Eine weitere wichtige Änderung aufgrund der EU-ErbVO ist das Nachlasszeugnis. das eine vergleichbare Funktion hat, wie der deutsche Erbschein.
Nachweis der Erbenstellung im Ausland
Das Nachlasszeugnis beweist gemäß Art. 63 EU-ErbVO
- die Rechtstellung des Erben oder Vermächtnisnehmers,
- die Zuweisung eines bestimmten Vermögenswerts,
- das Recht der im Zeugnis genannten Person zur Vollstreckung des Testaments oder Verwaltung des Nachlasses.
Die Zuständigkeit der Behörde für die Ausstellung des Nachlasszeugnisses richtet sich nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln (gewöhnlicher Aufenthaltsort).
Antragsberechtigte
Der Antrag auf Ausstellung des Nachlasszeugnisses kann durch
- die Erben,
- die Vermächtnisnehmer,
- Testamentsvollstrecker oder
- Nachlassverwalter
gestellt werden.
Prüfung der Angaben von Amts wegen
Für den Antrag enthält Art. 65 EU-ErbVO eine Reihe von Mindestangaben, wie Angaben zum Erblasser, zum Antragsteller, zu weiteren Berechtigten zum beabsichtigten Zweck des Zeugnisses usw. Die Ausstellungsbehörde ist gemäß Art. 66 EU-ErbVO zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben verpflichtet. Gegebenfalls hat sie von Amts wegen Nachforschungen anzustellen. Die Ausstellungsbehörde ist berechtigt, von den Beteiligten zu verlangen, dass diese die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides statt versichern, soweit dies nach dem nationalen Recht der jeweiligen Ausstellungsbehörde zulässig ist. Ansonsten stellt die Ausstellungsbehörde das Zeugnis unverzüglich nach dem durchgeführten Ausstellungsverfahren aus.
Verweigerung des Nachlasszeugnisses
Die Ausstellung des Nachlasszeugnis er zu unterbleiben, wenn
- Einwände gegen den zu bescheinigenden Sachverhalt anhängig sind oder
- wenn das Zeugnis mit einer anderen Entscheidung zum gleichen Sachverhalt nicht vereinbar wäre.
Wichtig: Gemäß Art. 69 EU-ErbVO entfaltet das Nachlasszeugnis Wirkungen in allen Mitgliedstaaten, ohne dass es einer weiteren Wirksamkeitserklärung bedarf.
Wirkungen des Nachlasszeugnisses
Für die Richtigkeit der in dem Zeugnis angegebenen Sachverhalte spricht eine Vermutung.
Ein wichtiger Unterschied zum deutschen Erbschein besteht darin, dass der Schutz des guten Glaubens an die Richtigkeit der Beurkundung nicht erst bei positiver Kenntnis von der Unrichtigkeit, sondern auch schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis entfällt.
Berichtigung, Änderung oder Widerruf
Unter bestimmten Voraussetzungen können Berechtigte eine Berichtigung, Änderung oder Widerruf des Zeugnisses beantragen, Art. 71 EU-ErbVO. Gemäß Art. 72 können berechtigte Personen Entscheidungen der Ausstellungsbehörde anfechten. Die Anfechtung ist bei dem Gericht des Mitgliedstaats einzulegen, dem die Ausstellungsbehörde angehört. Außerdem können die Wirkungen des Zeugnisses unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt werden, wenn
- eine berechtigte Person an der Aussetzung ein berechtigtes Interesse nachweist von der Ausstellungsbehörde selbst oder
- ein gerichtliches Verfahren über den Erbschein anhängig ist von dem Rechtsmittelgericht.
In jedem Fall der Aussetzung sind alle betroffenen Person von der Aussetzung zu unterrichten.
Nachlasszeugnis nur sechs Monate gültig
Die Ausstellungsbehörde bewahrt die Urschrift des Zeugnisses selbst auf. Der Antragsteller und jede sonstige Person, die ein berechtigtes Interesse nachweist, erhält eine oder mehrere beglaubigte Abschriften. Diese sind aber lediglich für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten gültig, Art. 70 EU-ErbVO.
Nur in begründeten Ausnahmefällen kann ausnahmsweise eine längere Gültigkeitsfrist beschlossen werden. Eine Verlängerung kann unter bestimmten Voraussetzungen beantragt werden.
Vgl. zum Erbrecht auch: