassen.
Wichtig: Einmal genehmigter individueller Urlaub darf den Arbeitnehmern nicht mehr „weggenommen“ werden, auch wenn er kurzfristig erforderlichen Betriebsferien entgegensteht. Hat der Arbeitnehmer in solchen Situationen nicht mehr ausreichend Urlaubstage für die Betriebsferien, entfällt trotzdem seine Beschäftigungspflicht während dieser Zeit. Eine Anrechnung von Urlaubstagen aus dem nächsten Jahr wäre unzulässig.
Mitbestimmung des Betriebsrats:
Besteht ein Betriebsrat, hat dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht über die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für die jeweiligen Arbeitnehmer. Diesem Recht unterfällt auch die Festlegung von Betriebsferien und die Frage, ob der gesamte Betrieb oder nur einzelne Betriebsabteilungen Betriebsferien machen sollen (BAG, Urteil vom 09.05.1984, Az.: 5 AZR 412/81).
Existiert im Unternehmen eine Betriebsvereinbarung, in der Betriebsferien-relevante Regelungen enthalten sind, so muss der Arbeitgeber die dringenden betrieblichen Belange nicht jeweils einzeln gegenüber den Arbeitnehmern nachweisen – ein klarer Vorteil für ihn, gerechtfertigt jedoch damit, dass der Betriebsrat für die Berücksichtigung der Arbeitnehmerrechte sorgt.
Nur ein Teil des Erholungsurlaubs:
Jeder Urlaubstag im Jahr wird vom Arbeitgeber genau festgelegt? Das wäre nicht zulässig. Zwar ist im Gesetz kein Maximalwert festgelegt. Das Bundesarbeitsgericht lässt jedoch an Folgendem keinen Zweifel: Zwangsurlaub darf immer nur einen Teil des gesamten Urlaubsanspruchs eines Arbeitnehmers ausmachen. Es hat dazu in einer Grundsatzentscheidung die Formel 3/5 Betriebsferien – 2/5 individuelle Urlaubsplanung als angemessen angesehen (Beschluss vom 28.07.1981, Az. 1 ABR 79/79). Auch andere Gerichte haben sich seitdem weitgehend an diese Formel gehalten.
Was gilt, wenn die Anordnung von Betriebsferien rechtswidrig ist?
Wer als Arbeitgeber zu kurzfristig oder zu Unrecht Betriebsferien anordnet, riskiert, dass er in Annahmeverzug kommt (§ 615 BGB ), wenn die Arbeitnehmer sich der Anordnung widersetzen und in den Betriebsferien ihre Arbeit anbieten. Die Folge davon: Die Tage des unzulässigen Zwangsurlaubs dürfen nicht vom Urlaubskonto der Arbeitnehmer abgezogen werden, sondern bleiben diesen für andere Zeiten erhalten.
Selbstbeurlaubung ist eine gravierende Verletzung des Arbeitsvertrags
Umgekehrt ist es allerdings nicht zulässig, dass der Arbeitnehmer sich selbst beurlaubt, weil er wegen der Betriebsferien mit seinem verbliebenen Urlaubstagen den individuellen Urlaub nicht bestreiten kann.
Grundlegend regelt § 7 BurlG, dass der Arbeitgeber den Urlaub festlegt (Urlaub ist "zu gewähren"). Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer nicht eigenmächtig den Urlaub antreten darf. Daher bleibt der Mitarbeiter bei der Selbstbeurlaubung der Arbeit unberechtigt fern, was arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung nach sich ziehen kann.
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