Kündigung nach Ablehnung von Kurzarbeit ohne Lohnausgleich

Lehnt ein Arbeitnehmer die ihm angebotene Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit ab, weil der Arbeitgeber nicht bereit ist, ihm über das Kurzarbeitergeld hinaus vollen Lohnausgleich zu zahlen, so stellt die auf die Ablehnung gestützte arbeitgeberseitige Kündigung keine unzulässige Maßregelung dar.

Das LAG Nürnberg hatte unlängst über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Frage der Unwirksamkeit zweier von einer Arbeitgeberin ausgesprochener Kündigungen wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) ging.

Arbeitnehmerin war zur Kurzarbeit nur bei vollem Lohnausgleich bereit

Im März 2020 wurde der Friseurbetrieb der beklagten Arbeitgeberin aufgrund einer Allgemeinverfügung des Bayerischen Gesundheitsministeriums vorübergehend geschlossen. In diesem Kontext schickte die Beklagte der Klägerin eine „Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit“, in der die Berechtigung zur Anordnung der Kurzarbeit sowie die Modalitäten des Kurzarbeitergeldes geregelt waren. Die Klägerin machte ihr Einverständnis zu dieser Vereinbarung davon abhängig, dass die Beklagte ihr weiterhin den vollen Lohn zahle.

Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis

Die beklagte Arbeitgeberin reagierte gegenüber der späteren Klägerin darauf mit zwei Kündigungen des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Klage wegen Verstoßes gegen Maßregelungsverbot

Die gekündigte Klägerin erhob sodann Klage. Sie vertrat u. a. die Auffassung, die Kündigungen verstießen gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Das ArbG Bamberg wies die Klage erstinstanzlich ab.

Das LAG Nürnberg wies die daraufhin von der Klägerin eingelegte Berufung ebenfalls als unbegründet zurück. Die Kündigungen verstießen nicht gegen das Maßregelungsverbot.

LAG: Kündigung wegen Ablehnung eines Änderungsangebots keine Maßregelung

Bereits § 2 KSchG, so das LAG, zeige, dass eine auf die Ablehnung eines Änderungsangebots gestützte Kündigung nicht schlechthin eine Maßregelung im Sinne des § 612a BGB sein könne. Von dem besonderen Unwerturteil des § 612a BGB könne eine Kündigung, die auf die Ablehnung eines Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer gestützt werde, nur dann betroffen sein, wenn sich die Ausgestaltung des Änderungsangebotes selbst als unerlaubte Maßregelung darstelle, also gewissermaßen ein „Racheakt“ für eine zulässige Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer sei.  

Änderungsangebot selbst muss Maßregelung darstellen

Für das Änderungsangebot selbst müssten somit, so das LAG, die besonderen, auf das Motiv des Kündigenden bezogenen Voraussetzungen des § 612a BGB vorliegen. Dies sei vorliegend nicht erfüllt. Es sei vielmehr legitimes Ziel der Einführung von Kurzarbeit, bei Arbeitsausfall gerade dem Annahmeverzugs- und Betriebsrisiko des Arbeitgebers zum Zwecke des Erhalts der Arbeitsplätze zu begegnen.

Dabei könne der Arbeitgeber grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob er das Kurzarbeitergeld aufstocke. Ein entsprechender Anspruch bestehe in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht. Das Angebot der Beklagten zur Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, welches keine Aufstockung vorsehe, sei keine unerlaubte Maßregelung. Entsprechend verstoße auch die auf die Ablehnung des Angebots gestützte Kündigung nicht gegen § 612a BGB.   

Wirksamkeit der Kurzarbeitsvereinbarung nicht maßgeblich

Ob die angebotene Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit im Falle ihrer Annahme durch die Arbeitnehmerin wirksam gewesen wäre, sei jedenfalls in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht maßgeblich. Denn die Klägerin, so das LAG, habe das Angebot vor der Kündigung allein deshalb abgelehnt, weil die Arbeitgeberin keinen vollen Lohnausgleich zugesagt, sich im Übrigen aber mit der Anordnung von Kurzarbeit einverstanden erklärt.

Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.

(LAG Nürnberg v. 18.03.2021, 4 Sa 413/20).

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