Bestimmung eines Ergänzungspflegers im elterlichen Testament

Der Erblasser kann in seinem Testament bestimmen, dass der Testamentsvollstrecker zugleich Ergänzungspfleger für einen minderjährigen Erben sein soll. Eine solche Bestellung scheide nur aus, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieser die Belange des Minderjährigen in Bezug auf den Nachlass nicht ordnungsgemäß wahrnehmen werde. Das Familiengericht hat allerdings ein Ermessen.

Die Erblasserin, welche im Mai 2016 verstarb, hinterließ zwei Kinder. Von dem Kindsvater hatte sie sich bereits im Jahr 2013 getrennt. Im Dezember 2015 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.

Nachlass sollte nur den Kindern, nicht dem ehemaligen Ehepartner zugute kommen

Zwei Monate zuvor hatte sie ein notarielles Testament errichtet, mit welchem sie erreichen wollte, dass ihr Nachlass ausschließlich ihren Kindern bzw. deren Abkömmlingen und nicht ihrem Ex-Mann zufließen sollte.

  • Sie setzte daher ihre beiden Kinder als Vorerben ein;
  • Nacherben sollten die gewillkürten bzw. die gesetzlichen Erben der Kinder werden.
  • Darüber hinaus benannte sie ihren Bruder als Ergänzungspfleger für das Erbe der Kinder,
  • falls diese zum Zeitpunkt des Erbfalles möglicherweise noch minderjährig sein sollten.

Des Weiteren ordnete sie Dauertestamentsvollstreckung an bis zu dem Zeitpunkt, in dem das jüngere der beiden Kinder das 27. Lebensjahr vollendet hat. Zum Testamentsvollstrecker ernannte sie ebenfalls ihren Bruder.

Testamentsvollstrecker kann zugleich Ergänzungspfleger sein

Nach Eröffnung des Testaments im Juli 2016 bestellte das Familiengericht das Jugendamt zum Ergänzungspfleger für die noch minderjährige Tochter. Zur Begründung verwies das Gericht u.a. auf Beschlüsse des OLG Schleswig-Holstein vom 23.03.2007 (8 WF 191/06 und 8 WF 195/06), wonach der Erblasser nicht verbindlich festlegen könne, dass der Testamentsvollstrecker zugleich Ergänzungspfleger sein solle. Das insoweit ausgewählte Jugendamt sei zur Ergänzungspflege bereit und geeignet, so das Familiengericht.

Gegen den Beschluss legte der Bruder Beschwerde ein. Der Kindsvater hingegen verteidigte den Beschluss. Das OLG Hamm wies die Beschwerde des Bruders der Erblasserin als unbegründet zurück.

Erblasser kann rechtswirksam verfügen, wer Ergänzungspfleger wird

Zwar konnte nach Ansicht des Senats, entgegen der vom Familiengericht angeführte Rechtsprechung des OLG Schleswig, die Erblasserin in ihrem Testament grundsätzlich rechtswirksam verfügen, dass ihr Bruder Testamentsvollstrecker und zugleich Ergänzungspfleger für ihr minderjähriges Kind sein sollte.

Hierbei folgte der Senat in seiner Begründung einem Beschluss des BGH vom 05.03.2008 (XII ZB 2/07), nach dem dies insbesondere dann gelte, wenn aufgrund der bisherigen Erfahrungen und des engen persönlichen Verhältnisses der Beteiligten kein Anlass zu der Annahme besteht, der Vertreter werde unbeschadet seiner eigenen Interessen die Belange des Erben/Vertretenen nicht im gebotenen Maße wahren und fördern.

Konkrete Anhaltspunkte, dass der Bruder als Ergänzungspfleger die Belange der Tochter in Bezug auf den Nachlass nicht ordnungsgemäß wahrnehmen würde, seien nicht erkennbar.

Widerspruch der Tochter – Bestellung des Jugendamtes als Ergänzungspfleger

Hier hatte jedoch die minderjährige, 17-jährige Tochter der Bestellung des Bruders als Ergänzungspfleger widersprochen – sie bevorzugte als Ergänzungspfleger das Jugendamt als neutrale Stelle. Daher war das Familiengericht an die Benennung durch die Erblasserin nicht mehr gebunden. Nach § 1779 BGB hat das Familiengericht bei der Auswahl des Vormunds bzw. des Ergänzungspflegers eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die Entscheidung zugunsten des Jugendamtes als Ergänzungspfleger sei hier nicht zu beanstanden, so das OLG Hamm.

(OLG Hamm, Beschluss v. 15.05.2017, 7 WF 240/16).

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Das Familiengericht kann im Rahmen seiner Ermessensausübung bei der Auswahl des Ergänzungspflegers bei fachlich gleicher Eignung zugunsten eines Außenstehenden eine Entscheidung gegen die von dem antragstellenden Elternteil vorgeschlagene Person treffen (OLG Bremen, Beschluss vom 18.10.2012, 4 UF 123/12).

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium


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