Der Umgangsberechtigte muss keine Winterkleidung kaufen
Nicht selten missbrauchen getrenntlebende Eltern auch noch nach Jahren ihre Kinder als Mittel zur Schikane des anderen Elternteils. In dem vom KG Berlin entschiedenen Fall hatten die seit November 2016 geschiedenen Eltern das gemeinsame Sorgerecht über die beiden damals neun und sieben Jahre alten Söhne. Die Söhne lebten im Haushalt der Mutter. Das Verhältnis der Eltern war angespannt. Sie überzogen sich wechselseitig mit zivilen und strafrechtlichen Verfahren.
Eine äußerst detaillierte Umgangsregelung
Im Juli 2015 hatten die Eltern vor Gericht eine umfangreiche Regelung des Umgangsrechts getroffen. Dem Kindesvater steht danach ein erweiterter Umgang zu. Unter anderem wurde geregelt, welche Kleidung und welches Schuhwerk die Mutter den Kindern bei den Umgangsterminen zu den verschiedenen Jahreszeiten in welcher Anzahl mitzugeben hat. Hierzu wurde vereinbart, dass die Mutter den Kindern zu jedem Quartal eine Tasche mit Wechselbekleidung packt und diese Tasche jeweils zum Quartalsende in der Zahnarztpraxis des Vaters abgibt.
Tiefgehendes Zerwürfnis der Eltern
Entgegen dieser Vereinbarung verweigerte die Kindesmutter jedoch die Verbringung der Kleidung in die Arztpraxis des Vaters für die Wintersaison 2016/17. Dies begründete sie damit, dass die Abgabe der Kleidung bisher immer zu einer Konfrontation und zu enormen psychischen Belastungen geführt habe. Im Mai 2016 habe sich der Vater ihr bei Übergabe der Saison-Kleidung abredewidrig genähert, um sodann behaupten zu können, sie - die Mutter - habe versucht, ihn mit ihrem Auto anzufahren und zu verletzen. Sie betrachte die getroffene Vereinbarung im Hinblick auf die Vorkommnisse in der Vergangenheit als gescheitert. Der einkommensstarke Vater sei finanziell ohne weiteres in der Lage, für jede Jahreszeit, selbst einen kompletten Bekleidungssatz bereitzuhalten.
500 Euro Ordnungsgeld gegen Kindesmutter
Auf Antrag des Vaters verhängte das AG wegen Verstoßes gegen die Umgangsvereinbarung gegen die Mutter ein Ordnungsgeld von 500 Euro. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Mutter war erfolglos. Das KG Berlin bestätigte, dass die Weigerung der Mutter zur Bereitstellung der Kleidung gegen die Umgangsvereinbarung verstieß.
- Die Gefahr der Konfrontation rechtfertige die Weigerung nicht.
- Schließlich müsse die Mutter nach der Vereinbarung die Kleidung auch nicht in persona in der Praxis des Kindesvaters abgeben, sondern könne auch eine dritte Person mit der Übergabe der Kleidung beauftragen.
- Der unterhaltspflichtige Kindesvater sei zum Kauf eines zweiten Bekleidungssatzes nicht verpflichtet.
KG entwickelt Richtlinien zur Bekleidung beim Umgangsrecht
Das KG betonte in seiner Entscheidung, dass diese Grundsätze ihrem Wesen nach auch in anderen Fällen anzuwenden seien, in denen es an einer detaillierten Individualvereinbarung fehlt. Auch ohne eine solche Vereinbarung bestehe
- grundsätzlich eine Verpflichtung des betreuenden Elternteils, die Kinder zur Durchführung des Umgangsrechts mit Kleidung und Wechselwäsche auszustatten.
- Dies sei nach gefestigter Rechtsprechung Ausdruck der Loyalitäts- und Wohlverhaltenspflichten des betreuenden Elternteils gemäß § 1684 Abs. 2 BGB (AG Monschau, Beschluss v. 31.3.2003, 6 F 107/02).
- Die Bekleidung sei Teil des Unterhaltsanspruchs der Kinder, die ein Elternteil – im konkreten Fall der Kindesvater - durch Zahlung von Barunterhalt leiste.
- Würde man den Barunterhaltspflichtigen zusätzlich verpflichten, zur Ausübung des Umgangsrechts auch noch einen zweiten Satz Bekleidung anzuschaffen, so bedeute dies ein rechtlich nicht zu begründen das Sonderopfer.
- Im Übrigen seien auch die Bedürfnisse des Kindes in Rechnung zu stellen, die gewohnte Kleidung auch im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts zu tragen.
Nur Sonderausrüstungen muss der Umgangsberechtigte selbst stellen
Etwas anderes gilt nach Auffassung des Senats dann, wenn der Umgangsberechtigte mit dem Kind spezifische Unternehmungen, beispielsweise im Sportbereich tätigt, für die eine besondere Ausrüstung erforderlich ist, die das Kind bzw. der betreuende Elternteil nicht besitzt. Gehe der Kindesvater in Ausübung des Umgangsrechts mit dem Kind zum Surfen oder Skifahren, so müsse er die erforderliche Ausrüstung hierfür selbst zur Verfügung stellen, soweit das Kind diese nicht ohnehin schon besitze.
Anders nur beim paritätischen Wechselmodell
Diese Grundsätze gelten nach dem Diktum des KG bis zur Grenze des paritätischen Wechselmodells, in dem beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen haben (BGH, Beschluss v. 1.2.2017, XII ZB 601/15). Nur in diesen Fällen hätten beide Parteien die Pflicht, die Kosten für die erforderliche Grundbekleidung der Kinder zu den verschiedenen Jahreszeiten zu tragen.
(KG Berlin, Beschluss v. 7.3.2017, 13 WF 39/17)
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